SWEDENROCK - Sölvesborg - Donnerstag, 06.06.2024

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Donnerstag, 06.06.2024:

GRAVEYARD (Festival Stage)
So richtig wollte die Sonne nicht zu dem Geschehen passen, doch man ist auf Festivals immer froh sie zu sehen. Der Vierer war komplett in schwarz gewandt, wobei es sich hier weniger um typisches Rockeroutfit handelte, vielmehr um klassische Siebzigermode, nur eben nicht in der Farbenpracht der Flower Power-Zeit. Die langen Frisuren und teilweise Schnäuzer schon eher nur in einer eben dunkleren Fassung. Es sollte aber keinesfalls ein Abgesang werden, sondern eine Ehrerbietung jener spannenden Ära, denen sich die Retro Rocker verschrieben haben.

Vor ein paar Jahren waren sie noch auf der Rock Stage und ich fragte mich, ob sie bereit für die größte Bühne wären, denn damals waren sie ein wenig lendenlahm und in den Alternative-Sektor abgedriftet. Den Umfang hätten sie sicher nicht gebraucht, ihr Setting nahm nicht den zur Verfügung stehenden Raum ein, die agilsten waren die Jungs auch nicht. Zu sehr waren sie auf ihr Spiel bedacht, dass sehr druckvoll rüberkam dieses Mal. Gerade Schlagwerker Oskar Bergenheimließ seine Sticks wild kreisen und zog damit immer wieder das Tempo an oder variierte es sehr geschickt.

Es braucht ja nicht immer die große Geste, gerade die vornehme Zurückhaltung der Schweden machte ihren Auftritt sehr sympathisch. Unglaublich lässig wie ihre Musik agierten sie unaufgeregt, auch wenn eben solche Tempoverschärfungen kamen, die an ihre Landsleute BLUES PILLS erinnern. Im Gegensatz zu denen agierten GRAVEYARD luftiger, und ließen mehr Roots einfließen. Dass sie dabei gegenüber den Studioversionen eindeutig an Schärfe gewannen war das große Plus des Gigs. So konnten sie ihre Dynamik viel besser ausspielen, die ruhigen Passagen hatten so viel tiefes Gefühl, auf der anderen Seite rockten sie ordentlich.

Auch hier gaben sie sich variantenreich und auch sehr harmonisch, was sowohl für das Gitarrenspiel als auch für den Gesang galt. Gitarrist Joakim Nilsson und Bassist Truls Mörck teilten sich den Leadgesang, bei den mehrstimmigen Vocals stieg noch der zweite Gitarrist Jonathan Larocca Lamm mit ein und förderte so schöne Momente hervor. Die waren auch zu hören, wenn die Saiten den Blues hatten wie etwa in „Rampant Fields“, wobei auch die Soli der rockigen Tunes mit viel Feeling gebracht wurden.
Jenes Stück war vom neuen Longplayer „6“ wie auch der Opener „Breathe in, Breathe Out“, daneben war auch das letzte Werk „Peace“ präsent im Set wie etwa mit „The Fox“. Vieles lief aber über den Durchbruch „Hisingen Blues“, „Ain´t Fit To Live Here“ „Uncomfortably Numb“ und der Titeltrack sind Klassiker, wie natürlich auch der Schlusspunkt „The Siren“. Ein musikalisch sehr lebendiger Auftritt auf dem Vorzeigefestival im eigenen Land, bei dem die Sonne gerne scheinen durfte.

EXTREME (Festival Stage)
Wie schon gestern TALISMAN, so waren auch die US-Amerikaner zu spät, um wirklich noch ein großes Stück vom Hair Metal-Kuchen abzubekommen. Auch wenn sie funkig-moderner agierten und eine Megaballade vorzuweisen hatten, war auch lange Schicht bei ihnen. Doch heute sind die Vier wieder gerne unterwegs, veröffentlichten im letzten Jahr mit „Six“ ein neues Album und kommen gerne in Sölvesborg vorbei. Hier weiß man ja die Spielart nach wie vor sehr zu schätzen und das neonbunte „Pornograffiti“-Cover auf der Leinwand ist hier ein Hingucker.

Dementsprechend motiviert trat der Vierer auf, oder soll ich sagen schwungvoll. Denn was Gary Cherone hier an Gymnastik an den Tag legte war aller Ehren wert. Neben stylischem Outfit hat er sich mit seinen fast sechzig neben Nuno Bettencourt bestens gehalten. Eigentlich könnten die beiden auch als Werbefiguren für Fitnessunternehmen ihre Brötchen verdienen. So tief in den Ausfallschritt wie der Frontmann kommen selbst die meisten jungen nicht, wenn sie ganz vorne auf der Rampe stehen. Wie immer mit Bandana, auch mit kurzem Haupthaar und einem schwarzen Glitzerjäckchen hatte er die besten optischen Werte.

Sein Gitarrist trug ein in ihrer großen Ära sehr populären Indianerschmuck im Ausschnitt seines Batikoberteils. Da dieses keine Ärmel besaß legte es den Blick frei auf durchaus drahtige Oberarme, welche er auch brauchte, um diese Töne aus seiner Linkshändergitarre zu locken. Wie im Fußball ist auch er ein Unterschiedsspieler, der Dinge kann, die andere nicht können. Bluesige Skalen stoppt er unmittelbar ab und wechselt in beidhändigesTapping, ohne Spielfluss zu verlieren. Darüber hinaus verfügte er über den funkigen Anschlag, der seine Truppe tatsächlich von allen anderen abhob.

Wie sein Sänger war er viel unterwegs, als wollten sie sich ober ihrer Aktivität überbieten. Dass sie dabei nicht mit Posen sparten gehört zum amerikanischen Rockentertainment. Seine Gitarre hing nicht nur an ihm runter, so wie Cherone Mikroständer eher eine On/Off-Beziehung mit seinem Besitzer führte. Neben seiner typischen Mikrohaltung wie auf einem Serviertablett glänzte er mit so Gimmicks wie dem Knien vor Bassist Pat Badger, um ihm das Mikrofon am Ständer hinzuhalten, damit ein paar Lines übernimmt.

Jener ist auch der einzige, der etwas Wohlstandspolster auf den Rippen hatte und unter seinem Cowboyhut eher den coolen Ruhepol gab. Doch gerade seine Linien waren es, die so viel Groove in Stücke wie „Decadence Dance“ oder „Rest In Peace“ brachten, den sichern Hitbänken. Klar stand das 90er Album im Vordergrund, doch auch von dessen Nachfolger gab es Kostproben wie das abschließende „Rise“.
Das zeigte wie sich über all die Jahre das Bandgefüge verdichtete, es also keine reine Show der beiden Frontleute ist. Wobei man den größten Rockstar hinterm Drumkit vermutete, der fein groovende Kevin Figueiredo wies verblüffende Ähnlichkeit mit Bruce Springsteen auf. Mit den knalligen Arrangements der Stücke vom deutlich 80er-affinen Erstling meisterte der Mann ebenso gekonnt.

In der Mitte des Sets wurde sich natürlich auch etwas ausgeruht und auf Hockern Platz genommen, um die Tophits zu zelebrieren. Stand bei „Hole Hearted“ noch ein kleines Kit vorne, so waren Cherone und Bettencourt beim ungeduldig erwarteten „More Than Words“ ganz alleine. Wobei der Sänger viele Parts an das selige Publikum abgab, das sich stimmgewaltig und textsicher gab, wie ich es von dem Festival gewohnt bin.
Dazwischen durfte das As an des sechs Saiten mit „Midnight Express“ noch beweisen, dass er es an der Stromlosen ebenso drauf hat und süffisant erklärte er werde nach gespielten Noten bezahlt. Als die Band nach dem Überhit wieder Fahrt aufnahm wurde es eine einzige Party, die in „Get The Funk Out“ gipfelte. Band und Zuschauer sangen gegeneinander an, die Stimmung kochte fast über.

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KERRY KING (Rock Stage)
Wie sehr lieben wir unser Kontrastprogramm, danach wurde mehr als eine Schippe Härte aufgelegt, als eine weitere Legende die Bretter enterte. Nachdem er mit SLAYER vor fünf Jahren hier auf der selben Bühne seinen Abschied nahm ist der König des Thrash Metal wieder zurück mit seinem Solodebüt. Umgedrehte Kreuze und seine Initialen als Logo zierten die Szenerie als er mit anderen Szenehalden loslegte, nachdem das Intro vom Debüt verklungen war. Sofort kam einem das vertraut vor, das Riffing, die Leadfills, die Handschrift des großen Kerry ist unverkennbar.

Lediglich die Gniedelsoli blieben außen vor, die Spots gingen fast alle an Phil Demmel, der weitaus melodischer agierte. Nicht nur im Solobereich, sondern auch bei den Liedern durchweg war ein klein wenig mehr Melodie zu entdecken als üblich. Die kam natürlich Mark Osegueda entgegen, der ja gerne nicht nur rumbrüllt, sondern mit etwas mehr Finesse shoutet, auch wenn seine Vocals schon sehr harsch ausfielen. Mit dem DEATH ANGEL-Frontmann hat King einen echten Glücksgriff gelandet, der die Bühne auszufüllen, den langen Steg nach vorne zu nutzen wusste.

Der Meister selbst blieb fast nur auf der rechten Seite, hämmerte die Riffs brutal raus, bangte wild, machte dafür aber kaum Meter. Was nichts daran änderte, dass er bei seinen wenigen Ausflügen auf die andere Seite dort abgefeiert wurde. Dabei hatten die Fans dort mit Demmel und dem noch aktiveren Kyle Sanders die besseren Schauwerte. In Sachen Posing war das schon große Schule, gerade Sanders schwang Bass und die langen Dreadlocks mit einer Wonne umher.
Zusammen brachten sie einen sehr dichten Sound hervor, der erbarmungslos aus den Boxen drückte. Dafür sorgte natürlich auch Paul Bostaph an den Drums, der wie ein Berserker auf sein Kit eindrosch, immer wieder unglaubliche Breaks am Start hatte. Was schon ihr fast komplett gezocktes Erstwerk versprach wurde gehalten, der Geist der Legende lag über der Norje Bucht, das war die Art Thrash Metal, die natürlich überall Pits evozierte.

Waren die Reaktionen schon euphorisch, so steigerten sie sich selbstredend als ein Titel von King´s früherer Formation von der Rampe geprügelt wurde. Beim Refrain schrien sich Tausende Kehlen die Seele aus dem Leib. Wer nun mit einem Hitfeuerwerk gerechnet hatte, sah sich enttäuscht, zumal Hannemann-Kompositionen nicht zum Zuge kamen. Doch die eigenen Nummern wurden ebenso abgefeiert, Feuersäulen schossen empor, die Hölle war losgebrochen.
Nichts dagegen, was für Szenen sich abspielten, als der gute Paul bei einem Schlussakkord plötzlich jene drei Drumschläge reinpfefferte, jene die für manche die Welt bedeuteten. Immer wieder, bis genau jenes Riff ertönte, dass von allen mitgesungen wurde, das Riff das herab fällt wie regnendes Blut, der schiere Wahnsinn. Gleich noch eine Nummer der Legende hinterher geschoben waren alle Anwesenden glücklich und zelebrierten noch den Titeltrack vom neuen Album, er ist wieder empor gestiegen.

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(Foto: Rainer Petry)

Setlist KERRY KING:
Where I Reign
Toxic
Trophies Of The Tyrant
Two Fists
Idle Hands
Residue
Disciple
Crucifixation
Shrapnel
Raining Blood
Black Magic
From Hell I Rise

THE BLACK CROWES (Festival Stage)
Erneut stand rückwärtsgewandter Rock auf der größten Bühne, wobei die Herren aus Atlanta, Georgia schon Retro Rock darboten, als selbst Andrew Stockdale von WOLFMOTHER noch in den Kindergarten ging. Die Hippies von damals sind erwachsen geworden und kleiden sich heute in ziemlich stylischen Chic, Sonnenbrillen inklusive, während die Kopfbedeckungen im Laufe des Konzertes abgesetzt wurden. Wobei man natürlich gerade in Bezug auf die Vergangenheit gespant sein durfte wie sich die Gebrüder Robinson schlagen, die ja erst vor ein paar Jahren wieder zueinander fanden. Die letzten Touren liefen gut und die aktuelle Scheibe „Happiness Bastards“ war endlich wieder ein großer Wurf.

Stand die letzte Rundreise im Zeichen des komplett durchgeboxten Debüts, so war dies an dem Abend gleichberechtigt im Set neben dem Nachfolger „The Southern Musical And Harmony Companion“. Dies erfuhr kürzlich eine Neuauflage und startete die Show mit „No Speak No Slave“ und beendete sie logischerweise mit dem Smasher „Remedy“. Natürlich kamen einige neue Nummern vom Album dessen Titel recht tief als Backdrop an einer Traverse hing wie „Rats And Clowns“. Solche Showelemente sind den Krähen eher fremd, hier sprachen die Musik und Performance, für welche man ein ansehnliches Ensemble in den Reihen hatte.

Allerdings verharrten die meisten Bandmitglieder stur an ihrer Position, Kommunikation untereinander war ebenso kaum auszumachen. Sven Pipien und Rhythmusgitarrist Nico Bereciartua standen links ihren Mann, während Rich Robinson die rechte Seite ausfüllte. Mit klugem Swing, der immer mal wild aufbrauste war Cully Symington fast noch Aktivposten und die Tasten von Erik Deutsch wurden gleich hinter die Backline verfrachtet. Was sie aber klanglich auf die Beide stellten war so dicht, dass irgendwo ein verstecktes Bandgefüge existieren muss, wobei man von klasse Sound profitierte, der die vielen Details plastisch heraus bildete.

So war es alleine an Chris Robinson die Show an dem Tag zu stemmen, was sich der Frontmann nicht zweimal sagen ließ. Jener versprühte gute Laune, kein Wunder bei dem lustigen Vogel, der sich gerne mal wie ein Pfau aufplusterte. Mimik, Gestik und Posen waren eigenwillig wie ungewöhnlich und von hohem Coolness-Faktor. Schon was er mit seinem Mikroständer ablieferte war äußerst unterhaltsam, oft quer gehalten und als Tanzpartner zweckentfremdet. Wenn er sein Mikrofon damit zu weit von sich wegschob lehnte er sich einfach weit zur Seite, um singen zu können. Sein Tänzeln war von beschwingter Leichtigkeit, da wurden sogar Pliés wie beim Ballett eingebaut.

Nur Bruder Rich schien die arg extrovertierte Art etwas zu stören, er wollte wohl lieber bierernst weiterzocken. Doch um den Burgfrieden zu wahren ließ er ihn wohl gewähren, schließlich transportiert er die Songs auch zum Auditorium. Beim vorletzten Stück, dem Hit „Jealous Again“ kam es dann doch zum Schulterschluss zwischen den beiden. Dabei sparte der ebenfalls nicht mit Extravaganzen und hatte wirklich bei jedem Song eine andere Gitarre am Start. Pipien und Bereciartua wechselten zwar auch oft, aber kamen wieder auf die gleichen Modelle zurück, aber die hatten ja auch nicht gleich einen ganzen Schrank voll dabei.

Hinter dem machten es sich diverse Muckerkollegen bequem, die sich die Show von der Bühne aus ansahen, was die Relevanz unterstrich. Dass sich dabei vor allem die Backingband von KERRY KING hervor tat war dann doch ungewöhnlich, am Ende ist das alles Rock´n´Roll. Der von den BLACK CROWES einer mit viel Seele, der musikalisch begeisternd vorgetragen wurde. So durften auch Coverversionen nicht fehlen, wobei „Too Hard To Handle“ ja sattsam bekannt ist, es bei „White Light/White Heat“ von VELVET UNDERGROUND mehr abging. In der Form dürfen die Herren gerne noch lange weitermachen, vielleicht sind es gerade die Spannungen, die sie ausmachen.

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SATYRICON (Sweden Stage)
In den Nullerjahren waren sie fast omnipräsent, hoben den Black Metal auf eine innovative Stufe, doch in den letzten Jahren machten sich die Norweger sehr rar. Innovativ sind sie nach wie vor, wie das jüngste Projekt „Satyricon & Munch“ unter Beweis stellte. Eher ist das Genre ein Problem, welches seit der Hochphase arg an Relevanz eingebüßt hat. Umso überraschender, dass man einen prominenten Zugang in der Liveformation begrüßen durfte, niemand geringeres als Frank Bello von ANTHRAX zupfte die dicken Saiten.

Spaß hatte dabei nicht nur er, sondern auch Atila Vörös, die beide rechts vorm Schlagzeig so richtig Alarm machten. Ständig jagten sich die beiden, warfen sich in alle Posen und bangten unablässig. Zudem suchten sie oft Frost auf und spielten mit einem Bein auf dessen Drumriser stehend. Was jedoch die Sicht auf den Drummer etwas erschwerte, der wie immer mörtelte was das Zeug hergab. Von den Grooves wechselt er unbeirrt in die wildesten Blastbeats, wobei der noch den Haarrotor anwarf, einfach irre und irre anzuschauen.

Auf der anderen Seite war mit Steinar Gundersen das dritte langjährige Mitglied zu sehen, auch wenn er nur live in Erscheinung tritt, in der Funktion aber die Soli großartig rüber brachte. Still stand die Matte bei ihm ebenfalls selten, obendrein hatte er noch einen Bart um mitfliegen zu lassen.
Kinnbart trägt jetzt auch der gebürtige Sigurd Wongraven, weswegen ich anfangs etwas irritiert war. Ohne Schminke, die Haare so mittendrin zwischen den Längen, die ich gewohnt war dachte ich zuerst, dass da jetzt Jorn Lande singen würde. Nichts dagegen den alten Haudegen mal wieder live zu sehen, aber bei SATYRICON eher eine Fehlbesetzung.
Wenn er nicht gerade auf der Bühne unterwegs war, um seine Fans anzustacheln, hielt er sich an seinem Mikroständer mit der aus dem Bandlogo bekannten Forke obendrauf fest. Dass dieser ebenso nach vorne und hinten schwenkbar war ließ den Verfasser tatsächlich an die Existenz eines Leibhaftigen glauben, schließlich spielten nebenan W.A.S.P..

Nein, das konnte kein Zufall sein, also lieber mal ordentlich huldigen, das dachte sich auch die vorderen Reihen, bei denen die Köpfe gepflegt im Takt rumgingen. Gerade wenn es schwer aus den Boxen stampfte war die gereckte Faust dann das praktikablere Mittel, um die Begeisterung kund zu tun. Gerne auch simultan die wuchtigen Hymnen mitsingen, was der Chefdenker mit Wohlwolllen zur Kenntnis nahm.
Der spendierte eine ausgewogene Mischung aus allen Schaffensphasen, wobei die ersten zwei Alben außen vor blieben, früh jedoch ein Stück von „Nemesis Divina“ rausgehauen wurde. Die Stimmung erreichte natürlich den Höhepunkt als der ultimative Klassiker jener Scheibe angestimmt wurde, das sirrende Riff wurde von der Anhängerschaft mit „OhOh“-Gesängen gedoppelt. Ein weiterer Hit beendete die eindrucksvolle Demonstration, dass SATYRICON nach wie vor eine Macht sind.

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(Fotos: Rainer Petry)

Setlist SATYRICON:
To Your Brethren In The Dark
Forhekset
Now, Diabolical
Deep Calleth Upon Deep
Black Crow On A Tombstone
Repined Bastard Nation
The Pentagram Burns
Fuel For Hatred
Mother North
K.I.N.G.

JOURNEY (Festival Stage)
Jeder kennt das, man hat sein Lieblingslokal, seine liebste Wurstbude, sein liebstes Bistro, doch wenn an Weihnachten und Ostern die Mutter auftischt, dann mundet es dennoch mehr. Zuhause schmeckt es eben immer noch am besten, und so durfte ich nach elf Jahren und einigen Coverbands endlich wieder das Original bewundern. In der Tat, so sehr sich die anderen Mucker Mühe geben, das möglichst originalgetreu zu rezitieren, schon beim ersten Intro ist die Erpelpelle ein paar Millimeter dicker als bei denen, ohne jemanden Klasse absprechen zu wollen.

Der Ton von Neal Schon war einfach wärmer und dennoch schärfer, was sofort in alle Glieder fuhr. Die Band drückte bei bestem Sound und trieb selbst einigermaßen ruhige Stücke voran. Dazu hatte der Gitarrist trotz der für ihn kühlen Temperaturen richtig Spaß bei der Sache, ließ seine Gibson-Produkte wimmern und jaulen, entlockte ihnen die himmlischsten Töne, während er selig in selbigen starrte. So einem begnadeten Saitendehner gesteht man dann schon mal nach einem Song ein kurzes Solo zu, vor allem, wenn er danach richtig in die Vollen geht wie mit dem ersten Song ihres Jahrhundertalbums.

Jenes wurde zur Hälfte dargeboten und lebte sicher davon, dass es Arnel Pineda in die selben Höhen kommt wie einst Steve Perry. Ebenfalls mit einer dicken Weste gewandt war er kaum zu bremsen, rannte über die Bühne, sprang über die Monitore, warf übermütig sein Arbeitsgerät in die Luft um es wieder zu fangen und verbreitete auch sonst beste Laune. Die gute Stimmung vorne gab ihm auch Recht, er genoss den Beifall so sehr, dass er sich auf den Weg in den Graben machte, um dort die komplette erste Reihe abzuklatschen. Und diese ist durch die Zweiteilung des Frontbereichs sehr lang.

Weiter hinten war es dagegen etwas unruhiger, viele warteten nur auf den einen Song, den man sich an dem Abend extra für das Finale aufgespart hatte. Dazu gestaltete man das Set weniger ruhig, wodurch zum Bedauern des Verfassers leider „Mother, Father“ außen vor blieb. Doch die Formation musste der Festivalsituation Rechnung tragen, und die Spannung hochhalten, bei den eigenen Konzerten wurde der Überhit sehr früh verbraten. Wobei ich das Phänomen immer noch nicht verstehe, dass dieses Lied so lange brauchte um seinen heutigen Status zu erreichen.

Nicht nur dafür hatte sich Jonathan Cain extra einen großen Flügel auf die Bühne gestellt, an dem er ebenfalls solieren durfte. Mit Jason Derlatka hat er einen zweiten Tastenmann im Hintergrund an die Seite gestellt bekommen, der ihm mehr Freiheiten einräumt, die er für Ausflüge mit seinem Stratocaster an den Bühnenrand nutzen konnte. Mehr Variabilität kam auch ins Keyboardspiel, da nun Orgel und Klavier gemeinsam ihre Parts beisteuern konnten. Auf Tauchfühlung mit den Zuschauern war ebenso Randy Jackson am Bass, der sich immer in der Mitte fast auf Frontmannposition platzierte, wenn seine Backgroundstimme von Nöten war.

Wie das Spiel der AOR-Heroen, so waren auch die Harmonien wunderbar auf den Punkt und gleichwohl lebhaft. Mit Drummer Deen Castronovo hat man einen Fellegerber, der bei seiner Band REVOLUTION SAINTS einen prima Vokalisten abgibt, leider an dem Abend nicht am Leadgesang in Erscheinung treten durfte. Unfassbar wie er bei den Chören so dabei bleiben konnte, obwohl er so wuchtig mit seinen Sticks hämmerte. Von den kraftvollen Akzentuierungen leben die Lieder von JOURNEY, da wurde nicht nur simpel zur Melodie musiziert, sondern darunter richtig gerührt und der gute Deen peitschte alle an.

Da man die musikalische Brillanz noch gerne heraus stellte, durfte Schon ein zweites Mal ra, als er wunderbar weiche Töne aus seinen Fingern zauberte, zu welchen ein Sternenhimmel über die Leinwand flimmerte. Das Rad, welches sich darin auftat leitete den abschließenden Hitreigen ein, bei dem die ganze Norje Bucht hüpfte, sang und auch viele Tränchen vergoss, einfach zu schön um wahr zu sein. Wer kann schon eine Handvoll derartiger Kracher mühelos aneinander reihen? Am Ende rasteten die Zuschauer endgültig aus, übertönten fast die Band, welche den Platz als Könige des Genres mehr als untermauerten.

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Setlist JOURNEY:
Only The Young
-Guitar Solo-
Stone In Love
Lights
Send Her My Love
Who´s Crying Now
Chain Reaction
Lovin´, Touchin´, Squeezin´
-Piano Solo-
Open Arms
Faithfully
Escape
-Guitar Solo-
Wheel In The Sky
Seperate Ways (World´s Apart)
Be Good To Yourself
Anyway You Want It
Don´t Stop Believin´

PARKWAY DRIVE (Rock Stage)
Nach so einer Demonstration muss sich jede Band strecken, um das Level hochzuhalten, doch die vielen Menschen, die sich bereits vor der gegenüberliegenden Bühne eingefunden hatten ließen Großes erhoffen. Der lange Steg in den Fotograben war wohl nur für die Australier an dem Tag aufgebaut worden, denn die Aufbauten erstreckten sich bis dorthin. Auf der Bühne fanden sich rechts und links zwei Doppelterrassen wieder auf denen sich die Musiker postierten. Wobei die komplette Saitenfraktion die Position so fest hielten wie Drummer Ben Gordon, der oben rechts Platz nahm.

Das wirkte auf den ersten Blick etwas statisch, doch von ihrer Musik unterlegt wirkte das wie ein Bollwerk, denn als solches präsentierte sich das, was einem da entgegen schallte. Jeff Ling und Luke Kilpatrick feuerten ihre Staccato so derart als Salven ab, dass einem fast ein Sturm ins Gesicht blies. Bemerkenswert wie locker die Surferboys diese ohne große Action so derbe und präzise rausballerten, wobei das flackernde weiße Licht viel zur Intensität beitrug.
Da stiegen Gordon und Bassist Jia O´Connor mit ein und errichten eine Klangwand, die unüberwindlich war, das totale Brett. Sie haben ja die Riffs, die einem sofort in den Nacken fahren, diesen Groove der sich in den Wade zu schaffen macht. Dazu noch die Leads, welche direkt ins Ohr gingen und ebenso auf den Punkt eingeflochten wurden. Mit einem sehr lauten Sound wuchs ein Orkan, dem man sich nicht entziehen konnte.

Doch nicht nur die Gitarrenthemen waren sehr eingängig, sondern auch die Melodien, speziell in den großen Refrains, die sie besser beherrschen als die Konkurrenz in ihrem Genre. Dafür zuständig Winston McCall, der auch für die Show zuständig war. Mit kraftvollen Gesten schritt der Frontbulle die Bühne entlang, forderte die Zuschauer permanent, obwohl die sich keinesfalls ihre Müdigkeit anmerken ließen. Selbst in schnellen Passagen wie in „Idols And Anchors“ oder „Soul Bleach“ schnaubte er seine Vocals mit einer Inbrunst ins Mikro, welche die ganze Bucht erfüllte.

Schon die ersten Titel „Glitch“ und „Prey“ lieferten ihm den Stoff, um die Menge komplett mitzunehmen, mit ausgebreiteten Armen empfing er die Singalongs, die er selbst angestimmt hatte. Dass die Leute überhaupt noch eine Stimme hatten bei dem Staub den die Pits aufwirbelten, grenzt an ein Wunder, doch diese massive Walze mobilisierte die letzten Kräfte. Erstaunlich was sich aus dem Metal Core-Metier mittlerweile entwickelt hat, dass bis zur Stadiongröße gereift ist.
Aber da sind eben auch die ruhigen Passagen und mehrstimmigen Chöre, um eine unglaubliche Spannung zu erzeugen, die von einem genialen Songwriting zeugen. Diese Band ist keine Band, sie ist eine Maschine, die alles zerlegt was sich ihr in den Weg stellt, und an dem Abend lief sie auf Hochtouren. Wenn man es sich erlauben kann so einen Hit wie „Ground Zero“ wegzulassen muss man sich seiner Sache sehr sicher sein.

Auf der Bühne wurde zwischendurch etwas durchgetauscht nachdem die ganze Band unten zusammen gekommen war, doch auch nach den Standortwechseln wurde die kompakte Front weiter exerziert. Richtig interessant wurde es, als vor „Chronos“ die linke Rampe frei geräumt wurde und ein Streichertrio darauf Platz nahm, das sich perfekt in den Song integrierte. Bei der anschließenden Ballade „Darker Still“ hätte ich mir das eher vorstellen können, was dann ebenso funktionierte. Wie man solch fremde Elemente einbaut ohne den Druck zu verlieren zeugt von einer hohen Musikalität.

Wem das nicht Inferno genug war, der wurde dann mit „Crushed“ völlig überfahren. Schossen zum martialischen Setting andauernd Feuersäulen in alle Richtungen, so brannte kleinere Flammen rund um die komplette Bühne und am vorderen Rand der Rampen, ein einziges Flammenmeer, in der sich McCall auf dem Steg stellte. Völlig schier wie er sich im Refrain den ihm entgegen schlagenden Feuersäulen entgegen stellte, die pure brachiale Macht.
Bei der Verabschiedung kamen dann alle nach vorne, warfen Plektren und Sticks wie man es als Konzertbesucher kennt. Doch PARKWAY DRIVE können nicht normal und so wurde Ling angehalten noch eines anzustimmen, worauf er ins eröffnende Lead von „Wild Eyes“ einstieg. Das hielt er solange bis der Rest wieder auf den Positionen war und in den letzten Brecher einstimmte. Selten stand dem Autor dieser Zeilen die Kinnlade so auf halb sechs, unfassbar.

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