JOANNE SHAW TAYLOR - Mainz
Konzert vom 07.10.2025
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JOANNE SHAW TAYLOR
Lange hat es gedauert, bis die Dame wieder nach Deutschland kam. Die Tour zu „Reckless Love“ fand vor dem Release statt, die nächste Tour wurde nach den England-Dates von Corona gestoppt. Danach war die Britin viel in ihrer amerikanischen Wahlheimat unterwegs, und auch viel im Studio, wo sie jährlich ein neues Werk einspielt. Nach „Black & Gold“ hat es aber endlich wieder geklappt, und JOANNE SHAW TAYLOR machte in unseren Gefilde Station. Eine davon war die Rheinland-Pfälzische Landeshauptstadt, wo sie im Kulturzentrum gastierte.
Der Laden präsentierte sich als sehr innen sehr gut und modern renoviertes ehemaliges Industriegebäude, das vielleicht nicht ganz den Charme hat, wie es sich außen darstellte. Dafür ist das Ambiente davor wirklich sehr schön, im Sommer macht der Biergarten sicher was her, nebenan ist Restaurant und direkt das Rheinufer mit der Mainmündung gegenüber. Wenn da mal im Rüsselsheimer Rind am Tag davor oder danach was stattfindet reise ich mit dem SUP zwischen den Veranstaltungsorten. Ausruhen wäre dort möglich, da der Abend wie viele Blueskonzerte heute bestuhlt war.
Ohne Supportact traten die Mitmusiker unter erwartungsfrohem Jubel auf die Bretter, wobei es sich hierbei um die Jungs und Mädels handelt, die man von den Videos her kennt, aber nicht im Studio dabei sind. Die Frontfrau erschien als Letztes, stöpselte ihr Spiralkabel ein und legte mal gleich mit einem Cover eines der bekanntesten Standards los. Die dürfen bei den meisten Künstlern aus dem Genre nicht fehlen, die Ehrerbietung vor den Altvorderen spielt nach wie vor eine große Rolle. Mitten in der Pandemie nach Taylor ja auch mit „The Blues Album“ eine Scheibe mit Fremdmaterial auf, auf welchem sich der Opener befand.
Nicht die einzige Komposition aus fremder Feder, die an dem Abend aufgeführt wurde, allesamt aber zuvor schon auf regulären Alben eingespielt. Neben unbekannteren Stücken war mit der Gershwin-Nummer ein weiterer Hochkaräter dabei, den sie sehr gefühlvoll intonierte. Wobei das Feeling nicht und bedingt das beherrschende Element des Abends war, sondern die unbändige Spielfreude.
Dachte man noch zu Beginn, sie tobe sich bei dem Standard aus, so legte sie in ihre eigenen Kompositionen das selbe Feuer. Wie ein Wirbelwind fegte sie über die Bühne, war ständig in Bewegung, tänzelte unentwegt und suchte immer wieder ihre Mitstreiter auf. Ihre einseitig gekämmte Matte schwang sie permanent hin und her und legte bei ihren Soli all ihre Power in den Vortrag.
Gerade da zeigte sie die ganze Palette was sie spielerisch zu bieten hatte, nahm sich fast komplett zurück, um dann minutenlang die Intensität zu steigern. Meist war sie im flotten Tempo unterwegs wie auch ihre Songauswahl, welche die beschwingten Titel favorisierte. Im Gegensatz zu den oft verzerrten Gesichtern vieler Blueser hatte die gute Joanne die ganze Zeit ein gewinnendes Lächeln im Gesicht. Dazu gehen ihre Finger in einer unglaublichen Leichtigkeit über das Griffbrett, die Schwere ihrer Spielart hat sie nicht in ihre Version transferiert, manches Riff zockte sie nur mit den Fingern.
Was sicher auch am jüngsten Schwenk ins Americana-Genre lag, die reine Leere bedient sie nicht mehr, ebenso wie JOE BONAMASSA, mit dem den letzten Jahren öfter zusammengearbeitet wurde. Das macht sich auch gesanglich bemerkbar, denn für Blues klang ihre Stimme so fröhlich wie ihr Auftreten, obwohl betont wurde, die Zugabe sei ihr einziger fröhlicher Song. Soulig konnte sie auch teilweise, aber das ganz tiefe Feeling stellte sich nur ein, wenn Backingchöre sie tragen. Für Rockgesang war es dann wieder nicht rau genug, alles sehr sauber und technisch einwandfrei intoniert.
Man könnte jetzt ein wenig Pop-Affinität unterstellen, die ruhigere Gangart der letzten Alben spricht eine ähnliche Sprache, hier muss Taylor aufpassen, nicht den Faden zu verlieren wie eine ANA POPOVIC. Noch agierte sie sehr druckvoll und ließ den Fans erst einmal keine Zeit zum Durchatmen, sondern zockte drei Songs konsequent durch. Wenn sich die Dame dann Zeit für Ansagen nahm, uferten diese ähnlich aus wie ihre Soli. Was aber niemanden störte, da sie charmant und mit Witz aus dem Nähkästchen über Jugendschwärme plauderte, oder Stücke die im Anschluss nicht gespielt wurden.
Ihr Ensemble wirkte sehr gut eingespielt und glänzte mit derselben Spielfreude wie die Sängerin und Gitarristin. Da sie oft den Mikroständer sehr fest hielt bei ihrem Gesang ließ sie in den Strophen wahlweise Les Paul oder Telecaster vor sich baumeln, den Rhythmus übernahm da Shane Sanders. Mit Bart und Brille hatte der Mann etwas sympathisch nerdiges, wozu der Cowboyhut nicht so recht passen wollte. Fast als wollte er dahinter und auch der langen Matte verstecken, doch das brauchte er bei seinem präzisen und harmonischen Spiel ganz sicher nicht.
Ebenfalls mit Hut war Bassist Chris Alexander ausgestattet, das Modell ähnelte dem, das seine Bandleaderin auf dem Cover von „Nobody´s Fool“ trug. Mit Sonnenbrille an Lässigkeit nicht zu überbieten, drückte er die dicken Saiten ganz unprätentiös, dafür wunderbar auf den Punkt. An Agilität mangelte es ihm ein wenig, aber das passte ins Bild und seine Rhythmuspartnerin hinter ihm machte das locker wett. Katlyn Korall setzte laut ihren Angaben auf Simplizität und hatte nur ein sehr kleines Kit mit zwei Toms und drei Becken aufgebaut.
Meist hielt sie nur effektiv den Takt, machte dabei einen sehr kraftvollen Eindruck. Doch wehe, wenn sie ausbrach, dann nutzte sie jene Power und trieb das Geschehen an. Links auf dem Riser thronte Ty Bailie hinter Hammond und Nord-Synthesizer, dessen Beiträge vom sehr guten Sound profitierten. Gerade die Orgelflächen legten sich immer wie ein warmer Teppich unter die Kompositionen und machten diese dichter. Dazu gaben Pianotöne einen guten Kontrapunkt zu den sechs Saiten, da durfte er auch bei mit einem Solo ran, in das er einige Zitate einflocht.
Neben erwähnten Titeln vom Coveralbum waren die beiden letzten Scheiben mit je drei Stücken prominent im Set vertreten. Allerdings fehlten die Releases davor komplett im Programm, sogar das starke „Reckless Love“. Warum jedoch von den vier Auszügen aus ihrem Meisterwerk „Wild“ das großartige „No Reason To Stay“ fehlte, bleibt ihr Geheimnis. Mit einer Nummer vom Debüt „White Sugar“ gaben JOANNE SHAW TAYLOR und ihre Band nochmal alles, improvisierten ausgiebig. Damit wurde das begeisterte Publikum die ganzen eindreiviertel Stunden in ihren Bann gezogen.
Setlist JOANNE SHAW TAYLOR:
Stop Messing Around
Hell Of A Good Time
Sweet Lil´ Lies
Two Times My Lovin´
Dyin´ To Know
Wicked Soul
Greyer Shade Of Blue
Look What I´ve Become
Summertime
Wanna Be My Lover
Wild Is The Wind
-Piano Solo-
Black Magic
Watch ´Em Burn
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Change Of Heart