SAGA - Aschaffenburg, Colos-Saal


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Support: The Urge
Konzert vom 19.11.07

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www.sagaontour.ca
www.theurge-rock.com

An einem Montag Abend ausverkauft. Wann hat es das im ehrwürdigen Colos-Saal zu Aschaffenburg wohl zum letzten Mal gegeben?

Anlass zur plötzlichen Mobilität des schläfrigen Rockpublikums gab der Abschied von Michael Sadler, der an diesem Abend zum letzten Mal gemeinsam mit seinen Bandkollegen von Saga in unseren Breitengraden im Rampenlicht zu bestaunen war, bevor er sich nach Abschluss der "10.000 days Tour" ins Privatleben und Familienidyll zurückziehen wird.

Doch bevor es soweit ist, betritt ein weiterer legendärer Name die Bretter des nordbayrischen Rockmekkas. Sir John Miles......Junior(!) versucht mit seiner jungen Truppe The Urge in die Fußstapfen seines alten Herrn zu treten und zeitgleich dessen Schatten zu entkommen. Nicht am Keyboard, sondern an der Leadgitarre und nicht im Rampenlicht, sondern fast schon schüchtern am Bühnenrand agiert der Sohnemann. Den Mittelpunkt des Geschehens überlässt er dabei unangefochten seinem gut aufgelegten Rhythmusgitarristen und Leadsänger in Personalunion Johnny Boyle der sich trotz mitreißendem Enthusiasmus sicher durch die hohen Tonlagen bewegt und mit teils lasziven wie auch bierseligen Kommentaren das Publikum auf seine Seite zog. Dennoch hatten die Jungs einen relativ schweren Stand. War ihre Musik wohl einen Tick zu forsch für den ein oder anderen alteingesessenen Saga-Fan, für den eine Vorgruppe eher ein Störfaktor als ein Bonbon ist. In den vorderen Reihen gingen indes nach wenigen Takten bereits die Köpfe mit und nach kurzer Bedenkzeit nickte man sich zustimmend zu. Da eine Band, die ihr Debutalbum betourt, nicht unbedingt davon ausgehen kann, dass das Auditorium ihre Songs kennt und mitsingt, ist der Applaus zwischen den Songs ein gutes Barometer und eben dieser steigerte sich von Mal zu Mal.

Nach einer etwas zu langen Umbaupause kamen die Altmeister des gefühlsbetonten ProgRocks auf die Bühne. Zwar trägt man die Gitarren heuer bauchbedingt etwas weiter vom Körper, doch hat man an Agilität über die Jahre nichts eingebüßt. Man kommt zwar schneller ins Schwitzen, aber dafür hat ein Hemd ja Knöpfe ... was bei Gitarrist Ian Crichton bereits von Anfang an prophylaktisch nur dreiviertels zugeknöpft war. Die gesamte Altherrenriege und vor allem Herr Sadler zeigten, dass Alter nicht vor Spielfreude und Engagement schützt und sind vielen der jungen Wilden in Sachen Interaktion wohl mindestens 10.000 Tage voraus. Das Gänsehautfeeling stellt sich bereits mit dem ersten Ton ein. Bassmann Jim Crichton hüpft über die Bühne, als habe er die letzten 30 Jahre in einem Jungbrunnen gebadet, sein Bruder Ian, Drummer Brian Doerner und Keyboard-Gott Jim Gilmour profilieren sich in ausladenden Solodarbietungen ohne lästig zu werden und über allem thront ein majestätischer Frontmann mit seiner noch immer makellosen Stimme. Und bereits nach wenigen Songs hat man vergessen, aus welch traurigem Anlass man eigentlich hier ist. Auch von der Bühne vernimmt man kein einziges melancholiegeschwängertes Wort des Abschied, sondern vielmehr tausend Danksagungen für den treuen Support der vergangenen 30 Jahre und die sympathischen Versuche von Michael Sadler, seine Ansagen in deutscher Sprache vorzutragen. Bei der Songauswahl bedient man an diesem Abend voll und ganz das Verlangen des Publikums nach Klassikern vergangener Tage, auch wenn man mit "10.000 days" ein wirklich starkes Album in der Hinterhand hat. Den ein oder anderen Song aus der Neuzeit trägt man dann doch vor und siehe da, nicht nur die Band scheint ihre jüngst gezeugten geistigen Kinder zu genießen. Als sich SAGA erstmals von der Bühne verabschieden, werden sie nahezu panisch zurück auf die Bretter beordert. So einfach will man sie nicht gehen lassen. Dieses Schauspiel wiederholt sich nach dem ersten Zugabenblock und es hätte wohl die ganze Nacht so weitergehen können, wäre nicht irgendwann die Hallenbeleuchtung eingeschaltet worden und die Ära Sadler, zumindest was Nordbayern angeht, beendet worden.

Ein genialer Abschied eines noch viel genialeren und über alle Maße erhabenen Frontmannes. Erheben wir nun unsere Gläser in stillem Gedenken....

                                                                                                                        Foto: Britta Stippich

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