ANOTHER NAMELESS GHOST-TRIBUTE - Kassel
Konzert vom 01.02.2024, SUPPORT:
BARREL OF DIRT, BURNING HELLMET
Homepage:
ANOTHER NAMELESS GHOST
BARREL OF DIRT
BURNING HELLMET
Groupies, Gespenster, Gothics & Glam
Angekündigt unter dem Slogan ROCK/METAL-Legenden Live fand eine weitere von der MASTERS OF CASSEL/98 RECORDS-Crew organisierte NIGHTS OF TRIBUTE im Kulturzentrum Schlachthof statt, waren es 2024 SAVATAGE steht heute ein gedehntes 120 Minuten Gesamtspielzeit vereinnahmendes Gesamtpaket als Tribut für die schwedische Okkult Rock/Metalband GHOST auf dem Plan.
Beim Betreten des Konzertsaales etwa gegen 19:40 Uhr bietet sich mir ein recht seltsames Bild: Im Vorderbeich zur Bühne Generationen von Metal-Jugendlichen sowie Heranwachsenden, die alters mäßig meine Töchter & Söhne sein könnten... auf der anderen Seite im hinteren Bereich ältere Metal-Semester darunter ein kantig Kastanienbraunhaariges Metalurgestein est. Original seit 1984 Oldschool – Me?!? Der Anblick zahlreich Geschminkter Gesichter und Leutchens im Gothic-Outfit, Masken, Stoffpuppen sovie diverser abgedreht-seltsam, witzig, spacig bis kaum definierbare Kopfbedeckungen im nicht vollständig ausverkauften Kulturzentrum Schlachthof wirkt andersartig als gewohnt fast schon verwunderlich mit anderen Worten ein Treffen der Generationen. An diesem Abend sind die älteren Semester klar in der Minderheit, dennoch ist auch Kuttenträgerschaft unter den Gästen, worüber sich meine Wenigkeit natürlich sehr freut. Metalbende ohne Kutte tragende Fraktion? Ultimatives No Go! Daher freut sich meinereine auf den Abend, ein Gang zur ersten Supportband ist ohnehin Pflicht. Umso schöner, wenn zwei coole, saftig einheizende Kasseler Szene-Bands den Hauptact als Vorprogramm nach Kräften unterstützen: Die Hard Rock-Cracks BARREL OF DIRT (ehemals PANDEMIC) und Kassels mostly wanted Progressive Proll-Rocker - BURNING HELLMET.
BARREL OF DIRT
BARREL OF DIRT, (Ex-PANDEMIC) angeführt von Nils Papke ihrem wort und stimm gewaltigen Frontmann Sänger/Gitarrist im lockeren Micky Mouse-Shirt mit Strohhut auf der Bühne sind stets einen Besuch wert, so auch diesmal. Der Bass ist fest eingestöpselt, der Gig funktioniert reibungslos ohne Zwischenfälle. Bei BARREL OF DIRT regiert ausnahmslos Rock n' Roll, entweder Bluesgefärbt („Drunken Lady“) oder als dreckig tägliche Dosis für echte Hard Rockfans („Daily Dose Of Rock n' Roll“. Böse Nachbarn bekommen beim Rebellischen einem Teil der Anwesenden aus der Seele sprechenden Groover „Go Away“ oberamtlich ihr Fett weg - das muss gerade Leuten, die sich von dem ständigen Genöle was alles vermeintlich (nicht wirklich) verbesserungwürdig wäre und Rumgezicke von Leuten genervt fühlen, (die wirklich mal vor ihrer eigenen Tür kehren müssten...) runtergehen wie Öl. Nils' Parodie, der einen solchen Nachbarstreit lustig auf der Bühne herrlich nachäfft, macht einfach Freude. Sauber! Derartige Sondereinlagen haben beinahe Slapstick-Comedy-Charakter! Situationen aus dem Leben gegriffen, wie sie wahrscheinlich viele schon mal erlebten: „Das Gras wächst schon wieder zu hoch über meinem Maschendrahtzaun..., Wollen Sie Ihren Rasen nicht endlich mähen?“ („Muss das sein?“) Na, Logo (!) aber nicht heute! Was wäre ein BARREL OF DIRT-Set ohne Coversession? Genauso wie Brot ohne Butter, Wurst und Käse.
Aufforderungen in die Hände zu klatschen kommt das Publikum zuerst zögerlich, im Weiteren Verlauf nach. Beim WASP/ACCEPT/MOTÖRHEAD/JUDAS PRIEST Klassikercoverset „Blind In Texas“, „Pandemic“, „Iron Fist“, „Living After Midnight“ kommt am Ende der etwa 45 Minütigen Vorstellung noch einmal richtig Stimmung auf – das Publikum wird von Niels instruiert: „Das nächste was ihr tun müsst, geht ganz einfach - ihr singt die Worte „I'm-Blind-In-Texas“ mits und fangt laut an zu schreien... Könnt ihr das?“ Vorher wird noch ein Probelauf absolviert, danach darf das Publikum ran: Und tatsächlich: Hard n' Heavy-Klassiker lösen gar unerwartet heftige Reaktionen im Publikum aus. Kräftiger am Schluß beweist: BARREL OF DIRT haben viel richtig gemacht. - Cooler Einstieg in den Abend!
BURNING HELLMET
Kassels Progressive Prollrockelite angeführt von Graf von Thaler hat reichlich Spaß an der Sache, macht vom Start weg gewaltig Dampf! Die Rhythmussektion bestehend aus Dick Tator am Viersaiter und Rue Dee hinterm Schlagzeug erzeugt kompromisslos Druck, Alterspräsi schüttelt Riffkaskaden und Soli in Serie aus dem Ärmel. Das Kasseler Quartett präsentiert sich straight aufeinander eingespielt und spätestens wenn ne fette Brise Punk ins Spiel kommt, geht entsprechend sinngemäß auch der Punk ab! Partyevergreens gehen eigentlich immer, vor allem erst recht wenn es sich bei der gecoverten Band um die neben MOTÖRHEAD so ziemlich größte Rock n' Roll-Legende aller Zeiten – ergo - THE RAMONES - handelt! Spätestens beim Punkklassikerdoppel „Pet Semetary/I wanna Be Sedated“ kommt viel Stimmung auf.
Einen Song wie „An Alley“ schreibt man wohl nur, wenn man betrunken ist, wie der Graf freimütig ehrlich zugibt; spätestens beim zeitlosen IRON MAIDEN-Klassiker „Wrathchild“ im "etwas anderen" (will heißen „BURNING HELLMET-Gewand“) darf sich Alterspräsi richtig herzhaft nach Lust und Laune kräftig an der Sechssaitigen austoben, es ist immer eine Freude ihn live auf der Bühne zu erleben! Mit der gewohntermaßen unverzichtbar dynamischen Bandhymne „Burning Hellmet“ findet der kompromisslos heavy in die Vollen gehende Tributset würdevollen Ausklang. BURNING HELLMET wünschen dem Pubklikum anschließend bevor sie von der Bühne abtreten, viel Spaß mit der nach kurzer Umbaupause folgenden ANOTHER NAMELESS GHOST-Show.
ANOTHER NAMELESS GHOST
Eine aus allen Nähten platzende Bombast-Deko gibt’s nicht, für die Raumgröße wär's zuviel Bombast, es würde den Rahmen des Machbaren sprengen, dafür hängt ein die gesamte Rückansicht vom Bühnenareal abdeckendes Backdrop mit Gothischen Kirchen-Fensterausschnitten an der hinteren Wand. Es muss nicht viel sein, sondern effektiv. In der Tat, gelungen. Minimalistischer Aufwand, große Wirkung! Neben zahlreichen GHOST-Fans mit Masken hat sich auch klassisches Hard Rock/Heavy Metalfanklientel verteilt im Ambiente versammelt, um dieser Show beizuwohnen. Bei derartigem Geisterkult dürfen einige zugehörige Bandgroupies, die das ganze zeitweilig fast wie ein Swifty-Konzert der Nachtschattengewächse wirken lassen, nicht fehlen. Mancher GHOST-Kuttenbackpatch ist ebenso vertreten. Besonders auffällig: Der hohe Frauenanteil erstreckt sich nicht ausschließlich am großen Original..., ANOTHER NAMELESS GHOST stehen in der Gunst ganz weit oben!
Zunächst sorgen sakral-mystische Sphärenklänge für Spannung im Saal, ehe mit „Kaisarion“; „Rats“, „Spillways“, „Witch Image“ neuere GHOST-Knaller jüngeren Datums sich anschließen auf das Hexenimage folgt „Absolution“, um im nahtlos übergehenden Intro „Miasma“ Sakralatmosphäre zu schnuppern. Handyverbot bleibt wie aktuell beim Original auf Tour von der Band selbst gefordert bei der Tribute-Show übrigens nicht. ANOTHER NAMELESS GHOST sind kein farbloses Plagiat! Vom irreführenden Bandnamen sollte sich niemand täuschen lassen. Lautes Kreischen, Hochhalten und Kreisen lassen zahlreicher Emeritus-Puppen oder mitgebrachter Stofftiere sowie markante Kostümierungen einschließlich Schminke sind bei ANOTHER NAMELESS GHOST-Auftritten keineswegs ungewöhnlich, sondern schlicht normaler Wahnsinn, während der Sänger fleißig Kommunikation mit dem Publikum betreibt, des öfteren schon mal nach vorn an den Bühnenrand kommt gehen fleißig ihm zuwinkende Arme mit Puppen/Plüschtieren nach oben...
Der beständig die Fans mit Sprüchen aus der Reserve lockend sympathisch rüber kommende ANOTHER NAMELESS GHOST-Frontmann ist ein echtes Original, er hat das vollständige Repertoire zwischen Show-Entertainment, Gesang, Anfeuern, Publikum-aus der-Reserve-locken inklusive aberwitzig schrägem Humor drauf. Der Saal im Kulturzentrum getragen auf einer Woge der Begeisterung, verfällt durchweg in exstatischen Rausch. Das Veranstalterteam (Dirk und Diana) gerät völlig ins Schwärmen. Diese Show ist etwas Besonderes, - keine für jeden Tag..!
Songtechnisch teilt sich das enorm gedehnte über 2 Stunden Gesamtspielzeit fordernde Programm in zwei Hälften. Älteren Songs vom 'Opus Eponymus-Album', (u. a. „Con Clavi Con Dio“, „Ritual“ wo es mal richtig heavy zur Sache geht) und dem Zweitwerk 'Infewstissuman' (das mit „Jiggolo Har Megiddo“ und „Year Zero“) zu Ehren kommt, mit Flächendeckendem BLACK SABBATH, BLUE ÖYSTER CULT, MERCYFUL FATE, URIAH HEEP-Touch, und vielem Songmaterial der deutlich mehr in gemäßigteren Düster Rocksektor tendierender Nachfolgealben – - das verspricht eine durchaus interessante Show! Allein der musikalisch gebotene Horizont von ANOTHER NAMELESS GHOST ist immens breit abgesteckt. Die Palette reicht von zeitloser Schwedenpop-Kultur im Sinne von ABBA, zu ALICE COOPER, BLUE ÖYSTER CULT, über Experimential-Ropck Marke GONG, IRON MAIDEN, KISS, MERCYFUL FATE, METALLICA, PINK FLOYD, Popsängerin SHAKIRA und 70er-Hard Rock-Kult Marke THIN LIZZY, URIAH HEEP bis ZZ-TOP. Von vielem etwas aber nicht ausschließlich nur von einem! Licht und Sound sind gut eingestellt. Unterschiedlich im Wechsel zueinander variierende Spotfarben (darunter häufig violett, grün und rot) tauchen die Show in ein merkwürdig zeitweise obskures Licht, und trotzdem überwiegt der Eindruck dass hier alles passt!
Zwischendurch gibt’s noch einige Gymmicks zu verteilen, die schnell begierige Abnehmerschaft finden: Mehr als ein Dutzend ins Publikum geworfener Gitarren-Plektren sowie oben von der Decke herab rieselnde 666 Dollarscheine gehören zu den Spezialeffekten einer imposant den Normalrahmen sprengenden 30-Song Show! Der über 120 Minütige Auftritt unterstreicht dass ANOTHER NAMELESS GHOST mehr als ein langweiliges Ripp Off darstellend pures Show-Entertainment auf die Live-Bühne bringen, zumal großartig handwerkliches Können auf technisch brilliantem Niveau bei dem Schwedenfünfer ebenso gravierend hervor sticht, deren Gitarrenfraktion rockige Beats, flott getaktete Rhythmuskaskaden und fließende Leadsoli am Stück serviert, während das Schlagzeug zum Taktbeat klöppelt und Tateninstrumente zeitweise für Orgeleffekte sorgen, die sich zeitweise rhythmisch mit den Gitarren duellieren. Zeit für episch langsame Momente bleibt ebenfalls.
Bei soviel Entertainment bekommt selbst Papst Emeritus (der wievielte eigentlich?) seinen Auftritt, das Lebensgroße Pappschild vom Kleriker mit Satanischem Image wird auf die Bühne gebracht und von den Fans bejubelt – Emeritus ist eben wo immer der vom Glauben abgekehrte Würdenträger nunmehr erscheint, stets in aller Munde! Davon weiß auch das Kulturzentrum Schlachthof ein Liedchen zu singen. Die über die Gesamte Spielzeit hinweg maskierten Gitarristen in ihren Anzügen handelt es sich um Captain-Nemo Taucheranzüge, Astronautenkombis oder was auch immer spielen saubere Leadschleifen. Der über ein variables Klarton-Organ verfügende Sänger wechselt mehrfach sein Outfit, schlüpft in viele Rollen... diverse Schrille outfits passend zur melancholisch düster horror-Vampir-lastig sakral und rebellisch kerniger Hard Rock-Musik halten sich zu Glamkostümierung die Waage.
Die Werbung auf dem eigens gesicherten Dollarschein ANOTHER NAMELESS GHOST – an Authentic GHOST Tribute hält in der Tat, was sie verspricht: Noch näher am Geister-Original geht’s nicht, das macht den Reiz dieser einmalig- hörens- wie sehenswerten Coverband für ihre Fans aus. ANOTHER NAMELESS GHOST lassen sich am Ende nicht lumpen, was in einem verlängerten aus fünf Stücken bestehenden Zugabeteil gipfelt, ehe das Spektakel endgültig beendet vorüber ist.
Im Schlußfinale geht’s nocheinmal richtig rund, „Future Of A Foreign Land“ wird heftig Abgefeiert, danach wird’s bei „Danse Macabre“ wieder sakral, im Kontrast dazu wird beim fröhlichen GENESIS-Cover „Jesus he knows me“ ausgelassen getanzt, darauf folgt „Square Hammer“, wo der ANOTHER NAMELESS GHOST-Frontmann im roten Frack auf der Bühne erscheint, ehe „Sorrow The Wind“ den Schußpunkt unter eine restlos überzeugende von lautstartem Jubel begleitete Show setzt. Hier bedarf es keines überzeugten GHOST-Fan-Bekenntnisses, um die Klasse der Band zu erkennen, die nicht nur von Groupies in schriller Gewandung und Gothic-Nachteulen mit bunten Haaren oder im Vapirlook in vorderen Reihen frenetisch abgefeiert wird. Auch so manches Metal-Kutte tragende Individuum wird im Zugabeteil beim Rocken oder „crazy Dance“ (was das bedeutet, dürft ihr euch selbst übersetzen!) gesichtet... Festzuhalten bleibt letzendlich: So Namenlos wie dieser Geist sich bezeichnet, ist er demzufolge bei weitem nicht. Für viele Fans im Kulturzentrum eine auf über zwei Stunden gedehnt unterhaltsame GHOST-Tribute Show, kann das 98 RECORDS/MASTERS OF CASSEL-Veranstalterteam einen erfolgreichen Abend in der Konzerthistorie der Tribute-Night-Serie verbuchen. Gelungener Auftakt für alle weiteren zukünftig anstehenden Tribut-Nächte. Drei Bands mit starken Auftritten sorgten für unterhaltsames Geister-Kino voller Emotionen. Was für eine Nacht: - Groupies, Gespenster, Gothic und Glam! Wie am Tag zuvor in Hamburg feierten ANOTHER NAMELESS GHOST einen überragenden Erfolg in Kassel, deren Tribut-Show auf legendäre Weise dem Original gerecht wurde.
Nach dem Gig führt das ANOTHER NAMELESS GHOST-Fanvolk Gespräche mit den freundlichen Musikern, lässt sich Tonträger signieren, zeigt stolz seine Plektren oder lässt sich für ein Selfie-Foto mit den „Stars“ ablichten. Jeder, so wie er/sie es mag. Da mir soviel Star-Rummel komplett am Allerwertesten vorbeigeht, sind lockere Gespräche mit Bekannten bei losgelöster Stimmung Pflicht, ehe nach dem unterhaltsamen Abend in kampferprobter Location die Heimreise angetreten wird. ANOTHER NAMELESS GHOST wussten zu begeistern, - ohne zu entgeistern...
Fotos und Bericht: Michael Toscher