POWERWORLD



Interview vom 02.07.13
Interviewpartner: Ilker Ersin (b.)

Homepage:
www.powerworld.org

F-R:
Moin Ilker, wir hatten kürzlich schon die Gelegenheit über deine neue Platte „Cybersteria“ zu plaudern, leider ohne die Möglichkeit dieses Gespräch aufzeichnen zu können. Da dein drittes POWERWORLD-Album genug Gesprächsstoff bietet, hierzu jetzt ein paar Fragen. Drittes Album – drittes Line Up. Was war los?

Ilker:

Hallo, nach dem Tod von Sänger Andrew “Mac“ Dermott im August 2011 hatten Achim Keller, Nils Neumann und Barish Kepic nicht mehr die nötige Energie um mit einem neuen Sänger wieder von vorne anzufangen! Obwohl Tourersatzmann Michael Bormann, der die Axel Rudi Pell-Tour mit POWERWORLD gespielt hatte, zur Debatte stand war bei den anderen Mitgliedern die Luft raus. Ich habe in der Zeit mit Michaels Solotruppe gespielt und da ist dann auch der Kontakt zu den jetzigen Musikern entstanden. Ich wollte die Existenz von POWERWORLD nicht von einem Line Up abhängig machen, es ist mein Baby und das lasse ich nicht sterben!

F-R.:
Jetzt bitte ein paar Worte zu den Textinhalten von „Cybersteria“. Mit dieser Wortspielerei greifst du ein Thema auf, was mir persönlich sehr am Herzen liegt. Kannst du hierzu bitte auch mal was erzählen?

Ilker:
"CYBERSTERIA" ist eine Symbiose von dem Wort Cyber und Hysteria. Was momentan auf der Welt in Sachen Spionage los ist hat mich beschäftigt. Genauso die Tatsache, dass viele meiner Bass- oder Gitarrenschüler mit ihren Freunden über Facebook oder Skype kommunizieren statt sich zu treffen und Fußball zu spielen. Es geht mir um die soziale Verarmung, weil jeder vor seinem PC sitzt und nicht zum Beispiel in einem Biergarten auf ein Bier mit seinen Freunden. Wenn man seine long-distance Kontakte pflegen will ist FB und Skype ein Medium, um diesen Kontakt aufrecht zu erhalten, aber wenn ich in einem Hochhaus in einer Großstadt wohne und meine Nachbarn über Facebook kennenlerne statt zu klingeln und mich vorzustellen, ist das doch krank. Stelle dir jemanden vor, der seine Wohnung nicht mehr verlässt, weil er seinen Job über seinen PC erledigt. Gleichzeitig sind die Vorhänge zugezogen, weil dieser Mensch total empfindlich auf das Tageslicht reagiert. Dazu kommt, dass er seinen Einkauf online erledigt, sich Abends online seine Pizzen bestellt und seine Freunde nur über Facebook kontaktiert. Außerdem hat man über Facebook viele „Freunde“ die bestimmt da sind und einen pflegen, wenn er dann vor lauter Bewegungsarmut fett und krank in seinem Bett liegt! Zudem ist jede Mail und jeder Eintrag im www nachzuverfolgen. Wenn der große Bruder es will, erstellt er in ein paar Minuten ein Profil von dir mit deinen Gewohnheiten, mit Infos mit wem Du dich wann und wo getroffen hast (iPhone in Kombination mit Facebook). Du bist gläsern und kontrollierbar! Als ich das Thema aufgriff war die Geschichte mit Edward Snowden noch nicht aktuell, aber jetzt sieht man wie brisant das Ganze ist! Big Brother is watching you, das ist eine Tatsache. Wie oft bekommen wir auch noch zusätzlich Mails mit irgendwelchen Umfragen. Mann, wie viel soll man von sich noch preisgeben? Natürlich habe ich auch Accounts, die ich ausschließlich für meine Bandaktivitäten nutze. Ich versuche meine privaten Sachen da rauszuhalten, ich meine ICH versuche das unter Kontrolle zu halten, was von mir veröffentlicht wird. Ich kontrolliere meinen Facebook-account und nicht umgekehrt. Wenn ich alle Funktionen auf FB aktivieren würde, würde jetzt jeder wissen, dass ich gerade in meinem Studio vor meinem Laptop sitze und dieses Interview bearbeite. Da ich das nicht will erscheint dieses Statement erst nach dem DU es veröffentlicht hast!

F-R.:
Als ich „Cybersteria“ zum ersten Mal gehört habe, und das nicht nur wegen dem Gesang von Michael Bormann, habe ich gleich sein letztes JADED HEART-Album „Trust“ (2004) hervorgeholt, da ich mich mit deiner neuen Platte sehr daran erinnert fühlte. Umso erstaunter war ich, als ich hörte das DU dieses Album fast im Alleingang geschrieben hast und nicht wie zu vermuten das Ex-JADED HEART Songwriter Duo Bormann/Barish Kepic, der da offensichtlich schon bei POWERWORLD ausgestiegen war. Wie stehst du zu solchen Vergleichen und gehst damit um?

Ilker:
Das finde ich total witzig. Okay, Parallelen sind natürlich da wegen Michael’s Vocallines. Er hat hier und da schon was verändert, aber die Ideen zu den Songs waren ausschließlich von mir! Ich denke das Barish und ich ziemlich denselben Geschmack haben, wir haben nicht umsonst vor POWERWORLD schon zusammen gespielt. Das prägt natürlich. Auf „CYBERSTERIA“ habe ich nur Songs geschrieben die mir selber auch gefallen. Das heißt, es reflektiert meinem Geschmack! Aber: Bei „Human Parasite“ war ich ein bisschen eingeschränkt da Barish mir signalisiert hat, dass er beim Songwriting und bei der Produktion involviert sein will. Das zog eine Reihe von Kompromissen nach sich! Mit „CYBERSTZERIA“ fühle ich mich deswegen wohler, als mit dem Vorgänger „Human Parasite“! „CYBERSTERIA“ ist „CYBERSTERIA“, „Trust“ ist „Trust“, fertig!

F-R.:
Liest man die „Cybersteria“-Kritiken durch findet man unterschiedliche Meinungen zum Album, die teilweise weit auseinandergehen. Du als Hauptsongwriter hast deine Vorstellungen in welche Richtung du musikalisch gehen willst, hast auch die Verantwortung was die Zusammenstellung des Line Up’s angeht. Wie schwer ist es für dich da eine gerade Linie zu finden und es allen und damit meine ich nicht nur dich und deinen Bandmitgliedern, sondern auch den Fans, gerecht zu werden und POWERWORLD nach POWERWORLD klingen zu lassen, obwohl kein Album mit den gleichen Leuten eingespielt wurde und es musikalisch auch einige Unterschiede gibt?

Ilker:
Ich finde nicht das die Kritiken, die durchwegs positiv waren, so weit auseinandergehen! Ich versuche niemandem gerecht zu werden. Das würde bedeuten, dass ich mich selber limitiere. Ich denke, dass ich mit „CYBERSTERIA“ meinen Sound gefunden habe, der unabhängig von den Leuten die Mitwirken, immer gleich bleiben wird. Das erste Album war noch sehr naiv und ich hatte noch nicht die Erfahrung die ich jetzt nach dem dritten Album besitze! Beim Zweiten bin ich wie schon erwähnt Kompromisse eingegangen, „CYBERSTERIA“ ist 100% Ersin. So wird es auch bleiben, es sei denn, ich kann nächstes mal ein bisschen enger mit Michael zusammenarbeiten! Er hat, wie alle, einen Superjob gemacht!

F-R.:
Wie Eingangs schon erwähnt, POWERWORLD haben jetzt ihr drittes Album am Start. Ich finde, alle drei haben einen leicht unterschiedlichen Charakter. Picke dir jetzt bitte von jedem der Alben mal einen für dich prägnanten Song heraus und beschriebe, warum gerade er als Songbeispiel für das jeweilige Album steht.

Ilker:
Beim Debut ist es „Lake Of Etenity“ der so einen Querschnitt durch das Album bietet!
Bei „Human Parasite“ nehme ich „Tame Your Demons“, da hat Sänger Mac am Ende noch schön improvisiert. Bei „CYBERSTERIA“ ist es für mich „Coast Of Tears“, der alle Facetten des Albums durchleuchtet! Der unterschiedliche Charakter entsteht hauptsächlich durch die verschieden Stimmen der Sänger. Songs vom ersten Album hätten durchaus auch bei „CYBERSTERA“ stattfinden können!

F-R.:
Das Michael Bormann neben seinen Job als Sänger auch Produzent ist, wird hier mal als bekannt vorausgesetzt. Das ein Ilker Ersin in seinem MusikundWeb Studio auch Produktionen macht, wissen eher wenige. Erzähl doch bitte mal etwas zu deinen Arbeiten neben POWERWORLD.

Ilker:
Ich hoffe das wird sich nach diesem Album etwas ändern. Ich produziere auch Bands in meinem kleinen Studio. Ich habe in unserer Region schon viele kleinere Bands mit günstigen Demos unterstützt, habe Solokünstler aufgenommen und viele Mixarbeiten, auch für Funk und Fernsehen gemacht. Einige CD-Produktionen gehen auch auf mein Konto, wie die Promo DVD's einiger Coverbands! Infos dazu auf www.musikundweb.de

F-R.:
POWERWORLD mit Singleshows oder auf kleinen Festivals an den Mann zu bringen dürfte derzeit schwer sein. Ebenso schwer ist es einen bezahlbaren Tourslot zu bekommen, der sich unter dem Strich dann auch für die Band lohnt. Ist hierzu in naher Zukunft etwas in Planung?

Ilker:
Ich bin gerade dabei einige bezahlbare Konzepte zusammenzustellen! Es wird etwas passieren, aber in welchem Umfang und mit wem kann ich jetzt noch nicht sagen! Immer wieder auf die Homepage www.powerworld.org schauen!

F-R.:
Wer den Ilker kennt, weiß dass er nach einer „Pause“ wieder bei FREEDOM CALL fest den Bass spielt. Was gibt es darüber zu berichten?

Ilker:
Ich bin wieder als festes Bandmitglied dabei. Wir schreiben gerade alle fleißig an neuem Material, mehr sage ich erst mal nicht. Da wird sich demnächst auch einiges tun, wir sind ab September im Studio und auch Chris will, so wie ich, viel live spielen!

F-R.:
Du kennst diese Frage bereits und ich hatte ja schon die Gelegenheit mich  köstlich über deine Touranekdoten zu amüsieren. Kannst du mal eine Geschichte zum Besten geben, die am besten noch nicht veröffentlicht wurde?

Ilker:
Mache nie eine Europatournee mit einem türkischern Pass. Das war 2001 die Hölle für mich. Erst mal habe ich acht Monate gebraucht um die nötigen Visa zu bekommen, dann wurde ich gerade an den Ostblockgrenzen wie ein Verbrecher behandelt. Viermal!!!! wurde ich Nachts mit einer Taschenlampe in meiner Fresse aus meiner Koje im Nightliner gezogen, in Unterhosen bei zwei Grad Kälte mit den Händen an den Bus geschmissen, Beine breit machen etc.... das ganze Programm. Das war die Hammerfall-Tour, die ging über zwei Monate.........

F-R.:
So, dann zum Abschluss noch deine persönlichen Worte an unsere Leser und eure Fans.

Ilker:
Genießt eure Freiheit und jede Minute eures Lebens. Nehmt einige Sachen nicht zu ernst und seit Wachsam, denn: BIG BROTHER IS WATCHING YOU!!!!

Danke für das Interview und alles Gute für die Zukunft!
Mike von FFM-Rock                                                    Foto by Powerworld