ARREST - Hanau, Home Of Alex
Interview vom 11.09.04
Interviewpartner: Alex Weinrauch (voc./g.)
Homepage:
www.arrestmusic.com
F-R:
Kannst du kurz mal die Band vorstellen? Wer macht was im Einzelnen und seit wann gibt es euch hier in Hanau?
A.:
Arrest sind eigentlich existent seit 1992, wobei da erst der Gedanke aufkam, eine Band zu gründen im Sinne von Heavy Metal und Hardrock. 1994 ist die Sache dann eigentlich erst so richtig ins Laufen gekommen. Seinerzeit war da auch u. a. schon der Frank Dolechek (g.), der Ralf Weber (b.) und meine Wenigkeit natürlich auch dabei. Wir sind die wirklichen Gründungsmitglieder, die auch heute noch mit dabei sind. 1994 haben wir dann die ersten Songs komponiert und die ersten Sachen nachgespielt. Es ist dann langsam ins Rollen gekommen. Da war u. a. auch ein Anstoß, wir hatten seinerzeit ein Angebot von einem Kölner Studio, Songs aufzunehmen: Das waren drei Stücke, „Wonderland“, „Dead And Alive“ und „Help Me Just A Little“ – die sind so auf unseren beiden Maxis drauf. Dann haben wir ein paar Konzerte gespielt und haben uns dann entschlossen, nachdem wir dann ein einigermaßen ordentliches Programm zusammen hatten und auch einigermaßen – in unseren Augen – gute Songs, dass wir eine CD aufnehmen. Aber Geldmittel, kennst Du ja, wenige ... na ja gut, dann kam im Prinzip noch 1996 die „Survivers Of The Name“ raus, das ist diese erste Maxi. Michael Binder unser Sänger ist dann ’96 ausgestiegen, weil ihm die Musik zu hart wurde; wobei für heutige Verhältnisse betrachtet, fand ich das gar nicht so hart, aber gut ... jeder hat halt einen anderen Geschmack... – ja, 1999 oder Ende 1998 kam dafür der Jerry Donahue zu uns. Mit ihm haben wir den ersten Longplayer „Incarcerated“ aufgenommen. Das war natürlich für uns eigentlich der richtige Schritt ins professionellere Handhaben dessen, was wir machen. Vorher war’s noch so ein bisschen vorsichtig und „Mal gucken, wie’s läuft“. Die Platte kam raus, einige Konzerte gespielt usw. und dann ist Jerry Donahue wieder zurück in die Staaten und wir standen wieder ohne Sänger da. Norbert Eckert (dr.) ist dann auch ausgestiegen in 2000, weil ihm das alles auch irgendwie zu stressig wurde. Die Anforderungen von uns allen waren eigentlich schon recht hoch. Wie jetzt die Zukunft aussehen sollte? Also ich wollte und die anderen beiden wollten auch nicht mehr weg davon. Wenn du das Ding machst, dann sollte es auch irgendwo schon professioneller laufen, so dass man sagt, also nicht alle fünf Jahre mal eine CD. Nun gut ... sie sind ausgestiegen, da standen wir ohne Sänger da, da kann ich Dir nur mal schnell die Story erzählen, wie ich dann zu dem Posten kam. Das war schon recht amüsant: Wir hatten in 2000 schon die ersten Songs für die „Difference“ aufgenommen bzw. vorproduziert, das war „Big Jim“ und „Dirty Black Hole“ glaube ich, und hatten wie gesagt keinen Sänger, aber ich hatte alle Melodien und alle Texte geschrieben. Ich hatte dann folgendes gemacht, Ich sagte: „Ich fahre in Urlaub, aber bevor ich in Urlaub fahre, mache ich mal die Vorproduktion fertig, so wie ich mir das vorstelle!“ und habe dann die Songs eingesungen, habe sie den anderen einfach geschickt, ohne Kommentar, wer der Sänger ist. Daraufhin bin ich in Urlaub gefahren und dort klingelte das Telefon, „Geil, gefällt uns super, wer is’n des? Den wollen wir mal hören!“ und (lacht) „Den wollen wir mal live hören, ob er’s denn auch so bringt wie auf den Tapes!“ Lange Rede, kurzer Sinn: Die anderen waren dann also überzeugt davon, dass ich das Tape eingesungen habe. Jetzt stellte die große Frage: „Ja, Moment mal, Du kannst ja nicht die Leadgitarre und die Gitarre spielen und dann den Gesang machen, was machen wir da?“ Also, erst mal wieder die Vocals hinten angestellt. 2001 heben wir einen anderen Sänger verpflichtet, mit dem wir aber menschlich, ich will das abkürzen, damit das hier nicht den Rahmen sprengt, sonst erzähle ich hier stundenlang, …das hat einfach nicht gepasst. Nun standen wir wieder vor der Frage: „Was machen wir?“ usw. und dann sind wir wieder zurückgekommen zu dem, was wir ursprünglich schon ein Jahr vorher schon so im Auge hatten, dass ich dann die Platte auch eingesungen habe. Die Besetzung ist nach wie vor existent, wir sind also praktisch im Grundstand zu viert. Ach so, es sei noch bemerkt, dass nach dem Ausstieg von Norbert Eckert der Jerry Mueller als Schlagzeuger dazugekommen ist und diesen Posten auch innerhalb – das muss man auch mal betonen – von acht Wochen voll übernommen hat – also, das war schon eine beeindruckende Leistung.
Stamm der Band – die vier Mann, also Ralf Weber (Bass), Frank Dolechek (Gitarre), meine Wenigkeit (Gesang und Gitarre und diverse Keyboardgeschichten) und Jerry Mueller am Schlagzeug. So haben wir jetzt auch die neue Platte gemacht, die „Night Stalker“. Jetzt wiederum standen wir vor der Frage: „Wie bringen wir das live?“ Wir haben an sich jetzt die Ansicht nach der „Night Stalker“, auch mit dem Label Mausoleum zusammen, das live jetzt wirklich zu reproduzieren, ohne große Abstriche. Wir haben jetzt noch Zusatzmusiker verpflichtet. Wir haben jetzt einen sehr guten Keyboarder und einen Gitarristen. Ja, das ist jetzt so der Werdegang von Arrest, kann ich so im Großen und Ganzen sagen, wahrscheinlich habe ich jetzt eine ganze Menge wieder vergessen...
F-R.:
Wie würdest du euren Musikstil beschreiben und wer ist bei euch für das Songwriting verantwortlich?
A.:
Also, Musikstil beschreiben – Da könnte ich fast eine Gegenfrage stellen – Wie siehst Du’s denn?
F-R.:
... ich hab’s in meinem CD- Review beschrieben... (wir lachen)
A.:
Also, ich würde es mal in den Bereich Melodic Heavy Metal einordnen mit Hardrock-Einflüssen, wobei ich mir da grundsätzlich immer sehr schwer tue. Wir sind bestimmt nicht richtig superhart und wir sind bestimmt auch nicht sonderlich weich. Wir bewegen uns also irgendwo zwischendrin. Wir achten sicherlich sehr viel auf Melodie, deshalb Melodic Heavy Metal. Ebenso auch auf Druck, dass es so’n bisschen ordentlich rumst auf der Platte ... ja so würde ich es einordnen. Zu Deiner zweiten Frage in dieser Frage, wer für das Songwriting zuständig ist – sagen wir es mal so: Primär entwickeln sich aus Jam-Sessions Ideen oder ich habe häufiger mal eine Idee, die ich dann in die Probe einbringe. Und diese Songs, die wir jetzt geschrieben haben, die sind im Grundgerüst, ob Du’s glaubst oder nicht, in streckenweise 1-2 Proben entstanden. Das ist alles sehr bauchmäßig. Wir spielen, wir spielen – bis zu einem Punkt, wo wir feststellen, das gefällt uns nicht, das ist es nicht, dann machen wir mal eine Pause oder so und konzentrieren uns dann auf Klänge von Tonarten. Dann entwickelt sich der Song automatisch und dann steht das grobe Gerüst, also ich sag jetzt mal Rhythmusgitarre, Bass und Drums. Das Finetuning kommt nach der ersten Vorproduktion, dass man sagt, O.K. wir haben jetzt auf einem 8-Spur-Gerät vorproduziert ... dann steht das grobe Gerüst. Jetzt gehe ich her und spiele alles so drauf, wie ich mir das vorstelle und fange an, mit Melodien und Texten zu arbeiten und dann haben wir die Pre-Pre-Production sozusagen und gehen in die zweite Vorproduktion, wo der Song im Prinzip fertig ist und wo wir nur noch würzen. Insofern möchte ich eigentlich sagen, das Songwriting ist schon ein Bandprozess. Ich will da jetzt auch keinen einzelnen rausdeuten, weil ich eigentlich denke, dass die Substanz der Songs von der Band geschaffen wird. Ich spiele keinen Bass, kein Schlagzeug, ich bin zwar für den Gesang, die Melodien, die Texte und auch hier und da für die Sologitarre zuständig, trotzdem spiele ich auch einen Großteil der Rhythmusgitarren nicht und so wie der Song klingt und sich entwickelt, sind ja die anderen Musiker dafür zuständig, insofern Bandprozess.
F-R.:
Ihr werdet nach zwei eigenproduzierten EPs und zwei CDs jetzt Euer neues Album „Night Stalker“ über das Label Mausoleum veröffentlichen. Wie kam es zu dem Deal? Wenn Du darüber sprechen kannst und darfst, dann bitte hier und jetzt ...
A.:
Ja, ich darf darüber sprechen oder ich denke, dass ich darüber sprechen darf, denn es wird ja um Plattendeals immer sehr viel Sphäre gebildet. Es war sehr, sehr einfach ... nicht im Sinne des Zustandekommens. Wie der Deal zustande kam, war doch sehr angenehm und sehr einfach. Also, ich hatte die ersten Vorproduktionen von „Night Stalker“ fertig, hatte sie mir als MP3-Files heruntergezogen, wir hatten ein paar MP3-Files von der „Difference“, ein paar Reviews von der „Difference“ und dann bin ich damit auf verschiedene Labels zugegangen, da war auch Mausoleum dabei. Ich war damals auch sehr angetan davon, weil ich noch aus meiner Kindheit und meiner Jugendzeit Mausoleum als legendäres Label kannte. Damals waren glaube ich Warlock und so Geschichten dort. Dann hat sich die Plattenfirma bei uns gemeldet und hat mir im ersten Anschreiben gleich Rahmenkonditionen genannt. Also die sind auf uns dann zugekommen und haben dann gesagt: O.K., so und so könnten wir uns eine Zusammenarbeit vorstellen, melde Dich mal usw. Daraufhin habe ich noch mal mit ihnen Kontakt aufgenommen und dann hatten wir verschiedene Gespräche, u. a. dann auch eins in Frankfurt, wo dann der Deal geschlossen wurde. Also, eigentlich jetzt nicht so mystisch ... eine ganz harmonische Sache, einfach strukturiert, seriös, sauber. Alles O.K.
F-R.:
Ist der Deal nur für dieses Album?
A.:
Nein, in dem Vertrag sind schon noch weitere Optionen für weitere Alben genannt.
F-R.:
Kannst Du mal etwas über die Produktion des neuen Albums erzählen? Mich würde hier brennend interessieren, warum sich der Schlagzeugsound im Vergleich zur Listening Session anders anhört als jetzt auf der CD. Also, ich finde es ein bisschen gebremst.
A.:
Ja? Kann ich dir schwer beantworten ... das sei jetzt erst mal vorweg gesagt ... ja vielleicht haben wir ... also es ist so: Wir haben nach der ersten Listening Session, wo du im Studio warst, den Gesang noch mal angehoben. Wir haben primär den Gesang noch mal korrigiert. Es kann natürlich dadurch sein, dass im gesamten Mastering-Prozess durch den höheren lauteren Gesang natürlich die anderen Sachen etwas gedrückt wurden, womöglich war der zu der Zeit noch mehr eingebettet und du hattest dann sicherlich im Studio das Gefühl, dass es insgesamt mehr rumst, weil die anderen Sachen lauter waren ... könnte sein, ja ... Ich vermute es mal, denn wir hatten mit dem Mixing und mit dem Gesang dann noch mal gearbeitet. Also ich schätze, dass es darauf zurückzuführen sein könnte. Womöglich, denn am Sound haben wir nichts mehr gedreht. Wir haben eigentlich nur noch am Gesang gearbeitet. Insofern sei das mal so beantwortet, wenn es Dich zufrieden stellt.
F-R.:
Produktionstechnisch ... wie lange habt Ihr für die Aufnahme gebraucht?
A.:
Wir haben am 08. Februar angefangen und sind Ende Mai fertig geworden mit der Platte an sich, also mit dem Mastern usw. Für die Aufnahmen haben wir gebraucht, wenn du es mal so addierst oder kumulativ siehst, ich denke so drei Wochen. Die Basics, also da muss man wieder ein großes Lob auch an unsere Rhythmus-Sektion mal aussprechen, sie standen innerhalb von ca. 3-4 Tagen. Ralf und Jerry sind da schon streckenweise phänomenal, was sie da reinkloppen. Dann kamen die Rhythmusgitarren, da haben wir auch so ungefähr eine Woche gebraucht und dann ging es da halt wieder in diese Feinheiten so rein. Grundsätzlich sei aber gesagt, dass wir dieses Basic-Segment, also teilweise Rhythmusgitarren, primär Bass / Schlagzeug live eingespielt haben. Das hörst du glaube ich auch auf der Platte, wir haben da auch ohne Klick oder so was gearbeitet, angezählt und gib ihm. Das wollen wir immer so haben und das werden wir auch nicht in Zukunft jemals verlassen. So lief das dann. Gesang und Leadgitarre haben dann auch noch mal gedauert, das ist dann wie gesagt immer so dieses Salz in der Suppe und nimmt viel Zeit in Anspruch. Es hat wie gesagt von Februar bis Juni gedauert, bis die Platte dann soweit sauber war.
F-R.:
Ihr habt erstmals in Eurer Bandgeschichte bei den Aufnahmen mit einem Keyboard gearbeitet. Wie zu lesen ist, wird es live auch einen Keyboarder geben. Wie kam es dazu?
A.:
Also, pass auf ... Die Songs haben danach verlangt. Einfache Antwort. Es ist so: Wir hatten die Kompositionen geschrieben, wir hatten die Vorproduktionen gemacht und die Platte ist insofern sehr speziell und sehr persönlich, weil sie sehr viel verarbeitet, was wir während der Zeit der Entstehung erlebt haben. Es sei da am Rande nur erwähnt so menschliche Beziehungstragödien oder Veränderungen wie Trennung oder Fremdgehen und so ein Kram. Der Sound von Keyboards, der Klang oder das, was Strings oder Oboen oder Chöre oder irgendwelche mystischen Klänge noch schaffen können, bringt dadurch noch eine starke Tiefe in die Songs rein. Ich bin jetzt nicht so konservativ Heavy Metal ausgelegt, dass ich sage, es darf nur eine E-Gitarre sein, so dass ich dann bei der Bearbeitung unserer ersten Songstrukturen einfach gesagt habe: O.K., pass auf, wenn ich den Text da im Hintergrund sehe, „Solitary Man“ zum Beispiel oder „Dancing On The Edge Of Chaos“, dann ist da für mich schon soviel Tragik drin. Wenn ich da mit einem Keyboard noch was unterlegen kann, ist es ja nicht dominant. Das Keyboard ist ja mehr dazu da, dass Du praktisch das Bild, das geschaffen wird, noch ausfüllst mit einem Hintergrund, der soviel Tiefe gibt für den Betrachter, dass er sagt: Aja, jetzt spüre ich, was die damit ausdrücken wollen. So kam es zu den Keyboards. Die Songs, die Texte haben danach verlangt, dass diese Mystik, diese Tragik, ich will jetzt mal sagen: Leid, ohne dass Du das jetzt falsch verstehst, rüberkommt. Einfach, was man da erlebt in solchen Phasen. Ich denke, da ist ein Keyboard zum „Würzen“ dieser Sachen wirklich ideal. Gut, wir haben auch eine Ballade geschrieben und „Shadows Behind Me“ ist auch noch so ein Song, die sind auf dem Klavier entstanden. Die Songs habe ich auf dem Klavier gespielt und ja, da gab’s keinen Weg mehr weg (Riesengelächter) Da war es dann eher umgekehrt, dass ich dann überlegt habe, wie kann ich diesen „Klaviersong“ in diesen Hardrock / Heavy Metal – Bereich integrieren, damit das echt voluminös klingt, nicht nur so ein Geplätscher mit Klavier ... So kamen wir zu den Keyboards.
F-R.:
Der Keyboarder ist jetzt fester Bestandteil für Liveauftritte?
A.:
Das ist der Robert Karasek. Mit „Bestandteil“ damit tue ich mich noch ein bisschen schwer, denn das sind „professionelle Leute“, ich kann diesen Leuten nicht vorschreiben, ob sie Bestandteil unserer Band sein wollen, müssen, werden, können... Das wird sich ergeben. De facto ist es so, sie sind extern engagiert und spielen für uns live. Sie sind aber fester Bestandteil der Live-Sachen. Das ist klar, wir wollen, wie gesagt, die Sachen möglichst nahe so reproduzieren wie sie auf der Platte sind. Und das sei gleich vorweg dazu gesagt, es gibt differenzierte Meinungen bei uns in der Band, aber ich bin kein Freund davon, zu sagen: Na ja, wir machen es live halt einfach so, dass es ähnlich oder anders halt klingt. Wir arrangieren es um. Nee, ich denke, die Leute haben einen Anspruch darauf. Du kaufst Dir eine Platte, ich kaufe mir eine Platte und dann fahren wir hin und da ist mords was gemacht worden. Z. B. Metallica „Black Album“ „Nothing Else Matters“ usw. und dann spielen die es so, wie es auch bei einer Schulband klingt oder ein bisschen besser, da sie Profimusiker sind. Da sagst du doch auch: Naja, eigentlich habe ich ja gedacht, auch so ein Knaller, das hätte ich gerne mal live gehört. Ich denke, den Anspruch haben wir irgendwo alle und deshalb sind die Leute dabei.
F-R.:
Du sagst: “Die Leute“. Du hast auch den Namen vorhin schon mal erwähnt. Du hast noch einen Rhythmusgitarristen mit dazu genommen?
A.:
Eine Leadgitarristin ...
F-R.:
Eine Leadgitarristin?
A.:
Ja, erst mal der Keyboarder, das ist der Robert Karasek, der bedient bei uns die Keyboards auf der ganzen Tour bzw. bei den Live-Konzerten und die Sonja Schellenberg ist die Leadgitarristin. Die habe ich über diverse Kontakte intern so kennengelernt und sie hat dann ein Vorspielen gehabt. Audition bei uns und Maßgabe war, Soli zu spielen wie auf der Platte und da hat sie voll überzeugt. Selten, aber beeindruckend, dass eine Frau da in diesem Maße wirklich was leistet.
F-R.:
Also schlussfolgere ich letztendlich, dass du deine Gitarren im Ständer stehen lässt und dich nur noch auf das Singen konzentrieren möchtest?
A.:
Jein, nein, Pass auf, wenn du in unsere Platte reinhörst und ... Arrest schreiben ja bekanntlich keine Songs, die du hörst und sagst: Geil! Sondern eigentlich schreiben Arrest Songs, die du hörst und sagst: Was ist denn das? Dann hörst du es noch mal und sagst: Mmmh ... muss ich noch mal hören. Dann hörst du es noch mal und noch mal und noch mal und irgendwann dann nach etlichem Hören, vielleicht nach 10 mal, beim anderen schneller, sagst du: Eyh, das ist ja gar nicht so schlecht, das gefällt mir gut ... Das heißt: Da ist soviel Gabe drin, da sind soviel Feinheiten drin, dass drei Gitarren auf der Bühne z. B. durchaus denkbar sind. Machen wir auch. Wir haben jetzt auch schon in Dortmund ein Konzert gespielt, wo wir zu dritt gespielt haben und das klingt phänomenal, also nur mal am Rande erwähnt, aber deine Äußerung ist grundsätzlich richtig. Ich werde mich aus vielen Rhythmusgitarrenparts rausziehen, auch aus vielen Leadgitarrenparts, um nicht zu sagen aus allen, und dort, wo es der Song live verlangt, ohne dass es überfrachtet wird, da muss man halt sehr aufpassen. Im Studio kannst Du damit gut, aber beim live spielen kann das sehr schnell verwischen. Wo es der Song verlangt und wo es wirklich auch Sinn macht, dann spielen wir mit drei Gitarren.
F-R.:
Du hast jetzt nach „The Difference“ mit „Night Stalker“ das zweite Arrest Album eingesungen. Ich persönlich finde, Du hast Deine Gesangsleistung deutlich zum Vorgängeralbum gesteigert. Jedoch gibt es immer noch Kritiker, die an Deiner Stimme was auszusetzen haben. Wie gehst Du damit um?
A.:
Ich gehe damit eigentlich um, dass ich das O.K. finde, da mir auch nicht jeder Sänger und nicht jeder Gesangsstil gefällt. Insofern hat ja jeder seine berechtigten Gründe und kann das gut oder schlecht finden. Und ich nehme auch nicht für mich heraus, dass ich irgendwo sage, dass ich ein Non-plus-ultra-Sänger bin, der am besten ist oder es am besten tut. Ich denke, es ist ein ewiger Lernprozess und ein ewiges Voranschreiten und Überprüfen dessen, was man für eine Leistung gebracht hat und ob man sie weiter toppen kann bzw. wie man das machen kann. Wenn man sich weiter in Frage stellt, dann kann man auch besser werden. Insofern ist es eine normale Geschichte für mich, dass das Leute auch nicht so gut finden und das sei denen auch gegönnt, das anders zu sehen. Damit habe ich jetzt weniger ein Problem. Für mich ist es wichtig, dass das, was ich von mir höre und dass das, wie ich es rübergebracht habe, stimmig ist. Vielleicht wird’s bei der nächsten Platte ja noch besser, Du hast ja jetzt z. B. geäußert, dass ich mich verbessert habe, was ja sehr schön ist. Es ist ja auch so, wobei, das soll jetzt nicht als Entschuldigung oder so was klingen, sondern eher als Prozess, ich das ja auch noch immer mehr lerne. Ich bin ja ursprünglich eigentlich ein Gitarrist, ein Leadgitarrist, der jetzt immer mehr erkannt hat, was er für stimmliche Möglichkeiten hat, wo er stimmlich arbeiten kann. Und so werde ich immer mehr das ausreizen können und immer mehr feststellen können: Wo kann ich mit meiner Stimme hingehen, wo sind die Grenzen. Also ich meine, man muss auch mal an die Grenzen gehen, um eben herauszufinden, wie weit geht’s oder eben nicht, um dann immer mehr, sagen wir mal bessere Sachen machen zu können. Der Klang der Stimme, das ist, denke ich mal, Geschmackssache. Der eine steht auf Ozzy, der andere steht auf Dio, und das finde ich, nebenbei bemerkt in der Heavy– und Hardrockszene ein bisschen bedauernswert. Aber das ist halt auch so ein bisschen eine Machart, dass man sagt: Der ist der Beste und der ist der Beste und der ist der Beste. Ich halte es für ein bisschen affig, aber gut, daran hängt man sich gerne auf. Es gibt viele, die ihren eigenen Stil haben und das ist das Wichtige und wem es gefällt, der wird es nehmen, der wird es kaufen, der wird es mögen. Wem es nicht gefällt, der muss ja nun nicht und insofern ist es O.K. Also, wie gesagt, ich habe damit kein Problem, wenn mich da Leute kritisieren und zuweilen dann halt sagen, dass das nicht so denen ihr Ding ist, es ist O.K., mein Gott.
F-R.:
Jetzt greifen wir mal die Cover-Frage auf, die wir vorhin schon mal angerissen haben ... Das neue Cover ist kein typisches Arrest-Cover, es sieht irgendwie labelmäßig aufgeschwätzt aus. Ich meine, es ist interessant gemacht und ich denke mir mal, es lässt sich auch ganz locker mit dem Albentitel vereinbaren. Stimmt meine Auffassung, dass es eine vom Label kommende Idee oder auch die Vorgabe war?
A.:
Also, ich möchte da mal ein bisschen korrigieren und sagen: Aufgeschwätzt ist es nicht. Es ist so, dass natürlich die Plattenfirma, die das Produkt dann letztendlich herstellt, ihre eigenen Vorstellungen hat und in einem Labelkonzept das verarbeitet. Insofern ist es richtig, wenn du sagst, dass es von der Plattenfirma kommt. Der Künstler heißt Ken Kelly, der arbeitet in dieser Rockbranche mit verschiedenen anderen auch zusammen und ich habe von Mausoleum damals ein Sortiment von möglichen Cover-Vorschlägen erhalten. Es ist richtig, die anderen Cover, die bisher auf den Arrest-Alben waren, das waren ja unsere Selbstkreierten. Jetzt ist es praktisch ein selbstkreiertes von einem anderen Künstler, das ist klar, und im Rahmen des Mausoleum-Labels. Aufgeschwätzt ist es nicht, wir hatten Entscheidungsmöglichkeiten, zu sagen, welches nehmen wir. Da waren sicherlich welche dabei, die gar nicht zu uns passen, da hätte Manowar „Juchu“ geschrieen, aber Arrest hätte gesagt: „Ach Du lieber Gott!“, insofern haben wir die gestrichen und „Night Stalker“, ich persönliche finde das Cover eigentlich wirklich gut, es unterstreicht den Inhalt von diesem Song und auch von der Konzeption des Albums an sich. Noch mal abschließend, die Plattenfirma hat da die ursprünglichen Vorschläge gemacht und wir haben uns das Beste dann rausgesucht. Es war also eine Kooperation.
F-R.:
Ihr kämpft hier in der Rhein-Main Szene, wie viele andere Bands auch, um Auftrittsmöglichkeiten. Siehst Du mit Eurem Label in Zukunft da einen Vorteil ggü. anderen Bands oder werdet Ihr nach wie vor in dieser Angelegenheit auf Euch selbst gestellt sein?
A.:
Ich denke, dass ein Label vielleicht eine gewisse Referenz darstellt, aber keine ausschließliche. Also ich denke eher, dass die Live-Geschichte wieder eine ganz andere ist. Die Clubs und die Leute, die dich live spielen lassen, die interessiert das womöglich gar nicht. Die finden das zwar ganz nett, wenn du eine Plattenfirma hast und sagen: Das ist toll, das ist prima, das spricht für Euch, aber was die interessiert, ist das Publikum. Wie viele Leute kommen denn deshalb? Deshalb mag es womöglich von Interesse sein, wenn Du 15.000 oder 20.000 oder 1.000.000 Platten verkauft hast. Dann wird auch jeder Clubbesitzer dich sofort spielen lassen. Alles andere ist eigentlich die Arbeit von der Band an sich, dass du vor allem spielen musst und du musst das Glück haben, dass du Publikum ziehst, in einem Rahmen, in dem die Clubbesitzer zufrieden sind, dass du dort halt auch häufiger spielen kannst. Und ich sage jetzt mal, ich bin da auch u. a. so eingestellt, dass ich sage, es hat jetzt auch weniger Sinn, immer das gleiche Publikum zu ziehen, weil das doch eher eine Verblendung dessen ist, wie es tatsächlich läuft. Ich sage mal, wenn ich immer vor denselben 100 Mann spiele, die mich zwar immer überall mit hin begleiten, ist das trotzdem nicht die Realität, da mich ja eigentlich immer nur 100 Mann sehen wollen. Da sehe ich es dann eher wieder so und das ist der harte Faktor für alle Bands, die live spielen, ob die nun bei einer Plattenfirma sind oder nicht. Im Prinzip unterschiedliches Publikum zu erreichen und da ist jede Band, also auch wir, auf sich alleine gestellt oder auf Leute, die dann mit uns zusammen arbeiten und uns Gigs beschaffen.
F-R.:
Welche Hoffnungen setzt Du in den Plattendeal und wie sehen Eure Bandziele jetzt aus?
A.:
Die Hoffnungen in den Plattendeal sind eigentlich dahingehend, dass wir noch mehr Promotion erhalten als die, die wir in der Vergangenheit selbst machen konnten, und dass auch das Album durch die Plattenfirma natürlich noch mehr gestreut werden kann im Rahmen vom Vertrieb. Dass also derjenige, der das Album in Hamburg nach einem Review oder nach einer Empfehlung oder nach dem Hören eines Songs kaufen will, das dann auch genauso gut und leicht bekommt wie einer in München und nicht auf Insider-Informationen angewiesen ist, sondern dass er über die normalen herkömmlichen Vertriebswege zügig drankommt, ohne dass er jetzt www.arrestmusic.com als Website kennt oder Arrest dann so im Speziellen suchen muss. Das ist so der primäre Gedanke, den ich dabei habe und an sich dann natürlich die Plattenfirma, wie ich vorhin schon sagte, Werbung, Marketing, da wo es europaweit oder weltweit geht, dass wir da noch mehr Leute erreichen, das ist das, was ich als Hoffnung hege.
Ziele der Band? Na ja, live spielen, das Ding live darstellen können, vor Publikum unter Beweis stellen, dass wir auch live alles reproduzieren können, und das Publikum begeistern. Die weitere Vorgehensweise ist dann, einen weiteren Fankreis zu erreichen, nächstes Album, noch ein nächstes Album. Wir haben, nebenbei bemerkt, schon wieder Songs für ein neues Album, in dem Konzept wie ich es dir vorher nannte, also Vorproduktion von der Vorproduktion, die schon am Laufen sind. Dann wollen wir diesen Prozess einfach so weiter pflegen und versuchen, den Kreis der Arrest-Fangemeinde auszudehnen, ohne, wie gesagt, immer vor den gleichen zu spielen, sondern größer zu werden.
F-R.:
Kannst Du mal eine lustige Anekdote von einem Gig oder aus dem Proberaum zum Besten geben, die noch nicht veröffentlicht wurde?
A.:
Also, was heißt eine lustige Anekdote, ich kann dir eins sagen: Wir haben es lange und immer noch versäumt und müssen es irgendwann einfach tun. Was Arrest nach der Probe an Verbalitätszeug loslässt, das ist dermaßen fein. Ich kann dir nur sagen: Wir haben uns entschieden, dass wir irgendwann im Studio oder in einer Probe letzten Endes mal irgendwann ein Tape mitlaufen lassen oder irgendwie eine Harddisk, weil was da an Sprüchen kommt, das ist so was von abartig. Da sei noch dazu bemerkt, dass unser Herr Mueller und unser Herr Weber, sprich: unsere Rhythmus-Sektion, sich in allen Bereichen bewegen. Wir haben z. B. in Dortmund gespielt, wobei man, nebenbei bemerkt, dieses Wort sehr wörtlich ausgelegt hat. Kennst du das T-Shirt? (Anm.: Gelbes Shirt mit Pfeil nach unten und Aufschrift: DORT MUND). Und solche Sachen kommen am laufenden Band. Eine Anekdote jetzt eigentlich weniger, aber das werden wir mal irgendwann machen und haben uns vorgenommen, dass wir das mal irgendwann als Ghost-Track auf irgendeine CD nehmen. Wir schmeißen uns da weg, da heulen wir danach immer vor Lachen, so was von krank...
F-R.:
Gibt es irgendwas, was Du den Leuten da draußen noch mitteilen möchtest?
A.:
Eigentlich ist es sehr einfach: Kauft das Album, hört rein, spielt es laut, genießt die Songs und kommt zu unseren Konzerten. Mehr gibt’s nicht zu sagen...
Danke für das Interview und alles Gute für die Zukunft!
Mike von FFM-Rock