CURT CRESS – Aschaffenburg
Veranstaltung vom 06.04.2025
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CURT CRESS
Drums, Stories and Rock‘n'Roll - Der Kult-Schlagzeuger, Hochschuldozent, Produzent und Verleger CURT CRESS erzählt, spielt und zeigt seine erlebte Geschichte. Der „Drum Talk“ ist ein Live-Behind-The-Scenes und Musikgeschichte zum Anfühlen mit autobiografischen Zügen. Gemeinsam mit seinem Freund und Drum Tuner Werner Fromm, der hier als Initiator des Ganzen und Moderator agiert, spricht der legendäre Schlagzeuger über seine Musiker-Geschichte, zeigt dazu Videos, erzählt die verrücktesten Stories und spielt live auf seinem Schlagzeug in Begleitung des Bassisten und ehemaligen Bandkollegen Wolfgang Schmid, der von den frühen 70er Jahren an zum Vorbild für zahlreiche Funk- und Fusion Bassisten wurde. Der heute 77-jährige zählt neben Hellmut Hattler und Ufo Walter zu den prägendsten Bassisten in Deutschland. Dazu gesellt sich Chris Weller am Keyboard, ein international arbeitender Studiomusiker, Komponist und Arrangeur, mit dem Cress seit 33 Jahren gemeinsam Musiken für Film und Fernsehen (u.a. Tatort Berlin, Der Bergdoktor, die „Wetten dass“-Titelmelodie u.v.m.) geschrieben hat und noch schreibt. Ob hier im Aschaffenburger Colos-Saal oder im Internationalen Theater in Frankfurt/M., bislang schaffte ich es nie, die mit viel Vorschusslorbeeren bestückte Veranstaltung zumindest einmal zu besuchen – bis heute. Nicht ganz unschuldig daran waren der Cress‘ Bruder, der Tourroadie und auch Fromm, die alle drei aus meinem aktuellen Heimatstädtchen stammen. Auch der jetzt 73-jährige Cress stammt hier aus der Nähe.
Und genau hiermit fing der Abend dann auch an. Anmoderiert von Fromm begann Cress seine Geschichten zu erzählen. Geboren im beschaulichen, ehemals Keramik herstellenden Örtchen Schlierbach, heute ein Ortsteil der Gemeinde Brachttal am Fuße des südlichen Vogelsberges (Main-Kinzig-Kreis/Hessen) – was eine kleine Gruppe von anwesenden Zuschauern zu einem ersten lautstarken Jubel zum Anlass nahm, die eben aus dieser Gegend stammten -, aufgewachsen in Erlensee und in Hanau zur Schule gegangen. Dort fing er im zarten Alter von 14 Jahren in einer Schülerband (THE EARLS) an zu trommeln. Keine drei Jahre später stieg er in die von JIMI HENDRIX inspirierte Hanauer Krautrockband ORANGE PEEL ein, die u.a. mit der Hanauer Gitarrenlegende Leslie Link besetzt war, was durch einen ersten eingespielten Songbeitrag untermalt wurde. Durch diese hier erlangte überregionale Aufmerksamkeit führte sein Weg recht schnell zu Klaus Doldingers Jazz-Kombo PASSPORT, wo Cress über seine dort agierende 10-jährige Zugehörigkeit internationale Aufmerksamkeit erlangte, die ihm weitere Türen seiner beginnenden Karriere öffnete. Hier kreuzte sich z. B. vor 52 Jahren erstmals der Weg mit einem gewissen UDO LINDENBERG, dessen Drumhocker er übernahm und der sogar in Cress‘ Hamburger Zimmer einzog. In Australien traf er auf einen jungen Gitarristen in einer Schuluniform (Angus Young), der mit seiner Band (AC/DC) bei PASSPORT als Vorband auftrat, woraus sich auch eine Art von Freundschaft entwickelte. Seine lebhafte Erzählung ließ den Zuhörer hierbei förmlich in das von ihm Erlebte mit eintauchen.
Eine Jazz Rock Session zusammen mit Schmid und Weller sorgte für eine erste Live-Performance, bei welcher man die Klasse dieser drei Ausnahmemusiker erstmals bestaunen durfte. Wieder anmoderiert von Fromm folgten spannende und teils sogar aufregende Anekdoten vom Zusammentreffen und Miteinanderarbeiten mit IKE und TINA TURNER, ALPHAVILLE (Cress spielte die E-Drums für „Forever Young“ ein) und auch SAGA in ihrer Frühphase, was durch jeweilige Fotos und Video-Snippets unterlegt wurde.
Nach einer zweiten Jam Session, dem Ausstieg bei PASSPORT mit gerade mal 25 Lenzen, ging die erzählte Reise weiter in Richtung Italien, wo sich Cress jetzt als Studiomusiker u.a. für AL BANO & ROMINA POWER, GIANNA NANNINI oder RIGHEIRA („Vamos A La Playa“ – der Refrain natürlich vom Publikum laut mitgesungen) seine Sporen verdiente. Interessant wurde der Aspekt für den Metaller unter den Zuhörern, als Cress anmerkte, dass er einen Tag nachdem er den RIGHEIRA Song eingetrommelt hatte, im gleichen Studio die Drums für das erste WARLOCK Album „True As STEEL“ einer gewissen Doro Pesch eingespielt hatte.
Und die musikalische Reise ging weiter mit Erzählungen über UDO LINDENBERG, mit dem er sogar live gespielt (inkl. Videoausschnitt), ihn produziert und mit ihm auch Songs geschrieben hat, über seine Erlebnisse mit dem Pop-Stern ENGELBERT in den USA und einem nicht nur für ihn echten Karriere Highlight – einer Zusammenarbeit mit Freddy Mercury (QUEEN) auf dessen Solo-Platte „Mr. Bad Guy“ (1985), was ebenfalls durch eine Einspielung belegt wurde.
Nach 90 kurzweiligen und sehr unterhaltsamen Minuten folgte eine 20-minütige Versorgungspause, die für den ein oder anderen auch dringend nötig war, denn es schien, als wollte keiner im Saal auch nur ein Wort der Erzählung des Erlebten verpassen.
Cress, dessen Ruf durch seine Zusammenarbeit mit eben diesen Künstlern stetig wuchs, fing den zweiten Teil seiner erzählten Reise wieder in Deutschland an. Hierzu gehörte die Zusammenarbeit mit der MÜNCHNER FREIHEIT, mit dem Song „Ohne Dich“ – natürlich wieder lautstarke Publikumsbegleitung beim Songeinspieler -, der UDO JÜRGENS Single „Ich war noch niemals in New York“ und „Das wünsch ich dir“ (die dazugehörige A-Seite) sowie seiner ersten eigenen Band CLAN. Dem folgte eine erneute Fusion/Jazz Session als musikalische Einlage.
Schön strukturiert und anmoderiert folgten Storys zu seinen Produktionen in stolzem Alter von mittlerweile doch schon 35 Jahren, z. B. zum JAMES BOND Titeltrack „He Kills Everything (You Love)“ mit SHIRLEY BASSEY, dem Londoner ROYAL PHILHARMONIC ORCHESTRA (u.a. QUEENs RHAPSODY) oder BILLY SQUIREs „The Stroke“, das sich bislang 16 Millionen Mal verkaufte. Ein weiteres Kapitel widmete er dem Jetset zu seiner Zeit mit FRANK FARIAN, dem von ihm eingespielten SCORPIONS Album „Pure Instinct“ (1996), seiner Zeit mit FALCO, zu dessen Band er als einziger deutscher Musiker gehörte und mit dem er auch live auftrat, was ein Videoeinspieler zeigte, oder dem RICK SPRINGFIELD Album „Rock Of Life“ (1988). Ich gebe es zu, ich kam wie viele andere auch, aus dem Staunen nicht heraus. Cress schaffte es auf seine lebhafte, lustige, ja teils auch sentimentale Art, den Zuschauer informativ, dynamisch an seine Erzählungen förmlich zu fesseln. Vom Land der unbegrenzten Möglichkeiten ging es zum Finale wieder zurück in seine Wahlheimatstadt München und zu Songs von PETER SCHILLING („Major Tom“) und RIO REISER („Juni Mond“), denen, wie könnte es auch anders sein, er nicht nur seinen Drum-Stempel aufgedrückt hat. Ich muss an dieser Stelle glaube ich nicht erwähnen, dass beide Songs wieder einen eigenen lautstarken Publikumschor hervorriefen.
Geplant mit einem PASSPORT Live Stück für den gesundheitlich sehr angeschlagenen Klaus Doldinger sollte die Veranstaltung enden, was aber das Publikum so nicht gelten ließ und die Musiker unter lautstarken Standing Ovations zu einer weiteren Zugabe forderte.
So vergingen drei Stunden wie im Fluge, und ich gebe es zu, ich hätte auch noch drei weitere Stunden den Geschichten des Curt Cress zu seinen 12200 Stücken, 15 Drummer-des-Jahres-Auszeichnungen und etlichen goldenen Schallplatten zuhören können, denn Kapitel wie MEAT LOAF, PETER MAFFAY, SPLIFF, BAP, UWE OCHSENKNECHT, NENA etc. wurden ja nicht erwähnt. Vielleicht ja beim nächsten Mal. Wir werden sehen, zuhören und dann berichten.