LUNATIC SOUL - The World Under Unsun

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VÖ: 31.10.2025
(Inside Out/Sony)

Genre: New Artrock

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LUNATIC SOUL

Schon lange entkoppelt von seiner Hauptband RIVERSIDE hat dieses Projekt nun schon so viele Langspieler am Start wie das Mutterschiff. Damit könnte jetzt aber Schluss sein, denn in Zukunft will sich Mariusz Duda auf seine Solokarriere konzentrieren. Jedenfalls muss es niemand Angst sein, dass seine unbändige Kreativität bald erschöpft sein könnte. LUNATIC SOUL verstand er von Beginn an als zusammenhängenden Zyklus, der nun zu Ende sei. Vielleicht sollte man aufhören, wenn es am schönsten ist und um seinen fünfzigsten Geburtstag herum sprudelte der Quell besonders. Am Ende wurde „The World Under Unsun“ ein Doppelalbum, das Bezug auf den ursprünglich geplanten Bandnamen zieht.

Hierauf holt der Pole weiter aus als auf allen bisherigen Alben, und ruft sein komplettes Spektrum ab. Man kann hier sämtliche Phasen seiner Karriere vereint sehen, quasi wie eine Best Of mit neuen Titeln. Vorhanden waren die Trademarks schon immer, sein Handwerkszeug wie seine sanfte einfühlsame Stimme und sein dominantes Bassspiel. Jenes ist schon im titelstiftenden Opener sehr präsent, bei dem alles pulsiert, die Beats hämmern.
Was den Mann auszeichnet ist, dass er nicht nur ein toller Songwriter ist, sondern auch ein Klangtüftler. So sind viele Vocals verzerrt und wie ein weiteres Instrument zu verstehen, die Bläser klingen völlig entfremdet. Dabei wir der Eigenklang nicht einfach verwässert, sondern genutzt, um daraus neue Klangfarben entstehen zu lassen. Und was sich in Liedern wie „Monsters“ wie Gitarrenriffs anfühlt, stammt in Wirklichkeit aus dem Piccolo-Bass, den vier Saiten entkommt Duda nicht.

An seine frühen, eher ambienten Werke sind die Auftaktnummer oder der längste Track „Mind Obscured, Heart Eclipsed“ angelehnt. Themen schieben sich übereinander drüber, tauchen irgendwo auf, um sich später im Nichts aufzulösen, andere schauen nur kurz vorbei wie eine ziehende Wolke. Von den mäandernden Strukturen lässt das an MIKE OLDFIELD oder TANGERINE DREAM denken. Wobei gerade die Siebziger-Elektronik einen großen Einfluss auf das Schaffen hatte und die Soloalben prägte.
In der Pandemie fand der Künstler die Zeit, um sich solchen Experimenten zu widmen, die hier oft eingesetzt werden. „Game Called Life“ sucht mit seinen puckernden Sequenzern und den Synthieschwaden die Nähe zur Minimal Music jener Tage. Rhythmisch unglaublich interessant trägt „Loop Of Fate“ fast schon tribalartige Züge, was sich in vielen Instrumenten ausdrückt. Programmatisch betitelt ziehen sich die repetierenden Beats durch das gesamte Lied.

Gleichsam mit ruhigem Einstieg ausgestattet liefert „Hands Made Of Lead“ viel Drama am Piano, das von Mellotron-Schleiern umhüllt wird. Wunderbar blubbert es auch im Instrumental „Parallels“, welches mit industriellen Tönen etwas verstört. Diese leiten zum zweiten Zehnminüter „Self In Distorted Glass“ über, in dem Mariusz Duda über mangelnde Selbstliebe referiert. Wobei die Dissonanzen da noch stärker sind, wenn diese auf akustische Momente treffen.
Mit der Klampfe halten auch die folkigen Elemente Einzug auf „The World Under Unsun“ Einzug, die auf dem Vorgänger federführend waren. Manchmal wie beim angesprochenen Stück als Gegenpol, dann wieder ist ein Song komplett in dem Rahmen gehalten. Wo das flirrende „Ardour“ die Stimmung von „Through Shaded Woods“ fortführt gibt sich „Good Memories Don´t Want To Die“ sehr verträumt und schwelgerisch.

Bei anderen sanften Nummern, in denen er grandios als Vokalist glänzt steht eher das Piano im Vordergrund. Im Verlauf steigert sich das verwunschene „The Prophecy“ immer mehr zu einer Soundwand. „The New End“ geleitet uns dann mit erhabenen Chören aus diesem Werk hinaus, das so viele Wendungen besitzt, und doch immer bei sich bleibt. Große Kunst wie auf „The World Under Unsun“ alles ineinanderfließt und was aus vielen Versatzstücken zusammengebaut wurde.
Diese präsentieren sich als homogene Einheit, deren Dunkelheit ein weiteres verbindendes Element ist, die sich der Kopf dahinter von der Seele schrieb. Vielleicht haben eingefleischte Proggies seine Handschrift auf den bisherigen zwanzig Releases auch so verinnerlicht, dass ihnen alles vertraut vorkommt, um es selbst zusammen zu fügen. So songdienlich und intensiv hat er diese bisher nur bei wenigen Alben umgesetzt, sollte dies wirklich LUNATIC SOUL beenden, ist das ein Ende, an das man sich erinnern wird.

8,5 / 10

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