SPACE PARASITES
Mailer vom 29.01.22
Interviewpartner: Danger Dine (voc., mitte), Iron Dashke (git., links)
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SPACE PARASITES
Noch völlig weggeflasht vom SPACE PARASITES-Zweitling 'The Spellbound Witch' dachte ich mir, nach intensivem Hörgenuss jetzt ist Zeit für ein spontanes Interview mit der Berliner Heavy/Thrashcombo, die ein richtig fettes Oldschool-Brett hingelegt hat und für mich zu den heißesten Newcomern hierzulande gehört.
FFM-Rock:
Zunächst einmal Gratulation für dieses gelungene mich von Anfang bis Ende begeisternde Album. Frischer Wind tut der Heavy Metalszene gut, gerade in einer schwierigen Zeit wie dieser, deren Ende so schnell nicht absehbar ist, umso mehr. Wenn ihr Bock auf ein Interview habt, gilt es nun, einige Fragen zu beantworten.
SPACE PARASITES:
Hey,wir sind die Space Parasites.
FFM-ROCK:
Erzählt mal etwas zur Bandgeschichte. Was hat euch bewogen, eine Band zu gründen und wie seid ihr auf den Bandnamen SPACE PARASITES gekommen?
Nadine:
Diana und Willi sind schuld. Die beiden hatten schon angefangen, zusammen Musik zu machen und fragten dann Daschke, ob er nicht Lust hätte, eine Metal Band zu gründen. Da leuchtete sofort ne Lampe. Klar. Das war Anfang 2017. Im weiteren Verlauf wurde den dreien schnell klar, dass sie eine Sängerin wollten. Gibt ja nicht so viele in unserem Bereich. Die Einzige, die mit Kutte rumrannte und an die sie sich erinnern konnten, war Nadine. Also haben sie mich gefragt. Dann wurden ein paar Songs rübergeschickt mit Text, dann trafen wir uns. Es funkte. Wir hatten zwar am Anfang keine Ahnung, ob das so funktionieren würde und haben uns daher erst mal immer nur stundenweise in Proberäumen eingemietet. Das war allerdings ziemlich fix vorbei. Kurze Zeit später nahmen wir unser Demo „A date with Thrash Doctor“ auf. Ganz klassisch im Keller, wir machten alles allein. Dann kam „Raw and Violent“. Auch in Eigenregie, nur ein paar Etagen höher diesmal. Das war krass. Fünfeinhalb Tage, ein Tag Bass, ein Tag Drums, 23 Stunden Gitarre an zwei Tagen, Daschke hat das ja allein gemacht, Rhythmus und Lead. Ich hatte zehn Stunden für die 14 Songs. Ich glaube, danach wollte ich nur weg. Hahahahaha
Uns war ziemlich klar, dass wir einen zweiten Gitarristen brauchten und wollten. Allerdings ist es gar nicht so einfach jemanden zu finden. Man wird ja auch komisch im Alter, und hat ziemlich klare Vorstellungen von dem, was man machen möchte. Kurz nachdem „Raw and Violent“ veröffentlicht war, hatten wir schon die Songs für die nächste Platte im Kopf.Jetzt wurde es Zeit. Dann kam Matti zu uns, September 2020. Eigentlich war schon klar, dass er bleibt, er spielte den ersten Ton an, es war klar.
Space Parasites, nun ja. Find mal etwas, das hängen bleibt. Heutzutage darf es auch nicht mehr zu lang sein. ;) Man sollte ja designmäßig auch etwas daraus machen können, es sollte dreckig und thrashig klingen. Gemein, etwas, das dich in deinen Träumen verfolgt, an deinem Hirn saugt, dich wahnsinnig macht. Space Parasites!
FFM-ROCK:
Aus welchen Quellen bezieht ihr Inspirationen für eure Texte?
Nadine:
Aus Büchern, Filmen. Manchmal auch aus Gesprächsfetzen auf der Straße. Da kann man lustige Sachen hören. Auch aus Anlässen, die einen wütend machen - „And again...“ ist so ein Fall. Als ich den schrieb, war ich ziemlich sauer. Es war nicht meine Absicht, dass der Text tatsächlich vertont wird, ich schickte den an die Band mit den Worten: „und hier der hidden Track“. Ha! Jetzt isser da. :) Ich bin ein großer Fan von Lovecraft, Howard, King, Gaiman und vor allem Poe. Poe führt einen automatisch zu all diesen düsteren Verfilmungen mit Vincent Price. Ich liebe diese alten Filme, die Thriller Reihe mit Karloff. Die ganzen Dracula Verfilmungen. Oder aber auch Errol Flynn. Ich weiß nicht, ob das alles daher kommt. Als Kind schrieb ich schon Geschichten, über Monster und Hexen. Vielleicht wohnt das einfach in mir. Manchmal kommt es eben heraus und fließt in meine Hand.
FFM-ROCK:
Wo liegt der entscheidende Unterschied zwischen eurer Demo-EP 'A Date with Thrash Doctor', dem 'Raw and Violent'-Debüt und dem aktuellen 'The Spellbound Witch'? Die beiden ersteren Releases klingen ruppiger, das aktuelle Album hingegen variabler und ausgereifter, doch dazwischen gibt es sicher noch einiges mehr worauf die dazwischen liegende Entwicklung deutet.., zumal aus der früheren Thrashcombo eine Heavy/Thrashkapelle geworden ist, deren Stilistik Freiraum für eine Menge kreativer Ideen lässt...
Daschke:
Beim Demo waren die Kompositionen recht simpel. Die Grundstruktur hatte gereicht, es wurde nix groß ausgearbeitet. Es mussten ja erst mal Songs her. Die "Raw and Violent" baute darauf auf (die Demosongs sind ja da auch neu vertont mit drauf). Allerdings ist sie ja wirklich sehr ruppig, was einfach an der Tatsache liegt, dass viel zu viele Songs, in viel zu wenig Zeit eingespielt wurden. Bei der "Spellbound Witch" haben wir daraus gelernt. Allein für die Komposition der Songs habe ich viel mehr Zeit investiert, bin wirklich immer wieder ins Detail gegangen und habe rumgedoktort bis ichmit den musikalischen Arrangements zufrieden war. Als Matti dann kam, waren die Songs zwar fertig,er hatte dann aber hier und da noch die Kirsche auf die Torte gesetzt. ;) Das Studio hatten wir auch ein Jahr vorher gebucht, wir hatten also genügend Zeit alles wirklich zu üben. Dazu wurde es von einem erfahrenen Produzenten in einem Top-Studio produziert. Und es waren halb so viele Songs in doppelter Zeit. Die "Spellbound Witch" zeigt auf jeden Fall, wohin die Reise mit uns in Zukunft gehen wird...es ist einfach richtig geil, das zu spielen, worauf man richtig Bock hat! Satten, schnörkellosen, rauen Heavy Metal, gerne mit Thrashkante!
FFM-ROCK:
Nadine, du hört auf den Spitznamen 'Danger Dine', das heißt übersetzt gefährlich, worauf im speziellen bezieht sich dieses Attribut?
Nadine:
Das hört man doch. Ich bin eigentlich ganz nett und lieb. Und normal – gnihihihihi – Ich habe sogar Lampenfieber. Irgendwann hatten wir die Idee, uns Bühnennamen zu überlegen, ich hatte selbst keine Ahnung und fragte meinen besten Kumpel Lenin. Wir alberten herum, er kam auf die Idee, mit Danger Dine. Wir kennen uns fast 30 Jahre und haben viele verrückte Sachen hinter uns. Ich denke, diese Gefährlichkeit bezieht sich auf meine Stimme, ich kann ziemlich laut werden. Auch, wenn ich nur spreche.
FFM-ROCK:
Was hat es mit der Hexe auf dem Albumcoverartwork auf sich, deren Spirit das Album prägt, - gibt es ein Konzept dahinter?
Nadine:
Durch die Lyrics ergab sich dieses Cover fast wie von selbst.Wir hatten auf „Raw and Violent“ schon einen Hexensong - „Children of the witch“ - wir wollten das Thema weiter ausbauen. Ich kam mit den Lyrics um die Ecke, das fließt bei mir wie von selbst. Die "Spellbound Witch" steht ein wenig für uns selbst, wenn man nicht hineinpasst, sich nicht formen lassen will. Eine rasende Wut, nach Vergeltung lechzende, unbequeme, verwunschene Hexe. Daschke hatte die Idee schon bei „Raw and Violent“, das Cover selbst zu malen, allerdings fehlte da die Zeit. Hier ging es, nicht zuletzt durch die Covid Pandemie, ruhiger zu. Auch ist diese Dame durchaus nicht zu unterschätzen, die Hexe forderte mehr Aufmerksamkeit. Ihr Zorn und ihre Feindseligkeit wollte gut verpackt werden, sichtbar und spürbar sein.
FFM-ROCK
Ihr habt, wenn ich das richtig sehe, lange nach einem zweiten Gitarristen gesucht und schließlich in Matti gefunden, d. h. ihr klingt variabler denn je. War das der Hauptgrund um die Position der zweiten Gitarre ins Bandgefüge mit einzubeziehen?
Nadine:
Nachdem „Raw and Violent“ im Kasten war und wir schon an den neuen Songs arbeiteten, war uns ziemlich schnell klar, dass eine zweite Gitarre her muss. Auf der ersten Platte spielte Daschke alle Songs selbst ein. Das hat live bis dahin auch relativ gut funktioniert. Bei „The Spellbound Witch“ hingegen wurde es wesentlicher detailreicher, komplexer, alles in allem runder. Beim Komponieren fiel Daschke schnell auf, dass das live nicht mehr machbar wäre. Klar, Du kannst alles selbst machen, im Studio, da hast Du alle Freiheiten. Aber live ist eben eine
ganz andere Nummer. Und wenn Du so eine kraftvolle Platte verkaufen willst, musst Du live auch so klingen, der Sound muss genauso fett sein. Man spielt einfach flüssiger. Außerdem bringt ein zweiter Gitarrist auch viele Ideen mit rein. Die fehlenden i-Tüpfelchen. Wenn man, wie wir, den passenden Gitarristen findet, wird das Ganze einfach nur abgerundet.
FFM-ROCK:
Wie seid zu dem Labeldeal bei IRON SHIELD Records gekommen? Zweifellos ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunft, der euch weiter bringt.
Nadine:
Wir hatten schon mit „A date with Thrash Doctor“ die Idee uns ein Label zu suchen und fragten da auch schon an. Allerdings sagte Duck da leider nein. Bei unserem ersten Langspieler, den wir ja in Eigenregie aufnahmen und vertrieben, war uns bewusst, dass wir das nächste Album unbedingt mit einem Label veröffentlichen wollten. Man hat einfach mehr Möglichkeiten mit einem Label. Es steigert einerseits den Bekanntheitsgrad der Band und natürlich die Verkaufszahlen ungemein. Iron Shield Records war schon immer attraktiv für uns. Duck ist in Berlin, das macht vieles einfacher. Wir schickten Duck dann das fertige Album „The Spellbound Witch“, er kam rum, hat uns beim Proben besucht, und alles war geritzt. :D
FFM-ROCK:
Welche Bands haben euren Weg musikalisch beeinflusst? Sicher eine Menge Bay Area Thrash, wahrscheinlich ebenso US-Metal, NWOBHM und einiges aus der Teutonenstahlschiene... Hymnen wie „Cross The Line“, „Spellbound Witch“ und „He-M-An“ gelingen einem nicht jeden Tag, bei letzterer musste ich sofort an GRAVE DIGGER's unverzichtbaren Rausschmeisser 'Heavy Metal Breakdown' denken, dessen Refrain eine ähnlich deutliche Sprache mit zugehöriger Attitüde spricht. „And Again“... lässt ebenfalls staunen, da erinnert der zunächst das Tempo gewaltig bremsende danach in stufenweise umschlagende atmosphärische Spannungsbogen an ein gewisses Stück der frühen Ära von METALLICA, es weckt Erinnerungen.
Daschke:
Also meine erste Schallplatte habe ich mir 1989 geleistet, das war Alice Cooper ́s „Trash“. Da war es um mich geschehen. Dann kamen W.A.S.P., Megadeth, Kreator, Metallica, Priest, Helloween, Manowar und all die Klassiker. Die geilsten Scheiben sind einfach aus den 80gern bis frühe 90er. Die für mich persönlich größte Inspiration sind Megadeth, genial! Die Anzahl der Noten ist ja nun mal begrenzt und daraus baut man dann eben die Arrangements. Und was man täglich hört, prägt auch das, was man musikalisch baut. Ich bin da auch gar nicht so statisch, was die Subgenres angeht. Auf jeden Fall ist es supergeil, wenn jemand bemerkt, dass unsere aktuelle Scheibe ihn oder sie an die 80er-Nummern erinnert! Authentizität finde ich am wichtigsten, aber bei allem was man macht. Wir wissen auch, dass Nadines Gesang polarisiert, entweder man mag ihn direkt, oder eben nicht. Aber das ist uns ziemlich Wurst. Wir haben exakt auf diesen Sound Bock und machen entsprechend weiter.
FFM-ROCK:
Was tut ihr außerhalb der Band? Von der Musik allein lässt sich bei der gewaltigen Konkurrenz auf dem Markt kaum leben...
Nadine:
Schön wäre es. Hahahaha
Daschke arbeitet hauptberuflich als Tätowierer in seinem eigenen Laden – Iron Circus Tattoo.Willi ist Sanitäter und Krankenwagenfahrer. Diana ist bei Veranstaltungstechnik und Bühnenbau beschäftigt.Matti arbeitet als Medientechnologe im Digitaldruck. Ich zerschraube alte Motorräder aus DDR Zeiten und kümmere mich um die Bücher in Gabors MZ Laden.
FFM-ROCK:
Wie geht es künftig weiter, sind einige Termine für Live-Auftritte geplant und mit welcher Band würdet ihr gern mal auf Tour gehen?
Nadine:
Aktuell haben wir nur einen Gig geplant. Im Moment ist es noch schwierig an Konzerte zu kommen. Durch Covid ist man dieses Jahr immer noch sehr zaghaft, was das Booking betrifft, bzw. sind die Festivals seit zwei Jahren voll. Wir versuchen natürlich an Auftritte zu kommen, einfach ist es nicht. Vielleicht ändert sich das ja, wenn die aktuelle Scheibe gut angenommen wird. Im Juli treten wir beim Metal Gods Festival in Berlin Hoppegarten auf.
FFM-ROCK:
In eurer seit 2017 bestehenden Bandhistorie gab es vielleicht schon das ein oder andere Kuriosum, eine Anekdote oder besondere Ereignis, dass euch unabhängig ob positiv oder negativ in Erinnerung geblieben ist, fällt euch dazu etwas ein?
Nadine:
Als erstes wäre da natürlich unser Auftritt in Athen zu nennen. Das war unsere erste große Reise als Band. Bei diesem Konzert wurden Spenden gesammelt und es fand in der dortigen Uni statt. Als wir spielten, flogen die ganze Zeit leere Bierdosen auf die Bühne. Das war ziemlich strange für uns, da wir das nicht kannten. Irgendwer erklärte uns, je mehr Dosen fliegen, umso besser findet uns der Crowd. Es war echt wild. Unser letztes Konzert, bevor alles zum Stillstand kam, Dezember 2019, hatten wir die glorreiche Idee, rohen Knoblauch vor dem Konzert zu essen. Keine Ahnung wie wir darauf kamen. Wir saßen also da rum und stopften uns mit Knoblauch voll. Jeder, der vorbei lief, rätselte, wo es das Essen gäbe, was so toll nach Knoblauch riechen würde. Irgendwann liefen die Leute vorbei und kommentierten nur noch den Gestank, der aus unserer Ecke kam. Hahahaha es war grandios.
FFM-ROCK:
Bereits zu 80er-Zeiten hatte die Berliner Metalszene immens Potential, und gerade momentan tut sich wieder eine Menge. Wie seht ihr die gegenwärtige Entwicklung der Heavy Metalszene?
Nadine:
Hmm, naja. Schwierig, man war ja jetzt nicht aus um auf Konzerte zu gehen. Aber wir denken, die sitzen alle noch in ihren Bunkern und warten auf Konzerte und Treffen. Durch die ständigen Schließungen und /oder von Schließung bedrohten Clubs ist es in Berlin immens schwierig geworden. Wir werden sehen und berichten.
FFM-ROCK:
Das letzte Wort gehört euch, wenn ihr den Fans etwas wichtiges mitteilen wollt, hier ist die Gelegenheit:
SPACE PARSITES:
Fernseher aus, Musik an! And stay HEEEEEAAAAAVY!
Danke, das ihr etwas Zeit für meine Fragen investiert habt und Alles Gute für die Zukunft. Hoffentlich sieht man sich bei passender Gelegenheit auf einem eurer Konzerte wie es sich gehört amtlich in Kutte... schließlich müssen zu soviel verpflichtendem Headbangerstoff wie schon die Vorgängerreleases und der aktuelle the „The Spellbound Witch“-Album zweifellos beinhaltet, kräftig Haare fliegen... - Beste Grüße von meiner Wartemit erhobenem Cornuto-Symbol nach Berlin!
Danke für das Interview.
Michael Toscher von FFM-Rock Foto by SPACE PARASITES