AXXIS - Göppingen, Radio Fibs
Interview vom 21.01.06
Interviewpartner: Bernhard "Bernie" Weiß (voc.)
Homepage:
www.axxis.de
F-R:
Hi Bernie, zunächst erstmal meinen Respekt für euer gestern erschienenes Album „Paradise in Flames“. Für mich nach euren ersten beiden Alben „Kingdom of the Night“ und AXXIS II“, sowie der Alben „Back to the Kingdom und „Eyes of Darkness“, die für mich persönlich gesehen die Rückbesinnung an alte Tage einläuteten, jetzt dieses Kraftpaket. Hast du jetzt schon genügend Abstand zu den Aufnahmen und kannst euer neues Werk objektiv im Vergleich zu seinen Vorgängern einschätzen?
Bernie:
Erstmal danke für das Lob. Ich muss allerdings sagen, das wir am Anfang dieses Albums extreme Probleme hatten, oder sagen wir mal ICH hatte extreme Problem mit den neuen Ideen. Bei jeder neuen Produktion überlegen wir uns, wie wir es verhindern können uns selbst zu kopieren, gleichzeitig unseren Stil beizubehalten und trotzdem etwas Neues abzuliefern. Die ersten Ideen landeten somit in der Mülltonne. Der zweite Anlauf war dann schon besser aber eben noch zu “normal“. Wir kamen daraufhin auf die Idee die Sängerin LAKONIA als Leadsängerin mit einzubauen, was sich sofort auf das Songwriting auswirkte. Zwei Sänger in einer Rockband war für uns eine neue Erfahrung. Nach der Produktion waren wir uns sicher, dass wir mit Kritik überhäuft würden... war aber nicht so. Im Gegenteil, es scheint gut anzukommen. Daran kannst du erkennen, wie schlecht man sich selber einschätzen kann. Alben, von denen wir dachten, sie treffen den Nerv der Zeit, kamen nicht gut an und andere, von denen wir dachten sie sind der Hammer wurden eher beiläufig behandelt und erwähnt. Seitdem haben wir nur einen Maßstab: Knallt’s oder knallt’s nicht!! UND.. sich nie in einem einzigen Musikstil zu langweilen (lacht). Obwohl wir im Metal zuhause sind, macht es uns sehr viel Spaß mit untypischen Metalstilen z. B. bei „Touch the Rainbow“ ein bisschen Reggae zu arbeiten, was uns ja auch nicht immer gute Reaktionen bringt, aber auf Dauer hat man eben mehr Bock und Spaß an seiner eigenen Musik
F-R.:
Ihr habt es seit 1989 auf jetzt neun Studioalben gebracht und seid, die experimentelle Mitte der 90er Phase mal außen vorgelassen, eurem Stil weitestgehend treu geblieben. Siehst du da darin euer Erfolgsrezept über all die Jahre?
Bernie:
Na ja, wir bereits schon erwähnt. Wichtig ist, dass man es schafft sich selber immer wieder zu fordern und Bock auf seine Musik zu haben. Aber der wichtigste Grund ist, dass man als Band die Musik auch lebt, die man macht. Wir leben bei AXXIS nun seit 1989 von der Musik und ich kann mir schwer ein anderes Leben vorstellen. In der heutigen Zeit haben so viele Hobbymusiker einen Deal, die erst abrocken und danach wieder bei der Versicherung arbeiten, zuhause ihren PC haben, dort eine Produktion abliefern und live die Sachen nicht spielen können, dass ich manchmal auch nicht mehr weiß, wohin der Weg im Musikgeschäft geht.
F-R.:
Im Vergleich zum Vorgängeralbum „Time Machine“ sind diesmal ein Teil der Songs schneller ausgefallen und mit ordentlich Bombast versehen, was u. a. bei dem abwechslungsreicheren Gitarren- und Keyboardparts zu hören ist und mir persönlich sehr gut gefällt. Ein Versuch für eine neue Marschrichtung oder ein konsequenter Ausbau zum Vorgänger?
Bernie:
Wir haben ja immer solche Songs wie z. B. „The Wolf“ gehabt. Mal mehr, mal weniger, aber auf Dauer sind auch schnelle Sachen langweiliger. Auf dieser Platte kommen sie nur mehr zur Geltung, da der Kontrast zu ruhigeren Songs da ist. Aber du hast recht, wir haben ein bisschen mehr Doublebass Songs auf PARADISE IN FLAMES. Wenn man aber die Tempos alleine betrachtet, war „Time Machine“ schneller. Darauf kommt es uns aber auch nicht an. Wie gesagt: Knallt’s oder knallt’s nicht! (lacht).
F-R.:
Auch die ausgebauten Vocal Parts mit Lakonia u. a. bei „Take my Hand“ und „Don’t leave me“ in sind hervorragend gelungen und hauchen „Paradise in Flames“ gegenüber „Time Machine“ so richtig frischen Wind ein. Wer versteckt sich hinter dem Synonym Lakonia? Zeit die Dame mal näher vorzustellen.
Bernie:
Ja ich habe Lakonia auf einer Hochzeit kennen gelernt und habe sie direkt für den Chor zu „Time Machine“ eingeladen. Danach war uns klar, dass diese Frau der Hammer ist. Sehr enthusiastisch, kreativ immer bei der Sache und nur auf die Musik konzentriert. Zeit und Geld spielt bei ihr keine Rolle. Wir haben ihr daraufhin ein Angebot gemacht eine eigene CD zu produzieren. Später kam dann die Idee der Zusammenarbeit auch für und mit AXXIS. Wir schlagen da somit zwei Fliegen mit einer Klappe. Die Frau ist jetzt schon bekannter, gewinnt Erfahrungen im Studio, bei Gigs und kann schon mal Tourneeluft schnuppern. Es gibt ja selten den Fall dass ein Newcomer schon bekannt ist, bevor er die eigene Platte auf den Markt bringt. Ich glaube dass schaffen wir nun mit ihr.
F-R.:
Das ist jetzt mein persönliches Empfinden, aber die Besetzung von Andre Hilgers (u. a. Silent Force, Razorback, Empire) für die Drums gibt dem ganzen Songmaterial mehr Druck von hinten. Beispielhaft führe ich da jetzt mal „Dance with the Dead“ an. Teilst du da meine Meinung?
Bernie:
(ein lautes) JA! Andre ist live einfach der Knaller und wir mögen ihn sehr. Für uns war es immer wichtig Leute zu finden die vorrangig gut drauf sind. Das Andre jetzt auch noch musikalisch bei uns ein schönes Drumfeuerwerk zündet ist natürlich traumhaft (lacht).
F-R.:
Besteht für Andre Aussicht auf eine langfristige Verpflichtung? Nach Richards (Michalski) Ausstieg hatte ja Kosta Zafiriou (Pink Cream 69) „Time Machine“ eingetrommelt.
Bernie:
Wie du sicherlich weißt ist Andre auch bei Silent Force sehr engagiert und ich möchte dieser Band nicht den Drummer wegnehmen. Da Silent Force selten live spielen gab es bisher keine Probleme. Eine gute Terminabsprache vorausgesetzt, kann man gut mit dieser Situation leben.
F-R.:
Mit „Lady Moon“ ist euch auch wieder ein bandtypischer und radiotauglicher Ohrwurm gelungen. Aus welcher Feder stammt der jetzt wieder?
Bernie:
Gute Frage! Harry (Oellers, key.) und ich schreiben die Songs ja gemeinsam, von daher gibt es immer eine Entwicklung. Einer hat ne Idee, der andere macht sie besser. Also kurz gesagt, der Song stammt von uns beiden.
F-R.:
„Never change a winning Team“ könnte wieder für die Produktion stehen. Produziert wurde wieder in eurem Soundworxx Studio, gemischt hat wieder Dennis Ward (Pink Cream 69) in den House of Audio Studios. Macht sich langsam bezahlt, oder?
Bernie:
Naja, ob es sich “bezahlt“ macht werden wir ja noch (lacht). Aber die Arbeitsweise ist natürlich sehr luxuriös. Wir haben genug Zeit die Vorproduktion im SOUNDWORXX Studio anzugehen und gönnen uns danach einen dritten Mann, der nochmals unsere kreativen Ergüsse betrachtet. Dazu mixen wir mit Dennis die Sachen mit schöner alter und teurer Analogtechnik. Dennis hat von allen Leuten die AXXIS Philosophie am besten umgesetzt und kennt die Band. Einer der Gründe warum die Chemie stimmt. Außerdem hängt er sich wirklich zu 300% in den Job und gibt Gas. Einer der besten die Deutschland hat. Wir könnten die komplette Produktion auch bei uns im SOUNDWORXX Studio fertig stellen, was mit Sicherheit viel kostengünstiger wäre. Aber ganz ehrlich, nach fünf Monaten arbeiten im Studio habe ich auch keinen Bock mehr nur noch einen Knopf zu drehen (lacht).
F-R.:
Live habt ihr im Februar ein paar Shows mit Helloween im europäischen Ausland und im Mai eine Deutschland-Tour mit Krokus anstehen. Wie realistisch siehst du selbst die zu erwartenden Besucherzahlen im Vergleich zu den Vorjahren?
Bernie:
Kann man nicht einschätzen. Es gab Konzerte bei denen wir dachten die werden rappelvoll und nix war. Andersrum gab es Gigs die wir von den Besucherzahlen total unterschätzt hatten. So viele Faktoren spielen ne Rolle: Konkurrenzveranstaltungen wie z. B. die WM, Wetter, Promotion des örtlichen Veranstalters usw.. Bisher hatten wir immer Glück und würden uns natürlich auch freuen, wenn viele Leute uns auf Tour besuchen. Nur so konnten wir bisher mit AXXIS überleben und in Zeiten, wo unsere Arbeit in Musik umsonst im Internet angeboten wird, wäre es natürlich Klasse auf diesem Wege von den Leuten, die uns mögen, unterstützt zu werden.
F-R.:
Zu allem Lob über die neue Platte jetzt aber auch mal ein wenig Live-Kritik und das stört nicht nur mich bei euren Shows, sondern auch noch, wie ich selbst jetzt wieder zwei Mal erlebt habe, viele eurer Fans. Könnte man dich nicht mal dazu bewegen, weniger lang zwischen den Songs zu sabbeln und stattdessen ein oder zwei Songs mehr zu spielen?
Bernie:
Tja, da bin ich ja der richtige Ansprechpartner (lacht). Warum quasselt der Typ soviel? Also erstmal mach ich dass nicht immer. ABER, wenn ich nur die Songs runterspiele ist dass ja ganz nett, aber ich brauche auf nem Gig Überraschungen, Feedback und irgendwas Ungeplantes. Mit den Leuten enger in Kontakt zu treten und zu checken was so abgeht bedeutet immer mal wieder, dass irgendwelche Sprüche von unten nach oben kommen. Darauf reagiere ich nur, nicht mehr und nicht weniger. Zudem kommt noch dass die Mehrheit Leute gerade deswegen AXXIS interessant finden, da kein Konzert dem andern gleicht. Ich hasse auch die typische Situation „Rockstar“ oben - Leute unten. Ich langweilige mich bei solchen Konzerten immer... Da hör ich mir lieber die CD an (lacht).
F-R.:
Kannst Du mal eine lustige Anekdote von einem Gig oder aus dem Proberaum zum Besten geben, die noch nicht veröffentlicht wurde?
Bernie:
Wacken Open Air" 1999. Grosse Bühne. Kurz vor der Show hatten wir vereinbart, dass wir bei Beginn des Gigs von zwei Seiten die Bühne stürmen. Wir hatten abgesprochen, dass wir uns ein Zeichen geben, ob man bereit ist, die Show jetzt zu beginnen. So kam von Harry auf der linken Seite der Daumen nach oben und unser Tourmanager auf der rechte Seite, der von der Vereinbarung aber nichts wusste, hebt seinen Daumen ebenfalls, so zum Gruße. Harry dachte somit, alles o k und fängt an das Intro zu spielen, was bei unserem Gitarristen fast zum Herzstillstand führte, denn der war gerade noch dabei, seine Gitarre zu stimmen. Er musste, da das Intro nur sehr kurz war, dann mit einem ca. 1m langen Kabel, und das bei den großen Bühnen in Wacken, loslegen. Ein Techniker stand am Gitarrenverstärker, um diesen und das Kabel festzuhalten, da Guido sonst mit Amp im Schlepptau über die Bühne gelaufen oder das Kabel rausgerissen wäre und ohne Gitarrensound klingt’s nicht so dolle. Sah ziemlich komisch aus, wenn der Gitarrist nur einen Meter Radius hat, um Gas zu geben (lacht). Nach dem ersten Song konnte er dann wechseln und alles war in Butter. Man muss dazu sagen, dass das Guidos erste Show für AXXIS war. Ein guter Einstand also.
F-R.:
Zum Abschluss jetzt noch ein paar Worte an eure Fans, unsere Leser und alle jetzt neugierig gewordenen ?
Bernie:
Tja, AXXIS, was ist AXXIS? Erfolgreichstes Rockdebüt aller Zeiten in Deutschland, schnellste Platte der Welt, Support europaweit von Black Sabbath, insgesamt ca. 600.000 Tonträger verkauft und, und, und. Viele Leute kennen die Band noch aus alten Tagen und haben uns auch noch so im Kopf. Die Entwicklung ging an vielen vorbei. Im Moment kommen wieder sehr viel Junge Leute zum Gig und entdecken uns neu, was ich super finde. Gönnt Euch einfach mal nen Gig mit uns und hört danach mal ne AXXIS CD. Irgendwie klingt die dann ganz anders (lacht).
Danke für das Interview und alles Gute für die Zukunft!
Mike von FFM-Rock
Foto Mike Langer