IQ - Aschaffenburg

01 IQ tourflyerKonzert vom 27.01.2023

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IQ

Ob es am Hunger der Post-Covid-Ära lag oder generell daran, dass der altehrwürdige Colos-Saal eine Heimstätte für die britischen Progger ist, lässt sich schwer sagen. Jedenfalls waren zwei Abende am letzten Januarwochenende restlos ausverkauft. Eine Veranstaltung, die es so schon öfter in England gab, nun auch auf dem Festland ausprobiert wurde, könnte zum Erfolgsmodell werden. Für Bands, die eine enge Bindung zu ihren Fans haben wird es zunehmend schwerer die richtige Setlist zusammen zu stellen, weswegen man die Spielzeit auf zwei Abende verteilt. FFM-ROCK war am ersten der beiden vor Ort und mischte sich unter die beinharten Anhänger, die größtenteils beide Konzerte gebucht hatten.

Für den Autor war es der erste Besuch in Aschaffenburg seit mehr als eineinhalb Jahren, umso schöner zu sehen, dass die alte Crew im Team von Claus Berninger komplett wieder am Start war. Auch das Publikum war ganz genau jenes, das mich vor der dunklen Zeit begeistert hat. Schon in den letzten Minuten vor der Show wurden die Gespräche unter den normalerweise redseligen Proggies eingestellt und die Band lautstark angefeuert. Nach und nach erschienen die Fünf auf der Bühne, auf der hinten eine dreigeteilte Leinwand interessante und stimmige Installationen die Musik unterstrichen. Je nach Song kamen entweder Filmsequenzen oder sich kaleidoskopartig verändernde Zeichnungen.

Mit „Widow´s Peak“ holte die Formation gleich zu Beginn einen der Klassiker schlechthin aus dem Köcher, was die gute Stimmung im Auditorium noch mehr erhöhte. Ein Parforceritt durch alle Elemente, welche die Band ausmachen und sich seinerzeit bereits auf dem zweiten Album „The Wake“ manifestierten. Richtig Leben in die Bude kam mit dem folgenden Titeltrack ihres „Subterranea“-Opus, bei dem viele den Chorus lauthals mitsangen. Wenn man IQ eines vorwerfen kann, dass sie zu wenig solcher euphorischer Momente in ihrem Schaffen kreiert haben, was der breiten Masse stets den Zugang etwas erschwerte, einzig „Leap Of Faith“ bot sich da noch an.

In jener Theatralik ging aber Frontmann Peter Nicholls auf, der die großen Gesten mit einer gehörigen Portion britischem Understatement brachte. Noch schicker verpackt als seine Mitmusiker mit schwarzer Krawatte zum restlichen schwarz suchte er in den Songs weniger den Kontakt zum Publikum, sondern unterstrich mit seinen Bewegungen die Atmosphäre der Songs. Besonders auffällig natürlich die weißen Handschuhe in „The Road Of Bones“ mit welchen er sich zum Schein selbst erwürgte. In das Titelstück jenes Longplayers streute Mike Holmes auch ein paar härtere Anschläge auf den sechs Saiten ein, zu denen er auch ein anderes Arbeitsgerät wählte.

Er war es auch, der außerhalb der Ansagen die meiste Bindung zu den Fans hatte, weit nach vorne kam, öfter lächelnd aufblickte, während er ansonsten in sein Spiel versunken war. Das offenbart die ganze Magie der Truppe, auf die man sich einlassen muss. Von feinen, fast gespenstischen Leads über cleanes Picking ging es über verschachtelte Riffs bis hin zu den wunderschönen Solopassagen, in denen er mit Brille ganz wie ein Professor wirkte, der alles perfekt hinberechnet. Wobei sein Ton keinesfalls berechnend war, sondern mit unglaublich viel Gefühl durch die Songs schwebte. Sogar groovige Passagen waren ihm nicht fremd, die wurden aber immer in den dichten Gesamtkontext eingepflegt.

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Am meisten lebte die Musik vom Wechselspiel zwischen ihm und Keyboarder Neil Durant, die sich ihre Parts zuspielten. Die flossen so perfekt und ansatzlos ineinander über, dass man gar nicht hinterher kam wem man auf die Finger schauen sollte. Zudem vermochte sich die Formation auch zurück zu nehmen und ein Instrument phasenweise komplett auszublenden, was für noch mehr Dynamik sorgte. Durant nutzte seinen Prophet-6 nur sehr wenig, die meisten Sounds entlockte er seinem Obernheim, den man heute leider nur noch selten sieht. Die größeren Schauwerte hatten die flinken Läufe, die schwebenden Mellotronanklänge ließen den Zuschauer dafür richtig abheben.

Natürlich waren das die Höhepunkte wenn sechs Saiten und Tasten komplett verschmolzen und den Raum einnahmen. Paul Cook wusste das noch zu steigern und akzentuierte mit seinen Breaks das Geschehen zusätzlich. Wie er seine Sticks über das gesamte Kit rollen ließ war wunderbar anzuschauen, doch auch mit seinen fordernden Beckenschlägen konnte er überzeugen. Sein Rhythmuspartner Tim Esau hatte nicht nur ein ganz dickes Langholz in der Hand, die Töne, die er drückte waren ebenso. Wilde Abfahrten suchte man bei ihm vergeblich, meist gab er den Songs mehr Tiefe oder setzte auf einfach melodische Läufe, welche den Untergrund für die Leadinstrumente bereiteten.

Vom Klang her waren die beiden etwas zu präsent, was vor allem zu Lasten von Nicholls ging, der etwas zu sehr in den Hintergrund gemischt wurde. Vielleicht hätten dem ansonsten klaren Klang ein paar Dezibel weniger nicht geschadet. Dem ideal aufeinander getimten Spiel schadete dies indes nicht, IQ kamen so perfekt auf den Punkt, einfach großartig da zuzusehen und hören. Gerade solche Musik benötigt diese Perfektion, der dann auch ein wenig die Aktivität auf der Bühne geopfert wurde. Doch so hochkonzentriert will es eben der geneigte Prog-Fan haben, sehen wie Musiker völlig mit ihren Kompositionen eins werden und Klangwelten entstehen lassen, in die man eintauchen kann.

Die stammten zumeist von „Subterrenea“, dessen „Failsafe“ den Abend nach 130 Minuten beschloss. Gerade im sehr konzertanten Mittelteil wurden die großen Longtrack-Epen aufgeboten, während es am Folgetag kein Song aus dem Album in das Set schaffen sollte, das vor allem die frühe Phase beinhaltete, und von „The Wake“ drei komplett andere Nummern aufbot. An jenem Abend gab es überraschend viele Lieder aus der Paul Menel-Ära, „No Love Lost“ wurde in der Zugabe als kleiner Hit begrüßt. Aus der aktuellen Scheibe wurden an beiden Abenden mit „Stay Down“ und dem tollen „Shallow Bay“ die zwei gleichen Nummern gespielt. Dass allerdings „Dark Matter“ komplett außen vor blieb enttäuschte schon ein wenig.

Das war allerdings ein kleiner Wermutstropfen in dem Doppelevent, bei dem alle Anhänger voll auf ihre Kosten kamen, wie eingangs erwähnt konnte man es ohnehin keinem ganz recht machen. Es war eben vielmehr die Art und Weise der Darbietung, die Musikliebhaber mit der Zunge schnalzen ließ. Die feierten die Band ohne Ende ab und sangen viel mit ohne dass der Frontmann sie hätte auffordern müssen. Gegen Ende gab es ein Bombardement aus Luftschlange und Luftballons Richtung Bühne. Nicholls wunderte sich etwas über die Gebräuche in deutschen Landen, Holmes hingegen hatte sichtlich Spaß komplett behangen weiter zu zocken und auch mal zurück zu werfen. Ein wenig traurig waren wir schon heim zu müssen, in den Hotellobbys der Stadt wurde bestimmt noch lange fachgesimpelt.

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Bilder von Jutta Bradtke

 

Weitere Bilder von der Show gibt es >hier<

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