DARK TRANQUILLITY - Karlsruhe

11 darktranquillity karlsruhe 05Konzert vom 22.11.2024

Support: HIRAES, WOLFHEART, MOONSPELL

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DARK TRANQUILLITY
MOONSPELL
WOLFHEART
HIRAES

Der Herbst ist der beste Moment für feine Tourpackages, die dann immer durch die Clubs rollen. Besonders prädestiniert dafür die eher dunklen Klänge, man erinnere sich noch an die legendären „Out Of The Dark“-Festivals. Die Kronprinzen der Göteborger Szene wollen ihr neues Album „Endtime Signals live vorstellen und haben dazu ein wunderbares Paket geschnürt. Als starke Liveband haben sich DARK TRANQUILLITY schon lange einen Namen gemacht, weswegen die Clubs wegen ihnen schon voll sind. Mit dem internationalen Line-Up bekommen sie diese zum Teil ausverkauft wie an dem Abend in Karlsruhe. Mit HIRAES ist eine deutsche Band mit an Bord, WOLFHEART aus Finnland und die Portugiesen MOONSPELL , die zu den Legenden aller dunklen Szenen gehören.

HIRAES
Der Einlass war noch in vollem Gange als die Mannen um Britta Görtz die Bühne stürmten und die frühere CRIPPER-Frontfrau sofort wild loslegte. Wie schon beim aktuellen Album „Dormant“ entpuppte sich der Opener „Through The Storm“ als idealer Opener, der umgehend einen Sturm entfachte. Zu dem Zeitpunkt war es schon kuschelig in den vorderen Reihen, die dem Fünfer einen warmen Empfang bereiteten.
So angestachelt gab die Saitenfraktion alles und turnte immer wieder auf den kleinen Risern am Bühnenrand herum, da nur zwei zur Verfügung standen entbrannte eine regelrechter Kampf darum. Dort oben wurden die Hälse der Spielgeräte hoch gerissen, zwischen die Riffs die große Geste geübt oder gerade bei den Soli sich in die feinsten Posen geworfen und die Matten wild geschwungen.

Dabei wurde nie das kompakte Zusammenspiel vernachlässigt, das die melodischen Todeshymnen wie „Wo Owe No One“ oder „Under Fire“ vorantrieb. Die stammten meist vom neuen Langeisen „Dormant“ zu denen Mathias Blässe ordentlich die Kessel rührte. Oliver Kirchner und Lukas Kerk harmonierten sehr gut bei den melodischen Leads und teilten sich die Soli ebenso auf. Kein Wunder ist die komplette Instrumentalfraktion schon bei DAWN OF DISEASE sehr gut eingespielt. So walzten die Stücke über die Köpfe der Anwesenden hinweg.
Neu einfügen musste sich lediglich Frontfrau Britta Görtz, die mittlerweile eine Hausnummer unter den growlenden Damen ist. Still stehen war nicht ihr Ding, mit vollem Einsatz schwang sie den gesamten Oberkörper hin und her, reckte immer wieder die Faust in die Luft oder breitete die Arme weit aus. Was besonders auffiel war ihr Zugewinn an stimmlicher Bandbreite, die Grunts kamen noch tiefer als das Gebelle bei ihrer früheren Combo. Vor allem beim finalen „Undercurrent“ lieferte sie zudem tollen Klargesang, so dass am Ende mehr als nur Höflichkeitsapplaus blieb.

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WOLFHEART
Kürzlich hatte die Combo mit der Ankündigung für Aufsehen gesorgt als erste westliche Metalband in Saudi-Arabien zu spielen. Bleibt zu hoffen, dass gewisse religiöse Kräfte da nicht wieder die Ass reinhauen wie bei SAXON in den Emiraten und die Vier die friedliche Botschaft des Metal verbreiten können. Was beim Setting zuerst auffiel war das große Geweih am Mikroständer von Sänger Tuomas Saukkonen, was diesen etwas verdeckt hat, auch zum Leidwesen der Fotografen. Dafür machte das Teil was her und betonte eben die musikalische Ausführung, die von den Wäldern ihrer Heimat inspiriert ist, vielleicht gefällt das auch den Wüstensöhnen.

Viele folkloristische Töne fanden sich da wieder, die in den Leadmelodien sehr gut kamen, welche zum Teil auch von Keyboards harmonisiert wurden. Allerdings gab es jene nur vom Band, auf einen livehaftigen Tastenmann wurde verzichtet, was einerseits immer etwas Authentizität kostet und die Show etwas statisch macht. Zumindest Letzteres konnte gut kaschiert werden, denn Bassist Lauri Silvonen und Leadgitarrist Vagelis Karzis benötigten keine Riser vor sich, um sich kraftvoll zu präsentieren.
Breitbeinig mit weit auslandenden Bewegungen standen sie da vorne und ließen synchron die Matten kreisen, wechselten ständig ihre Positionen. Ihnen war der Spaß anzusehen, sie suchten auch deutlich mehr den Kontakt zu den vorderen Reihen als der eigentliche Frontmann. Aber Saukkonen war in all seinen Projekten nie die große Rampensau, achtete mehr auf seine filigranen Riffs und seine variablen Vocals. Dabei wurde er in den Chören immer wieder von seinen beiden Nebenmännern unterstützt.

Geboten wurde vor allem Material aus dem taufrischen „Draconian Darkness“ wie „Burning Sky“ oder „Evenfall“. Daneben standen noch die beiden ersten Scheiben hoch im Kurs, „Strength And Valor“ vom Debüt „Winterborn“ eröffnete den Reigen, sonst kam noch „The King“ vom letzten Album „King Of The North“. Nordisch waren die Klänge in der Tat, die immer zwischen angeschwärzter Rasanz und epischer Sphärik pendelten. Als kleine Exkurse brachte Karzis viele feurige Soli ein, bei denen er neben den Saiten auch ziemlich alle Muskeln dehnte. Der schöne finnische Winterzauber passte perfekt zum Glühwein gegenüber und wurde vom nun vollen Substage gefeiert.

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MOONSPELL
Nach relativ kurzer Umbaupause war die frostige Stimmung erstmal dahin, das feurige Element übernahm, auch wenn die Portugiesen genauso viel mit der Atmosphäre spielten. Schon beim Intro lag diese schwere Düsternis in der Luft, als die Bühne zum Einmarsch spärlich beleuchtet war. Jeder der Anwesenden wusste was kommen würde, zu oft hat man das auf „Irreligious“ gehört. Mit dem größten Hit anzufangen ist schon ein Wagnis, aber der Fünfer weiß darum, noch einiges in der Hinterhand zu haben. Als softeste Band des Trosses musste man diese Karte ausspielen statt es mit bloßer Power zu versuchen, und der Doppelschlag vom Durchbruchsalbum bescherte auch die entsprechenden Reaktionen.

Zum Glück war aber die Songauswahl ausgewogener als bei den letzten Gastspielen, die lediglich aus Titeln der ersten beiden Langspieler sowie des jeweils aktuellen Werkes bestanden. Kann auch daran gelegen haben, dass „Hermitage“ schon eine Weile draußen ist, welches komplett außen vor blieb. Dafür war speziell die „Extinct“-Scheibe recht prominent vertreten, und auch aus den Nullerjahren gab es einiges zu hören, sogar von „Darkness And Hope“. Ich hätte mir nur endlich mal wieder was vom unterbewerteten „Sin/Pecado“ gewünscht.
Klar war da nicht so viel Geballer, dafür mehr Theatralik, die wilde Bühnenaction wie bei den ersten beiden Acts war nicht ganz zu verzeichnen. Dazu waren die Riffs zu wogend und wurden nur selten von der Kette gelassen. Im Auditorium zauberte das ein paar schöne Bilder von wallenden Haarprachten beim SloMo-Banging. In Sachen Abwechslungsreichtum machte ihnen sowieso niemand was vor, das rockte mal schön, teilweise versank man in gotischer Dunkelheit, dann wurden Hymen weil, um dann doch den Hammer auszupacken.

Die meisten Meter auf der Bühne machte Aires Pereira, der mit seinem Langholz die vorderen Reihen abschritt und seine Locken schüttelte. An den sechs Saiten machte sich das fortschreitende Alter dezent bemerkbar, Ricardo Amorim hat die Haare ab, das einstige Latin Lover-Duo des Gothic Metal hat ein wenig den Reiz verloren. Was aber angesichts wunderbar sinnlicher Soli dieses Mannes nun nicht ins Gewicht fiel, bekanntlich macht der Ton die Musik und der flutete kristallklar die Szenerie.
Als wollte auch Pedro Paixao etwas weg von dem Image trug er streckenweise einen Spitzhut der Ritchie Blackmore gut gestanden hätte. So märchenhaft wie dessen Folkausflüge waren war auch das Setting des Tastenmannes, allerdings eher Schauermär, was nun perfekt zur Darbietung passte. Sein Keyboardständer in Form von Orgelpfeifen hätte in der Art aus jedem Vincent Price-Film heraus geknibbelt worden sein können. Wobei auch er den Kontakt nach vorne suchte, wenn er an der zweiten Gitarre ran durfte.

Erzählen tat die schaurig-schönen Stories Fernando Ribeiro, der mit etwas kürzeren grauen Haaren und Vollbart überraschend jünger wirkte. Mit seinen Händen malte er die Stimmung der Songs in die Luft, wand sich in den Emotionen, um bei den harsch gebellten Vocals mitsamt Mikroständer nach vorne zu preschen. In den Momenten machte sich die Qualität des neuen Schlagzeugers Hugo Ribeiro bemerkbar, der eine neue Wucht einbrachte, die mehr Strahlkraft verlieh. Mit seinem Charisma war es dem Sänger leichtes das Publikum abzuholen, immer wieder stand er beschwörend im Gegenlicht und zelebrierte die Messe. Karlsruhe gab die wunderbaren Melodien lautstark zurück, um am Ende mit den großen Epen endgültig dahinzuschmelzen.

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Setlist MOONSPELL:
Opium
Awake
Extinct
Night Eternal
Finisterra
Everything Invaded
The Future Is Dark
Nocturna
Breathe (Until We Are No More)
Alma Mater
Full Moon Madness

DARK TRANQUILLITY
Boten die Südeuropäer schon einige optisch Reize, so wurden die Headliner diesem Status dann mehr als gerecht. Auf der Stelle von deren Drumkit stand das Keyboard von Marton Brandström, hinter dem Riser enthüllte die Crew drei LED-Screens und Lichtbatterien dazwischen. So grell wie die Bühnenshow geriet dann der Auftakt, der aus dem neuen Werk stammte, welches zur Hälfte aufgeboten wurde. Nun konnte der volle Platz genutzt werden, den der Sechser auch in Anspruch nahm, wobei das alles frisch und wenig einstudiert wirkte.

Chef im Ring von der ersten Sekunde an natürlich Mikael Stanne, der in Jeans und Lederjäckchen über die Bretter tänzelte und dabei bester Laune war. Doch wehe, wenn er losgelassen, dann beugte er sich urplötzlich nach vorne und taxierte die vorderen Reihen. Seine Armbewegungen wirkten ebenso rund wie wild, wie zuvor der gute Fernando so nutzte auch er die Gestik als Stilelement, diese charakteristischen Moves sind einzigartig.
Stimmlich war er ebenfalls in bester Verfassung und gab selbst den tiefsten Grunzern noch diesen Hauch Melodie und Erhabenheit mit. Kein Wunder, dass ihm die Menge aus den Händen fraß, welche er mit seinen teils launigen, teils ernsthaften Ansagen unterhielt. Die größte Stärke eines der besten Metalfrontleute dürfte nämlich seine Bindung zu den Fans sein, oft saß er kniend ganz vorne an der Rampe, um mit ihnen auf Augenhöhe zu sein.

Um ihn herum schwirrte die Saitenfraktion, die mittlerweile von Johan Reinholdz angeführt wird, der einst nur als Livemusiker angeheuert wurde. Doch er entwickelte sich zum zweiten Fixpunkt, seinen trainierten Körper wusste der Hüne in Szene zu setzen, seine Erscheinung wirkte noch mehr, da er einen ähnlichen Zug zu der Meute hatte. Brillieren durfte er auch bei den Soli, wo die Brust noch ein bisschen stolzer geschwellt wurde.
Da konnte sich Peter Lyse Hansen von HATESPHERE gut einfügen, der nun quasi die Rolle von Reinholdz übernommen hat. Mit einem Grinsen wie ein Honigkuchenpferd verrichtete er seinen Job und nutzte den Raum der sich ihm bot. Christian Jansson war am Langholz genauso viel unterwegs, wobei er etwas gemächlicher umher schritt. Dabei hielt er sein Spielgerät immer wieder aufrecht und beugte sich synchron dazu weit nach hinten.

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Was überrascht wie sehr das komplett runderneuerte Line-Up funktionierte, selbst von der Besetzung, die zwischen 2016 bis 2023 aktiv war, ist heute nur noch die Hälfte dabei. Dennoch kamen die typischen Göteborger Leads punktgenau, pfeilschnell wurden sie in die Menge geprügelt, welche diese energetisch umsetzte. Mit dem selben präzisen Speed war Joakim Strandberg-Nilsson unterwegs, der Gründungsmitglied Anders Jivarp ersetzte. Unten ratterte die DoubleBass, während oben nur so die Arme flogen und mit vielen Breaks zusätzliche Nuancen eröffneten.

Auf der rechten Seite des Risers setzte Brandström die Gegenparts, harmonisierte die forschen Klänge seiner Mitstreiter und legte den Tepic aus, auf dem Stanne seine Melodien entfalten konnte. Mit lässiger Eleganz flogen die Finger über seinen relativ kleinen Synthesizer, öfter reichte auch ein, was auch ihm Freiheiten zum Posing ermöglichte. Wenn seine Klänge das geschehen bestimmten, wenn die Flächen herauf zogen erzeugte die Lichterflut in seinem Rücken sehr schöne Bilder, Varilights und Projektionen auf den Bildschirmen waren stimmungsvoll aufeinander abgestimmt.

Kein Wunder, dass das Substage nun richtig steil ging, wo noch Platz für Pits gefunden wurde gehört zu den größten Fragen unserer Zeit, vielleicht rissen die Crowdsurfer das ein oder andere Loch. DARK TRANQUILLITY haben mittlerweile eine Größe erreicht, da gab es schon Reaktionen, die eher an Stadion denn an die todesmetallischen Wurzeln erinnern. Das ging auch nicht an den Muckern vorbei, die das erfreut zur Kenntnis nahmen.
Natürlich herrschte bei den alten Gassenhauern von Mitte der Nullerjahre der meiste Alarm, aber auch die neuen Titel fügten sich gut ein. Zur Gänze ausgespart wurde das Frühwerk, man setzte beim Hit von „Projector“ ein, dessen Refrain am Ende des regulären Sets wirklich von allen Anwesenden mitgesungen wurde. Die ganz großen Klassiker hatte sich die Truppe im Anschluss für die umjubelte Zugabe aufgehoben.

Setlist DARK TRANQUILLITY:
The Last Imagination
Nothing To No One
Wayward Eyes
Unforgivable
Hours Passed In Exile
The Dark Unknown
Final Resistance
Cathode Ray Sunshine
Atoma
Shivers And Voids
Not Nothing
Empty Me
Our Disconnect
Phantom Days
ThereIn
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The Wonders At Your Feet
Lost In Apathy
Misery´s Crown

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