SWEDENROCK - Sölvesborg - Donnerstag, 05.06.2025
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Donnerstag, 05.06.2025
VANDENBERG (Sweden Stage)
Selber Ort, selbe Zeit, selbes Genre, die mittlere Bühne entwickelte sich zum Anziehungspunkt für den guten alten Hard Rock. Schon zur Mittagszeit kam ein Gast vorbei, der an dessen Geschichte mitgeschrieben hat. Natürlich durfte man beim Niederländer einst in Diensten von David Coverdale gespannt sein, was er von der Legende servieren würde, denn die Show war als „Playing WHITESNAKE“ angekündigt. Adrian Vandenberg war ja nur bei ein paar Scheiben dabei, deren Inhalt eher seltener zum Zug kommt.
Das Intro von „Slip Of The Tongue“, wo er den größten Anteil am Songwriting hatte ließ hoffen, doch dann ging es mit „Bad Boys“ weiter. Natürlich ein grandioser Opener und auf „1987“ war er ja auch in den Credits gelistet, aber nicht das was mancher insgeheim gehofft hatte. Als es dann noch weiter zurück ging in der Bandgeschichte stellte sich ein eher gewöhnliches Coverset ein, wenn auch eines der gehobenen Klasse.
Mit Mats Levén hat sich der Niederländer einen gerade in Schweden nicht unbekannten Sänger geholt, was die Zahl der schwedisch gesprochenen Ansagen noch weiter erhöhte. Doch auch der Gitarrist schritt öfter zum Mikrofon, um von den alten Zeiten zu erzählen. Die wurden hochleben gelassen, wobei der gute Adrian an nur einer Axt eine ausgezeichnete Figur machen. Klar bei ein paar Spuren musste sein Keyboarder nachhelfen und der Rhythmus lag während der Soli noch mehr in den Händen von Viersaiter Randy van der Elsen. Gerade hier zeigte sich, was für ein versierter Saitenvirtuose der Mann ist, den originären Ton von John Sykes traf er dennoch nicht ganz.
Was auch daran lag, dass die eigene Signatur-Linie zum Einsatz kam, während sein britischer Vorgänger bei der weißen Schlange traditionell auf die Bratpfanne setzte. Ehre wem Ehre gebührt, wurde dem jüngst verblichenen auch vor der Nummer gedacht, welche er mit seinem Spiel wohl am meisten geprägt hatte. Jene Scheibe stand auch klar im Mittelpunkt des Sets bis hin zur legendären Hymne, welche das sich im Verlauf immer weiter füllende Auditorium lauthals mitsang.
In der Mitte des Sets gesellten sich Vandenberg und Levén auf den zu der Zeit verwaisten Drumriser und lieferten den erhofften Auszug aus dem Nachfolger des Erfolgsalbums. Wie einst mit „The Cov“ ganz intim kam von der grandiosen Ballade jedoch nicht das wuchtige Finale. Dafür wurde es im Anschluss so richtig dynamisch, als Koen Herfst das Drumintro des sicher relevantesten Tracks aus der Feder der beiden rausballerte, Plagiatsvorwürfe von Plant mal außenvorgelassen.
Der schwedische Hans Dampf in allen Gassen wusste mit seinem agilen Auftreten zu gefallen, auch wenn er nicht das raue Timbre eines Coverdale besitzt. Die Sonnenbrille erinnerte an dessen frühe Zeiten, mit dem Stirnband strich er seine Optik noch mehr gen Siebziger. In Sachen Bewegungsdrang stand ihm sein Bandleader wenig nach, für seine mittlerweile über siebzig Jahre saßen die Posen erstaunlich sicher. Dazu das feine Zusammenspiel des Ensembles aus allen Altersstufen, welche ja schon eigenes Material im Studio an den Start brachte. Eine Würdigung einiger der größten Hard Rocksongs wurde zu dem was es werden sollte, eine große Party.
Setlist VANDENBERG:
Bad Boys
Slide It In
Fool For Your Loving
Love Ain´t No Stranger
Give me All Your Love
Sail Away
Judgement Day
Is This Love
Crying In The Rain
Still Of The Night
Here I Go Again
DARK TRANQUILLITY (Festival Stage)
Kontrastprogramm war dann angesagt, wobei der Tag ein Parforceritt durch alles werden sollte, was die Rockmusik derzeit anzubieten hat. Und das macht das feine Happening in der Norje Bucht auch aus, dass man sich stilistisch nicht festlegen will, sondern viele Fanschichten vereint. Der erste Auftritt der Formation auf der großen Bühne zeigte wie sehr sich das neue Line-Up der Göteborg-Helden inzwischen gefestigt hat. Die Tour zu „Endtime Signals“ scheint ewig zu gehen und im Herbst besuchen sie mit der „Ultima Ratio“-Tour Städte welche sie mit MOONSPELL im Gepäck schon ansteuerten.
Wo es immer scheint, als würde Mikael Stanne die komplette Bühne sprengen hatte der Rotschopf heute endlich genügend Auslauf. Wie immer in schickes schwarz gehüllt, wobei die Bikerjacke mittlerweile die Jeans abgelöst hat war der Mann ein Ausbund an Energie und Lebensfreude. Wobei Letztere im Gegensatz zu der düsteren Musik und den existenziellen Themen seiner Lyrics stand. Aber wenn man diese so ansteckend verpackt wie der Frontmann kann das sicher nichts Schlechtes sein. Sein Zug zum Publikum, seine charakteristischen Bewegungen machen ihn zu einem der besten Frontmännern der Szene.
Wobei sich das Publikum bei gutem Wetter doch schwer mit dem melodischen Todesblei tat, die ganz große Euphorie blieb aus, selbst wenn einige Haar-Rotoren angeworfen wurden. Bezeichnenderweise übertönte der Chor beim Hit des „Projector“-Werkes die Formation nicht, auch wenn da einiges vom Seewind weggeblasen wurde. Dennoch habe ich deren Publikum abseits der Animationsspiele schon aktiver erlebt, gerade bei Festivals.
An der Combo selbst hat es sicher nicht gelegen, denn die gab von Beginn an Gas und wusste die weiten Räume ebenfalls gut zu füllen. Wenn Jonas Reinholdz und Peter Lyse Hansen zu ihren Soli ansetzten suchten sie dafür den Platz weit vorne an der Rampe. Gemeinsam mit Christian Jansson am Bass verstanden sie es auch Drummer Joakim Strandberg-Nilsson und Marton Brandström an seinen Tasten auf ihren Risern einzubinden und stets den Kontakt zu den Mitstreitern zu suchen.
So ein gutes Bandgefüge benötigt denn auch keine große Show, die interessanten Lichtbatterien blieben diesmal daheim. Einzig die überdimensionale Leinwand wurde für ein paar Videoprojektionen benutzt, nur in einem anderen Format als bei den eigenen Shows. Beim Set orientierte man sich an den jüngsten Konzerten, schaffte es dennoch trotz Kürzungen gegenüber Headlinershows einige weitere Songs einzubringen. Dass mancher immer noch etwas vermisste, offenbart welch riesiges Repertoire da geschaffen wurde. Mit ihrer eigenständigen Auslegung ihres Sounds ist der Sechser weiterhin eine Bank.
Setlist DARK TRANQUILLITY:
Last Imagination
Nothing To No One
Unforgivable
Forward Momentum
Terminus (Where Death Is Most Alive)
Atoma
Not Nothing
Phantom Days
ThereIn
Final Resistance
Lost To Apathy
Misery´s Crown
MOONSPELL (Sweden Stage)
An dem Tag gab es beide Bands in unterschiedlicher Reihenfolge, was bei der jüngsten Tour schon hätte sein sollen, vom Einfluss her sind beide etwa gleichwertig. In letzter Zeit machten sich die Portugiesen etwas rarer und konnten auch nie die hohe Konstanz vorweisen. In den Neunzigern gehörten sie im noch jungen Gothic Metal-Genre sicher zu den Vorreitern, die alle melodischen Ausschmückungen des Death Metal mit initiierten. Ihr Debüt war gegenüber früheren Veröffentlichungen ein Quantensprung und gab viele neue Impulse, Zeit dass es entsprechend gewürdigt wurde.
Ich kenne Leute, für die würde ein Traum in Erfüllung gehen, wenn die Werwolf-Hymnen reihenweise kämen wie an jenem Nachmittag. Ein paar solcher Exemplare schienen auch um mich herum zu sein, denn direkt war Stimmung da, die normalerweise der Bandhit zum Auftakt besorgt. Jener wurde dann auch später nach „Wolfheart“-Turnus gebracht, vor dem obligatorischen Finale.
Zuvor war er von einigen immer wieder gefordert worden, die wohl die Geschichtsträchtigkeit des Augenblicks nicht so recht erfassen konnten. Mir persönlich wären mal mehr Nummern aus der mittleren Phase lieber gewesen, weil ich MOONSPELL in der Anfangszeit öfter live gesehen habe. So geht die Wahrnehmung dieser wandelbaren Band auseinander, was ihren Reiz ausmacht.
Dementsprechend selig waren einige im Publikum über die komplette Aufführung, kein Wunder, dass schon beim ersten Song die Matten über die Absperrung geflogen kamen. Die Fäuste in die Luft und viele, die die Zeilen nach all den Jahren immer noch verinnerlicht hatten, nahm die dunkle Party ihren Lauf. Wie schon zuvor DARK TRANQUILLITY mussten sie beim Bühnendekor etwas abspecken, vor den Tasten von Pedro Paixao fehlten die Orgelröhren, die noch bei den Clubkonzerten so einen coolen Effekt zauberten. So lag die einzige Zauberei hinter seinem steten Wechsel vom Synthesizer an die Gitarre und in seinem Hut.
Mit der vermehrten Härte des frühen Materials gab auch die arrivierte Saitenfraktion um Ricardo Amorim und Aires Pereira richtig Gas. Auf der anderen Seite standen die folkloristischen Momente wie die des alten portugiesischen Trinkliedes, die damals im Songwriting noch nicht homogen zusammenkamen. Das war denen völlig egal, die dazu zu tanzen wussten, was die Stimmung zusätzlich erhöhte.
Für Hugo Ribeiro bedeutete das viel Arbeit bei den Tribal-artigen Patterns, welche die Atmosphäre zusätzlich unterlegten. Folklore dieses Landes zu erleben passiert wirklich nicht oft, umso schöner, dass in dem Jahr in Sölvesborg ein paar Nuance zu Zug kamen. Es gibt nicht viele Künstler von ihrer Heimat, die international so Botschafter ihres Landes sind, seit damals schaffte es kein weiterer Act mehr in meine Sammlung.
Fernando Ribeiro hatte ebenso viel Spaß damit, selten war er so agil auf der Bühne, dass er seine Haare nicht mehr streng zurück gelt, verlieh ihm zusätzlich optische Frische. Wie schon zuvor seine Tourpartner war die Laune deutlich höher als die der Themen der Musik. Immer wieder feuerte er die Zuschauer an, die dankbar zurückgaben, vor allem jene, die sich genau diese Lieder gewünscht hatten.
Unterstützt wurde er dabei von einer Backgroundsängerin, die eher für die Untermalung gedacht war, den Job jedoch etwas übermotiviert überzog. Was im Gesamtbild nicht stören sollte, bei scharfem Klangbild hämmerten die Stücke auch schön oldschoolig aus den Boxen. Am Ende sorgten die zwei unverzichtbaren „Irreligious“-Titel für einen lauten Abschied vom Publikum.
Setlist MOONSPELL:
Wolfshade (A Werewolf Masquerade)
Love Crimes
… Of Dream And Drama (Midnight Ride)
Lua d´Inverno
Trebaruna
Ataegina
Vampiria
An Erotic Alchemy
Alma Mater
Opium
Full Moon Madness
SAMANTHA FISH (Sweden Stage)
Danach konnte der Verfasser dieser Zeilen getrost an der Bühne verbleiben und auf den Blues Shooting Star warten. Ob ich die selbe Entscheidung getroffen hätte, wenn ich mitbekommen hätte, dass STRYPER abgesagt hatten und durch die BLUES PILLS ersetzt wurden, denen das Label früher verpasst wurde, kann ich nicht sagen. Bereuen tue ich es auf alle Fälle nicht, denn die Dame war eine der Entdeckungen des Festivals. Mut, der sich auszahlte, als Opener das alte MC5-Motto zu wählen, das von BLUE ÖYSTER CULT weiter popularisiert wurde, die ich wenige Tage vor dem Festival in Malmö sehen konnte.
Damit rockte Frau Fish schonmal die Menge und ließ bis zum Ende kaum locker, wobei sie ebenfalls mutig vor allem auf Liedgut ihres aktuellen Outputs „Paper Doll“ setzte. Natürlich durften weitere Cover bei einer Blueskünstlerin nicht fehlen, die sehr reduzierte Version von „I Put A Spell On You“ ohne Soulschmelz rang neue Facetten ab. Wobei sie den Soul ebenfalls beherrscht, wie „Sweet Southern Sounds“ unter Beweis stellte. Hier zog Bassist Ron Johnson wunderbar seine Blues-Schema durch, blieb vom Bewegungsradius auch ungefähr auf dem coolen Level und musste von seiner Bandchefin aus der Reserve gelockt werden.
Wobei man sich von der Sängerin und Gitarristin gerne aus der Reserve locken lässt, purer Sprengstoff. Schon optisch mehr als aufsehenerregend im schwarzen Lederoverall mit dem extrem tiefen Ausschnitt. Dazu die Marylin Monroe-Mähne, die zeitgemäß dezent angegraut wurde, und die im Make-Up überakzentuierten Augen, mehr Blickfang geht kaum. Dabei hatte sie das gar nicht nötig, denn sie könnte alleine die Musik für sich sprechen lassen und wäre ein Ereignis.
Stimmlich etwas rauer wie auf Platte, was für das gesamte Set gilt, wusste sie die verschiedenen Ausprägungen des Genres zu intonieren. Noch gewaltiger als ihre dezent verruchte Stimme war ihr Spiel, das ein unglaubliches Feuer in sich barg. Wie sie es verstand beim schleppenden „Fortune Teller“ plötzlich so auszubrechen war ganz großes Kino, dazu die eruptiven Leads. Noch mehr rockige Power brachte sie im Anschluss mit „Rusty Razor“ unter das Volk, dessen markantes Riff in den ganzen Körper fuhr.
Bei „Lose You“ zeigte sie, dass sliden ebenso zu ihren Hauptfächern gehört. Und für „Bulletproof“ von „Kill Or Being Kind“ packte sie die Cigar Box aus und wusste auch mit nur vier Saiten zu glänzen. Sie vereinte Power und Feeling und ließ auch die Technik nicht vermissen, so dass nicht wenige Augen an ihren Fingern hingen. Denen enthielt sie die ganz große Kostprobe bis zum Schluss vor, als sie beim Titeltrack von „Black Wind Howlin´“ so richtig solotechnisch abhob.
Bei der unglaublichen Präsenz hätte sie ihr Mischer nicht so heraus stellen müssen, neben ihr gingen die Tasten von Mickey Finn ziemlich unter. Sogar Jamie Douglass musste sich an den Drums gewaltig strecken, um hinterm Kit zur Geltung zu kommen. Dabei lieferte er einen sehr ungewöhnlichen Groove, ließ seine Sticks unentwegt kreisen, was den Liedern noch weitere Eigenständigkeit verlieh. Die Stunde war leider viel zu früh zu Ende, aber den Namen sollte man sich merken.
SEX PISTOLS (Festival Stage)
Die womöglich größte Sensation des Festivals, schon bei den Ankündigungen war die britische Punk-Legende schlechthin. Zuletzt war die Formation 2008 auf der Bühne zu sehen, damals noch mit Original-Sänger Johnny „Rotten“ Lydon. Nach Streitigkeiten macht dieser lieber wieder mit PUBLIC IMAGE LTD. Weiter, wo schon nach dem ersten Split Ende der Siebziger. So holte man mit Frank Carter einen Frontmann an Bord, der zu jener Zeit gerade erst geboren wurde, das konnte ja heiter werden.
Man kann jetzt über die Nummer unken so viel man will, aber irgendwie funktionierte das, was vor dem typisch gelb-pinken Hintergrund ihres einzigen Longplayers auf der Bühne abging. Was nicht unbedingt an den alten Haudegen lag, die versammelten sich meist vor dem Drumkit und zockten zusammen, als wären sie in einem intimen Club. Musikalisch drückte das gut, in all den Jahrzehnten hatten drei genügend Zeit, um zu üben.
Paul Cook ist am besten gealtert und hatte hinter seinem Kit immer noch das spitzbübische Lächeln aufsitzen. Glen Matlock gab mit halblanger grauer Matte, kunstvollem Schnauzer und schicken Zwirn den Paten des Punk Rock. Dahingegen kam Steve Jones der wohl fähigste Musiker im Bunde unter seiner Schirmmütze eher wie ein in die Jahre gekommener Trucker aus. Hinter ihnen flimmerten fortwährend Bilder und Videos aus vergangenen Tagen auf dem riesigen LED-Schirm, was das Trio fast unbeeindruckt ließ. Die Fans feierten das und kümmerten sich nicht darum, dass die Herren in ihrer eigenen Welt waren, wo sie banddienlich miteinander agierte.
Aber da war noch Carter, den ich bisher gar nicht auf einer Rechnung hatte und der die ganz großen Bretter im Alleingang ausfüllte. Tätowiert bis unter die Halskrause, dennoch in schickem schwarz, als hätten er und der Sänger zwei Gruppen davor den selben Typberater, rot ist Carter dann auch noch. Aber ein richtiger, man nimmt ihm den Raufbold von der Insel so unzweifelhaft ab, den es für genau jene Art Musik benötigt. Auf der anderen Seite ein eloquenter Frontmann, der das Publikum nach Belieben diktierte. Dazu die kraftvolle Stimme verkörperte er genau das, was die SEX PISTOLS brauchten, um ihnen den notwendigen Kick zu verpassen.
Kaum dass er seine Mitstreiter passierte, wenn er die gesamte Bühnenbreite abrannte, riss er diese mit, so dass sie sich an einigen Posen versuchten und ihren Radius erweiterten. Carter musste nur die Arme weit ausbreiten, schon bebte das ganze Rund, dass vom Beginn mit „Holidays In The Sun“ perfekt bedient wurde. Natürlich wurde „Never Mind The Bollocks, Here´s The Sex Pistols“ in ganzer Länge aufgeboten, wobei die Hits schon recht früh dran waren.
Bei „Pretty Vacant“ hatten alle Fotografen im Graben Hoffnung auf ein starkes Bild, als sich der Mann vor die Zuschauer hinab begab. Doch während diese Am Anfang des Mittelgangs warteten sprang Carter erst mal rechts in die Menge, um dort umherstolzierend den Song zu bringen. Vor „Bodies“ ging es auf die andere Seite, wo er die Meute dazu aufforderte um ihn herum einen Circle Pit zu veranstalten. Natürlich blieb es dem Wagemutigsten aller Tollkühnen vorbehalten, sich da hinein zu begeben und den Frontmann abzulichten.
Von da an gab es kein Halten mehr, alles wurde abgefeiert, für die meisten Anwesenden war es eine einmalige Chance die Gassenhauer mit dieser Truppe zu singen. „God Save The Queen“ wurde zur einzigen Party, bei der stilecht andere Finger nach oben gingen als sonst bei dem Event. Neben Titel aus dem Film „The Great Rock´n´Roll Swindle“ wie „Silly Things“ gab es sogar die Frank Sinatra-Coverversion „My Way“. Der gute Frank sicherte sich noch bei den Anhängern ab, ob denn eine Ballade in Ordnung ginge.
Sie ging auf alle Fälle, und so durfte der Chor weit raus auf das Meer getragen worden sein. Was selbstverständlich beim endgültigen Schlusspunkt noch übertroffen wurde, „Anarchy In The UK“ ist gelebte Geschichte, inspirierte ganze Generationen. Noch Minuten nachdem die Vier die Bühne verlassen hatten, hallte es durch die Bucht: „I wanna pray…..Anarchy“. Unfassbar, dass wir das noch erleben durften, die ganze große Überraschung des SwedenRock.
KREATOR (Rock Stage)
Wenig überraschend dann die Deutschen auf der Bühne gegenüber, denn bei den Thrash-Heroen weiß man, dass man immer die Vollbedienung bekommt. Schon das Bühnenbild fährt alles auf, was man sich vorstellen kann. Lebensgroße Puppen hängen von der Decke, die ebenso einem ihrer Artworks entsprungen sein könnten wie die beiden riesigen Monster, die auf jeder Seite die Bühne bewachen. Später sollen die verdorrten Baumattrappen von Technikern in ebensolchen Masken angezündet werden, mit Feuer wird ohnehin nicht gehaushaltet. Neben meterhohen Fontänen brannte öfter die komplette Zeile vor dem Riser, der die gesamte Bühne entlangläuft.
Wer kann der kann, und das ist rückblickend doch überraschend Nach den Neunzigern lagen die Altenessener etwa gleichauf mit SODOM, doch heute verhält sich ihr Status gegenüber dem Rest der German Big Four wie der von METALLICA zu den anderen der Big Four. Viele stringente Shows, dazu durchweg starke Alben, oberdrein noch meterdick produziert ebneten den Weg dorthin wo Mille & Co. heute stehen.
Natürlich galt es dem hohen Slot auch Taten folgen zu lassen, aber der Vierzylinder läuft auch mit ihrem französischen Bassisten wie ein Uhrwerk, da stimmt einfach alles. Gerade der Angesprochene beackerte die linke Flanke unentwegt und hatte weit mehr Publikumsinteraktion als sein Vorgänger. Lässig und dennoch virtuos wirbelt Lequlerc sein Langholz umher und machte Meter in alle Richtungen.
Der Bandchef mag heuer etwas zahmer wirken als noch vor ein paar Jahren, aber sein Gekeife fährt einem immer noch in Mark und Bein. Wenn er von Hass redet, dann dem Hass gegen diejenigen, die voll Hass sind, und das ließ er in seinen Ansagen spüren. Den kleinen zornigen Mann, die beide Hände hebt hat man oft genug von ihm gesehen, doch an Eindringlichkeit verliert er mit dem Alter kaum.
Dazu tigerte er gerne mit dem berühmten Katzenbuckel umher und suchte dabei Kontakt zu seinen Mitmusikern. Sami Yli-Sirniö wirkte in dem Verbund wie der ruhende Pol und schlenderte lässig umher, immer mit einem Lächeln auf den Lippen. Vor allem seine Sol waren wieder eine Klasse für sich und brachten die zusätzliche melodische Note hinein, sein Input ist sicher einer der Schlüssel des späten Erfolges.
Was man auch in den älteren Stücken hörte, die einfach wuchtiger und bombastischer in Szene gesetzt wurden als in den Aufbruchszeiten. Was die Songauswahl dichter wirken ließ, die gemäß dem Prinzip Vollbedienung fast alle abholte, denn bis auf ein paar Platten aus den richtungslosen Neunzigern wurde jede Scheibe in der Setlist bedacht. Natürlich wurden die ganz alten Reißer bis zum Schluss aufgehoben, nachdem die Menge nach ihnen verlangte.
Die hatte mit dem ungemein druckvollen Showcase die helle Freude und gab ihrerseits alles. Manch Chorus musste Mille gar nicht selbst mitsingen, das übernahmen seine Anhänger gerne. Reife Leistung nachdem man zuvor schon mächtig Alarm machte, denn die Thrash-Keulen mischten die Leute richtig auf. Ganz vorne war es eng, vor allem trotz begrenztem Platzangebot nicht auf Headbanging verzichten wollten. Direkt dahinter kreiselte ein Pit nach dem anderen, und auch über den Köpfen herrschte reger Verkehr, so buchstabiert man Thrash Metal heute.
Setlist KREATOR:
Violent Revolution/Coma Of Souls
Enemy Of God
Hail To The Hordes
Betrayer
People Of The Lie
Hate Über Alles
666 – World Divide
Hordes Of Chaos
Phobia
Phantom Antichrist
Satan Is Real
Flag Of Hate
Pleasure To Kill
KORN (Festival Stage)
Dann war es wieder Zeit für eine Premiere und Indiz, dass die Macher des Festivals für andere Strömungen offen sind. Auch die New Metal-Pioniere schlechthin waren immer wieder gefordert worden und Sölvesborg empfing sie mit offenen Armen. Nach dem Introtape dröhnte der Bass, dass einem das Zwerchfell stockte, was allerdings kaum nachließ in den eineinhalb Stunden. Klanglich waren sie immer in ihrer eigenen Welt und transportierten das auf die Bühne.
Sofort ging es mit „Blind“, dem Hit ihres Debüts, der so vieles veränderte in die Vollen. Übliches Pitverhalten hielt sich in Grenzen, doch die hüpfende Meute dürfte auf der Richter-Skala für Ausschläge gesorgt haben. Stets dem fiebrigen Takt folgende bewegte sich die Masse kollektiv, angetrieben von ebensolchen Beats, die Ray Luzier aus seinem Kit herausholte und die eine ganz eigenen Dynamik entfalteten.
Fieldy, der für die megatiefen Töne zuständig war stand meist neben dessen Riser und hielt sich dezent im Hintergrund, wenn er nicht gerade aus dem Off ein paar Kicks lieferte. Bewegung war ohnehin nicht das Ding der Saitenfraktion. Auch wenn Head und Munky sehr agil waren was Posen und Bangen anging so verharrten sie zumeist an ihren Positionen. Aufgrund der vielen Sprünge schwierig abzuschätzen, ob sie sich mehr horizontal oder vertikal bewegt haben. Die Dreads hingen weit vorne runter und störten so manchen Blick auf ihr innovativ groovendes Spiel.
Nach dem Auftakt nach Maß wurde kaum mit Hits gegeizt, die auch früh im Programm zu finden waren wie das aus Tausenden Kehlen mitgegrölte „Got The Life“ oder „Clowns“. Lediglich fünf Stücke stammten nicht von den ersten vier Alben, mit „Cold“ nur eines aus der zweiten Karrierephase. Selbst eine Band, die gekommen war, um Strukturen aufzubrechen lebt irgendwann von ihrer Vergangenheit.
Zwischen den Songs ähnelte die Szenerie der des Vortages, als dröhnende Soundscapes statt Ansagen standen und die Pausen ungewöhnlich lang waren. Wie die Herren aus Des Moines nutzten auch die Bakersfield-Boys diesen Effekt um anschließend noch gewaltiger zu wirken. Dazu gehören die noisigen Kulissen zur stilistischen DNA von KORN, und kamen auf der Bühne verstärkt zum Tragen.
Analog dazu war auch ihre Bühne sehr spärlich beleuchtet, was insofern schade war, da die Lightshow wirklich einiges konnte. Mehrere Quadrate mit reihenweise LED hingen über den Köpfen die Musiker und wurden permanent auf und nieder gefahren oder zu interessanten Formen gedreht. Die vielen Laserbündel an deren Rand zauberten eine coole Atmosphäre, die Musik toll unterstützten, zur Ausleuchtung der Bühne taugten sie weniger.
Jonathan Davies war dann der Aktivposten, der mit seinem psychotischen Gesang die Führung übernahm. So ganz möchte er die Rolle nicht ausfüllen, wenn die Gesangspassagen danach verlangten hielt er sich gerne an seinem futuristischen Mikroständer im Giger-Design fest. Fehlen durften natürlich die Einlagen mit dem Dudelsack nicht, mit dem er den Bühnenrand entlang schritt. Willkommene Brüche in der trotz unterschiedlicher Stimmungen immer gedrückten und dichten Sphärik.
Die überzeugten Adidas-Träger ziehen das Ding auch heute noch durch, vielleicht wird das mal wieder Mode. Zu wünschen wäre es, wo heute Nike die Oberhand in dem Sektor hat. Den passenden Titel „A.D.I.D.A.S.“ hatten sie ebenso im Gepäck wie ganz am Ende „Freak On A Leash“ vom „Follow The Leader“-Werk. Zu dem Zeitpunkt war der Verfasser dieser Zeilen aber schon unterwegs zur gegenüberliegenden Bühne, um sich einen guten Platz im Traumtheater zu sichern.
DREAM THEATER (Rock Stage)
Schon vor sechs Jahren hatte ich die Ansetzung als Mitternachtssnack kritisiert, Musik die soviel Aufmerksamkeit fordert sollte nicht auf ein müdes Publikum treffen. Hoffe beim nächsten Mal finden sich die Prog Metal-Götter wieder im Abendprogramm wieder wie bei den ersten Gastspielen. Überraschenderweise war schon viel los vor der Bühne, wobei die Schnittmenge mit dem Headliner doch äußerst gering ausfallen dürfte. Kaum waren deren letzten Klänge verklungen kamen die Helden schon zum Intro auf die Bühne und ließen sich feiern, bevor sie mit dem Opener ihres aktuellen Longplayers starteten.
Die Wahrnehmung im Publikum war direkt eine andere als bei den meisten Kapellen des Festivals. Klar war da Applaus und gute Stimmung, aber auch viel reines Beobachten der spielerischen Fähigkeiten der Herren. Oft sah man Männer mittleren Alters, die staunend den Nebenmann auf die vielen Tricks aufmerksam machten, ob sie den nun kannten oder nicht. Das war absolut berechtigt, denn die hohe Musikalität dieser Ausnahmeformation kann gar nicht hoch genug bewertet werden.
John Petrucci holte alle Tonlagen aus seiner Ibanez heraus und türmte sie förmlich übereinander. Von den ganz tiefen Riffs, speziell der Nummern von „Parasomnia“ über rockende Passagen bis zu Soli in den höchsten Tönen. Dabei war ihm die Spielfreude anzusehen, öfter huschte ein Lächeln durch den Rübezahl-Bart. Von seinen Ausflügen auf die andere Seite der Bühne ließ sich auch John Myung anstecken, der auf seinem Bass unglaubliche Figuren vollführte.
Heimlicher Star war jedoch Jordan Ruddess, der wild über die Tasten fegte, und nun wirklich alles Erdenkliche aus seiner Soundbibliothek heraus kramte. Um das optisch besser darzustellen hat er eine halbrunde Banderole in Tastenoptik vor seinem Synthesizer angebracht, auf dem genau die Taste leuchtete, die er gerade drückte. Damit es auch jeder sehen konnte war das Teil schwenkbar, was ihm selbst unterschiedliche Blickwinkel bescherte. Dahinter noch ein paar kleine Geräte, technisch bot der Mann alles auf, am Ende sogar eine Keytar, mit der er sich zum Duell mit seinem Sechssaiter gesellte.
Der Show tat es gut, dass James LaBrie einen starken Tag erwischte und sich der Fünfer nicht von der Nachtkälte beirren ließ. Der Frontmann wirkte erschlankt und spulte viele Meter auf der Bühne ab, welche er zumindest für kürzere Soloparts nicht verließ. Stimmlich kam da ebenso alles punktgenau wie von seinen Instrumentalisten, was die Fans in Verzückung versetzte.
Noch mehr natürlich die Rückkehr von Mike Portnoy, dessen riesiges Kit mit drei Bassdrums viel Platz einnahm. Wann immer sich die Gelegenheit bot, stand er dahinter auf und genoss den Jubel der Ausharrenden, sogar „Mike, Mike“-Sprechchöre wurden angestimmt. Mit ihm kehrte mehr Groove ein, leider hat die Megaburg den Nachteil, dass man ihn kaum beobachten konnte, wen die Sticks flogen.
Neben Auszügen vom aktuellen Werk wurde quer durch die Diskografie gesprungen, wobei ich sicher andere Stücke und von anderen Alben gewählt hätte. Doch auf der Bühne machen DREAM THEATER aus jedem Lied ein Ohrenschmaus, der an dem Abend sehr organisch rüberkam. Großartig wie sie die geniale Ballade von „Falling Into Infinity“ mit kurzen Motiven von „Wish You Were Here“ und „Wherever I May Roam“ versahen und so die Einflüsse transparenter werden ließen. Und am Ende kam der Überhit, den man schon länger nicht mehr zu hören bekam.
Setlist DREAM THEATER:
Night Terror
Act I: Scene Two: II. Strange Dèja Vu
Act I: Scene Three: II. Fatal Tragedy
Panic Attack
The Enemy Inside
Midnight Messiah
Under Peruvian Skies
As I Am
Pull Me Under