MIKE TRAMP PLAYS WHITE LION - Frankfurt
Konzert vom 07.05.2024
Support: LAST TEMPTATION
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MIKE TRAMP
LAST TEMPTATION
Eigentlich wollte er seine Vergangenheit weit hinter sich lassen, zu tief saß der Stachel des Splits seiner Hair Metalformation. Nachdem seine Mitmusiker WHITE LION verlassen hatten, brachte MIKE TRAMP mit GATHERING OF FREAKS ein neues kurzlebiges Projekt an den Start. Wieder zurück in seiner dänischen Heimat arbeitete er eher als Singer/Songwriter, um die Essenz seiner Kompositionen in den Vordergrund zu stellen, und sein melancholisches Timbre zur Geltung zu bringen. Doch es ließ ihn nicht los, die alten Hits wurde auf seinen Konzerten immer wieder gefordert und bei ROCK MEETS CLASSIC präsentierte er ausschließlich Songs aus der Phase. Irgendwann stellte sich der Sänger seinem Erbe, spielte zwei Platten mit Neuversionen ein und ging damit auf Tour. Deren erneute Auflage ließ sich FFM-ROCK nicht entgehen und schickte seinen Fachmann ins Frankfurter Bett.
LAST TEMPTATION
Von den Franzosen habe ich bisher noch nicht viel gehört, lediglich der Name war mir ein Begriff. Zu viele Wechsel in Label, Musikern und Stil verhinderten bisher trotz lukrativer Supportslots höhere Weihen. Ein wenig lockte das Quartett auf die Fährte des Hauptacts als das Intro von „Get On Me“ eine Kategorie wie den Headliner versprach. Die ersten Songs wie „Blow A Fuse“ stimmten auch noch ein wenig auf die Richtung ein, doch vom Hair Metal hat man sich trotz der einschlägigen Unterstützung auf dem Debüt teilweise entfernt.
Hier vermengte man zunehmend Siebzigereinflüsse, was sich auch in der Optik von Frontmann Loup Malevil bemerkbar machte. Solche Hemden erwarte ich in ein paar Tagen an gleicher Stätte bei DEWOLFF, und die Koteletten würden nicht in jeder Pfanne der Welt Platz finden. Wer den Film „Almost Famous“ kennt, der darf gerne Vergleiche zu Jeff Bebe ziehen.
Seine Rolle füllte er neben der überzeugenden Stimme gut aus, und war trotz begrenztem Platzangebot viel unterwegs. Gerade die hohen Töne zelebrierte er ausgiebig, als ob er sein Talent unter Beweis stellen müsste. Ganz den Zug zu den vorderen Reihen hatte er noch nicht, da hielt er sich noch etwas zurück. Interessant war sein ständiges Spielen mit dem Tuch am Mikroständer, das man so auch in diversen Videos bestaunen kann.
Bandgründer Peter Scheithauer hatte zwar einen passenden Blazer zum Thema des Abends an, doch mit Glatze und Bart hätte man ihn musikalisch woanders verortet. Bei bester Laune entlockte er seiner Les Paul einen tollen Groove, besonders bei Nummern wie „I Wanna Be Your God“. In Verbindung mit dem sehr melodischen Rockgesang von Malevil schien man die Linie von DOKKEN nach deren „Dysfunctional“-Werk weiter begleiten zu wollen. Bei den Soli ließ er denn auch öfter den Guitar Hero wie George Lynch heraushängen.
Umtriebig wie eh und je haute einem Fabio Alessandrini die Breaks um die Ohren, bei ihm fliegen die Sticks unentwegt. Selbst auf einer vergleichsweise kleinen Kit-Konfiguration wirkt sein Spiel spektakulär, wobei er bei ANNIHILATOR und BONFIRE auch in anderen Präferenzen zu glänzen weiß. Den Druck, den er da erzeugen muss, schien er auch ein wenig bei seiner nächsten Formation mit einbringen zu wollen, was bei getrageneren Stücken wie „I Won´t Love You“ nicht immer so passen wollte.
Auch der neue Bassist fiel optisch aus der Rolle, irgendwie wissen LAST TEMPTATION ihren vielfältigen Input nicht so recht zusammen zu bringen. Der Mann hatte ein paar colle Lines drauf, doch auch die verpufften im zu höflichen Understatement. So hatte es die Truppe auch schwer das Publikum auf seine Seite zu ziehen, mehr als höflicher Applaus war da nicht drin, so sympathisch sie auch rüberkamen und sich ihr Sänger bemühte. Von den Ansätzen war das streckenweise ansprechend, mit einer klaren Direktive und mehr Mut kann da in Zukunft was gehen.
MIKE TRAMP PLAYS WHITE LION
Gemäß des Openers der zweiten Scheibe mit neuen Versionen firmiert die Tour unter „Lights & Thunder“. Die Nummer eröffnete auch schon das letzte Album in Originalbesetzung und den Reigen an dem Abend. Sehr zur Freude des Autors, denn bei den bisherigen Auftritten mit dem Material seiner früheren Band gab es mit „Broken Heart“ nur einen Song vom musikalisch stärksten Statement „Mane Attraction“. Wobei man den ja eher dem Debüt zurechnen muss, von dem auch endlich andere Stücke zum Besten gegeben wurden. Es waren vor allem die beiden von THIN LIZZY geprägten Nummern, die mich berührten und auch für laute Reaktionen sorgten.
Klar stand „Pride“ im Mittelpunkt und direkt im Anschluss gab es zwei Auszüge davon, die sofort deutlich machten, dass das Volk an dem Tag eine Zeitreise antreten wollte. Die Menge stand spätestens da voll hinter dem Vierer, der die Titel mit viel Spielfreude von der Rampe haute. Wobei stehen schon das richtige Wort war, denn viel Bewegung war nicht, dafür aber umso lauteres Mitsingen. Allerdings war das teilweise schon arg starr, was den Fotografen ihre Arbeit unnötig erschwerte. Klar, Klatschalarm herrschte ständig, der Lärmpegel im Auditorium war angenehm, aber die wilden Zeiten des Rock´n´Roll waren für die meisten Anwesenden vorbei.
Das war ein Thema, dass Tramp den ganzen Abend beschäftigen sollte, bei seinen auch mal ausufernden Ansagen sinnierte er über die unbeschwerten alten Zeiten und in der Tat ist einiges verloren gegangen. Laut eigenen Aussagen wollte er nicht so viel erzählen wie David Lee Roth, aber leider ist dessen Redeschwall deutlich flüssiger. Dafür waren die Anekdoten witzig und sorgten so dafür, dass die Stimmung nicht abfiel. Obwohl natürlich in einhundert Minuten anders mehr als sechzehn Lieder drin gewesen wären. Besonders angetan hatten es ihm die jungen Mädchen in den vorderen Reihen, bei dessen Vätern er sich mehrfach bedankte, dass sie ihre Kinder mitnehmen und so diese Musik nicht aussterben lassen.
Schon immer war der Mann ein guter Beobachter des Zeitgeschehens, neben den obligatorischen Klischeetexten gab es auch tolle ernsthaft Lyrics. Die meisten Beobachtungen über die Gesellschaft von heute, die nur noch schnell am wirklichen Genuss vorbei lebt kann ich nur teilen. Nur bringt er diese lediglich bei seinen Soloplatten, während bei den Shows ein anderer Blickwinkel gefiert wurde.
Was geblieben ist, ist sein typisch melancholisches Timbre, dass natürlich die Melodien so richtig zum Schmachten bringt. Musste er vor zwei Jahren noch viele Gesangslinien umbauen, weil er da nicht mehr hinkommt, war seine Stimme diesmal mehr in den ursprünglichen Tonarten unterwegs, was den Arrangements zugutekam. Gleichwohl den Zuschauern, die beim Mitsingen ihr Timing nicht anpassen mussten und voller Inbrunst mitgrölen konnten.
Nicht nur bei ihm, auch bei seinen Mitmusikern kamen die alten Gassenhauer deutlich versierter rüber als noch vor zwei Jahren. Mit den Studioerfahrungen und vielen Gigs im Rücken ist man zu einer Einheit gewachsen, auch wenn mit Alan Tschicaja niemand mehr die Kessel rührt, der sich mit Musik aus der Ära auskennt. Sein Ersatz Kenni Andy haute zwar mit Wucht auf sein Kit, dass deutlich kleiner war als das von WHITE LION zu ihrer Zeit, dennoch benötigte er nur einen Teil davon. Ein paar mehr knallige Breaks hätten auch optisch nicht geschadet, das wirkte streckenweise zu bieder. So steuerte er einen feinen Groove bei, der die Songs ordentlich anschob.
Eine klare Steigerung konnte man Marcus Nand attestieren, der sich klangtechnisch an Vito Bratta herantastete. Optisch war er ebenso nicht so weit weg, wenn eine Portion des heutigen Alex Skolnick dazu addiert. Gerade die Riffs der älteren Lieder hatten diese metallische Kante und in den Soli diesen glänzenden Ton. Dazu machte der Mann in Sachen Stageacting einiges her und wirbelte seine Axt wild umher. Im Übrigen aus dem Hause Charvel, die Gitarren habe ich seit damals kaum mehr gesehen. Bassist Claus Langeskov schlurfte lässig mit leichtem Lächeln über die Bühne und konnte seine dicken Saiten recht prominent im Sound platzieren.
Der Chef selbst war ebenso sehr viel unterwegs, am liebsten ganz vorne an der Rampe, sang aber auch für diejenigen an den Saiten. Sein Haupthaar trug er wieder länger und färbte die graue Melierung nicht mehr weg. Auch sonst schien er optisch gut in Form, körperlich gut trainiert wirkten leidglich Gillet und Feinripp als Oberteil nicht peinlich. Wobei Sport nicht unbedingt immer dem Bewegungsablauf förderlich ist, so manches wirkte doch etwas unrund.
Was ihn nicht daran hinderte komplett in den Kompositionen aufzugehen, zu denen er lange ein schwieriges Verhältnis hatte. Mit seinem Auftreten verbreitete er genau die gute Laune, für die jenes Genre einst stand, und die übertrug sich auch auf die Meute vor der Bühne. Das sind heute keine Stadien mehr, aber immer noch genug passionierte Fans, welche die besseren Zeiten am Leben halten. Am Ende wurden sie mit einem Hitfeuerwerk belohnt, das vom grandiosen Epos beschlossen wurde.
Setlist MIKE TRAMP:
Lights & Thunder
Hungry
Lonely Nights
Out With The Boys
All The Fallen Men
El Salvador
Little Fighter
Living On The Edge
Tell Me
Love Don´t Come Easy
Cry For Freedom
Broken Heart
When The Children Cry
Wait
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Farewell To You
Lady Of The Valley