NEW MODEL ARMY - Neunkirchen/Saar

07 newmodelarmy Neunkirchen 05Konzert vom 23.07.2025

Support: VANDERMEER

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NEW MODEL ARMY
VANDERMEER

Nach längerer Pause ist die Alternative-Legende aktiver als je zuvor. Ein Longplayer mit Klassikadaptionen, mit dem programmatisch betitelten „Unbroken“ ein neues Studioalbum und direkt im Anschluss ununterbrochen auf Tour. Neben vielen Dates im Frühjahr 2024 folgte im Herbst ei Nachschlag, und nun sind NEW MODEL ARMY den ganzen Sommer durch unterwegs. Neben vielen klassischen Open Air-Schauplätzen wie dem Kunstrasen in Bonn, wir innerhalb von eineinhalb Jahren zum zweiten Mal Station im Saarland. Da bekommen manche Künstler nicht in eineinhalb Karrieren hin. Gastierten sie letztes Jahr in der Saarbrücker Garage, so waren sie mit dem lokalen Support VANDERMEER in der Neunkirchener Gebläsehalle unterwegs.

Das alte Hüttenareal war durchaus eine gute Wahl für die Truppe, die ihre Wurzeln nicht gerade im Establishment hat. Zumal an einem der ganz wenigen trockenen Tage im kleinsten Bundesland die umliegende Gastronomie regen Besuch in den Außenanlagen verzeichnen konnte. Auch wenn man feststellen musste, dass einige Freiterrassen schon wieder eingemottet wurden für den Winter. Tatsächlich hielten sich die Zuschauer lange draußen auf, so dass bei Konzertbeginn der Andrang übersichtlich ausfiel. Den gewohnt feinen Zug der Band, Fotografen dauerhaft Zutritt zum Graben zu verschaffen und dort auch für Rollstuhlfahrer ausreichend Platz zu schaffen sollte man noch gesondert erwähnen.

VANDERMEER
Pünktlich um 20 Uhr gingen für die bis dahin noch wenig Anwesenden die Lichter aus und der Vierer enterte unspektakulär die Bühne. Da sie bereits schon vor ein paar Jahren in der Losheimer Eisenbahnhalle für den Headliner eröffnen durften denke ich nicht, dass sie den Support zu wenig Lichteinsatz verdonnerten. Das kennt man von einigen Künstlern, aber wer ohnehin lokalen Bands gerne eine Chance gibt und auch sonst fern von Allüren ist, der hat sowas nicht nötig. Vielmehr passte die spärliche Beleuchtung zu ihren introspektiven Stücken, die sie mit ähnlich entrücktem Auftreten darboten. Hymnisches suchte man da vergebens, viel mehr war die Truppe im Shoegaze verhaftet, speziell Gitarrist Florian P. Stiefel verharrte stur an seinem Platz.

Was nicht nur damit zu tun hatte, dass er jede Menge Effektpedale zu bedienen hatte, sondern eher seine Art war, sich auf sein Spiel zu konzentrieren. Da pendelte er stets zwischen flächigen Soundscapes, atmosphärischem Fiepen und alternativen Riffs. Der Einsatz von viel Technik erinnerte zudem an THE INTERSPHERE, die sich stilistisch in ähnlichem Fahrwasser bewegen. Auch Bassist Jo Hansson hatte ein ganzes Arsenal am Boden geparkt, dazu noch einen kleinen Synthesizer neben sich stehen. Die Trierer verstanden sich mehr als Soundtüftler, die jeder Note ihren ganz bestimmten Klang geben wollten. Allerdings gingen sie ziemlich direkt zu Werke, ließen es zwischendurch mal krachen und verpassten es so den Stimmungsbogen Raum zur Entfaltung zu geben.

Hier sollte sich VANDERMEER entscheiden zwischen durchaus Hitansätzen wie „Piú, Piú“ mit nachvollziehbaren Melodien oder reinen Klangmalereien. Drummer Bernd Erasmy wirbelte auch teils recht heftig über sein Kit, haute neben stoischen groovefreien Patterns auch immer wieder fordernde Breaks dazwischen. Gerade die Stücke vom neuen Album „Grand Bruit“ wie „All Sleek All Glass“ fielen eher in die Richtung. Dahingegen waren Nummern aus dem ersten beiden Platten dichter, wie „Get Up“, „Tolstoi“ oder „Time Was Up“ belegten. Dies waren die Momente in denen die namensstiftende Sängerin Hanke van der Meer wild bangend da stand, wobei der Zopf ihre Mähne etwas im Zaum hielt.

Auch da wieder die Gegensätze, denn wenn sie ihren Gesang performte, klammerte sie sich sehr fest an ihr Mikrofon. Dazu hatte sie ein kleines Tischchen vorne stehen, auf welchen ein weiteres Midi-Synth platziert war, das aber irgendwie wie eine Wohnzimmerausstattung rüberkam. Die groß aufgeschossene Dame war im schwarzen Paillettenjäckchen durchaus eine Erscheinung und verfügte über eine gewisse Laszivität in der Stimme. Warum sie dann ihrem Viersaiter so viel Leadanteile an den Vocals gewährt ist nicht so ganz verständlich, der den Songs nichts hinzufügen konnte vom Kontrast her. Insgesamt ein beherzter Auftritt, der allerdings unter undifferenziertem Sound zu leiden hatte, bei dem der Bass viele Details zerdrückte.

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NEW MODEL ARMY
Nach einer halben Stunde ging es endlich weiter, die Bühne musste komplett umgeräumt werden. Wobei die in der Neuen Gebläsehalle so üppig ausfällt, dass trotz einigem zusätzlichen Equipment die Breite nicht voll ausgenutzt wurde. Das bedarf es auch nicht mit Instrumentarium, wenn man einen Frontmann wie Justin Sullivan in seinen Reihen weiß, der alleine mit seiner Präsenz ganz Stadien füllen kann. So hatte er nach wenigen Minuten die Halle voll im Griff, schon beim ersten rhythmischen Instrumentalpart im Eröffnungstrack „White Light“ klatschte alles mit.
Ob mit der SG, der Klampfe oder nackt vorm Mikro, der Sänger wirkte stets unglaublich auf die Message, auf das Feeling hinter den Songs fokussiert, weniger auf den technisch perfekten Beitrag. Öfter sah man ihn mit weit aufgerissenen Augen, als ob er über den Zustand der Welt erschrocken wäre, welcher in den Ansagen mehrmals thematisiert wurde. In Posen und Haltung immer aufrecht, eine Institution des immer noch latent im Punk behafteten Protest. Den Frust darüber bellte er wunderbar ehrlich hinaus, natürlich vor allem bei „Here Comes The War“.

Hier wurde er von seinen Mitstreitern unterstützt, die öfter zu Harmonien ans Mikro vortraten, speziell Bassist Ceri Monger. Jener schwenkte auf der rechten Bühnenflanke seine rote Mähne, während er leicht gebückt umherschlich. Hierbei suchte der Mann öfter das Podium seines Rhythmuspartners Michael Dean auf, der sein Kit unablässig bearbeitete. Die beiden bilden im Prinzip das Rückgrat der Formation, ihr Spiel war sehr präsent, wenn auch hier das Klangbild etwas dumpf ausfiel. Ihre flirrenden Rhythmen, manchmal tribalartig, manchmal fordernd zogen die Zuschauer in einen hypnotischen Sog, dem man sich nur schwer entziehen konnte. Zu „Devil´s Bargain“ begab sich der Mann am Langholz hinter das kleine Kit am rechten Bühnenrand und verstärkte den Eindruck noch.

Waren die beide die Treibfeder hinter der Musik, so lag es an den anderen Bandmitgliedern diese auszuschmücken. Lieferte Sullivan die Riffs und Akkorde dazu, so war es an Dean White dem ganzen diese würdevolle Atmosphäre zu verleihen. Aus seiner Strat holte er jede Menge feine Fills, Licks und flächige Scapes heraus, die er gewinnbringend im Gesamtkontext unterbringen konnte. Für noch mehr Dichte im Klanggeflecht sorgte Nguyen Green an den Tasten hinter White, mit dem er gut harmonierte. Das jüngste Mitglied arbeitete mit seinen Keys auch die typische Melancholie mehr heraus. Fand er auch mal den Weg an das kleine Schlagzeug so war der gute Dean ebenso oft an der großen Konfiguration auf dem Podest zu finden, um mit seinem Schlagwerker Kontakt zu halten.

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Interessant kamen auch einige Improvisationen, mit denen Songs Länge und Tiefe gegeben wurde, wie dem eher neuen „Angry Planet“. Im Gegensatz zum Auftritt in der nahen Garage gab es diesmal mit „First Summer After“ und dem treibenden „Do You Really Wanna Go There?“ nur zwei Titel aus dem aktuellen Werk. Wobei das Set nicht so oldschoolig ausfiel, wie es Logo im Backdrop angedeutet hatten und es sich viele Anhänger wünschten. Etwa die Hälfte der Titel entstammte der Frühphase bis zu „The Love Of Hopeless Causes“, von dem neben dem Opener noch „Fate“ kam.
Viele Fans brauchten allerdings auch die obligatorischen Hits nicht mehr unbedingt, so fehlte auch an dem Tag „51st State“, sondern vermissten eher „Green And Grey“. Das ist legitim, wenn man der Band schon länger folgt, es lässt sich aber nicht verhehlen, dass bei „Vagabonds“ am meisten Stimmung herrschte. Da hüpfte die ganze altehrwürdige Industriehalle und die Zuschauer übertönten fast die Musiker. Im Laufe des gesamten Gigs verzichtete der Frontmann auf die standardisierten Singalong-Spielchen, sondern ließ dem Publikum seine freie Entfaltung, die hier gipfelte.

Ohnehin ist bei Konzerten von NEW MODEL ARMY nichts, wie man es von anderen Events gewohnt ist. Man weiß nie wie das Publikum reagiert, an dem Tag sah man vereinzelte Pits vorne in der Mitte, das macht ihre Unberechenbarkeit aus. So verhält es sich auch mit den Zugaben, die nie auf der Setlist gedruckt sind. An dem Tag griff man mit „No Rest“, „Purity“ und dem punkigen „Wonderful Way To Go“ tief in die Trickkiste. Noch tiefer schürfte man eine kurze Anspielung von „War Pigs“ hervor, zu Ehren des am Vortag verstorbenen Ozzy Osbourne, die lauthals bejubelt wurde. Die Shirts an dem Abend zeigten auch im musikalisch etwas anders gelagerten Auditorium die große Anteilnahme, die Kirsche auf eine 110-minütige musikalische Torte.

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