DIRKSCHNEIDER - Balls To The Wall Reloaded
VÖ: 28.03.2025
(Reigning Phoenix Music)
Genre: Heavy Metal
Homepage:
U.D.O.
Nachdem man zwei Alben brauchte um sich stilistisch zu finden, konnten sich die Solinger mit „Breaker“ und vor allem „Restless And Wild“ in der damals explodierenden Metalszene etablieren. Doch der ganz große Wurf gelang mit „Balls To The Wall“, als sich in ebenjenem Genre die Spreu vom Weizen trennte. Plötzlich nahm die Welt Notiz von ACCEPT, deren Einfluss bis heute präsent ist. Ironie des Schicksals, dass die Band genau dann aufgrund von kommerziellen Überlegungen im Vorfeld von „Animal House“ die Scheibe samt Sänger Udo Dirkschneider kickte, als die Scheibe auf dem wichtigen US-Markt vergoldet wurde.
Ein paar Reunionsversuche scheiterten, heute stehen mit Bassist Peter Baltes und Stefan Kaufmann als Produzent mehr alte Mitglieder in den Reihen von DIRKSCHNEIDER als bei ihrer alten Formation. Deswegen lag es an ihnen nun die Neuaufnahme zu veröffentlichen. Mit der aktuellen Mannschaft von U.D.O., die ja unter dem Familiennamen ihres Sängers und Schlagzeugerfilius Sven weiter das Erbe pflegt wurde das Unterfangen in Angriff genommen. Doch es wurde keine stumpfe Neueinspielung, vielmehr hat man sich zu jedem Song einen Gast ins Studio geladen, der mit dem Reibeisen von Udo um die Wette singt. Hierbei gaben sich große Namen der Branche die Klinke in die Hand.
Den Auftakt macht Joakim Brodén von SABATON, der sich beim legendären Titeltrack einbringt. Alleine beim Erklingen des Grundriffs geht jedem Metaller das Herz auf, welches hier von Andrej Smirnov und Dee Dammers knackig rausgefeuert wird. Brodén und der frühere ACCEPT-Mann tauschen sich hier Zeile für Zeile aus, wobei der Schwede ungewohnt tief singt, was etwas aufgesetzt klingt.
Richtig interessant ist die Stimmfärbung von Biff Byford in „London Leatherboys“ der eine ungewöhnliche Melodik mit einbringt. Die erste Strophe übernimmt der SAXON-Frontmann, die zweite Dirkschneider und die dritte erledigen sie gemeinsam. Im melodischen Bereich wird so mancher Vokalist als Spezialwaffe eingesetzt, etwa Michael Kiske von HELLOWEEN, der die Bridge von „Losing More Than You´ve Ever Had“ auf ein anderes Level hebt.
In der Disziplin ragt vor allem Nils Molin heraus, der sonst bei DYNAZTY und AMARANTHE das Mikro schwingt. Seine Phrasierungsgewalt bei „Head Over Heels“ würde selbst dem guten Ronnie James Dio zu Ehren gereichen, mit den knalligen Breaks einer der Highlights der Neuversion. Ebenfalls herausstechend ist Ylva Eriksson von den BROTHERS OF METAL, ihre kraftvolle weibliche Stimme hebt sich in „Love Child“ deutlich von der des Originals ab, auch beim zweistimmigen Refrain. Das vermag Tim „Ripper“ Owens nicht zu leisten, der wie Joakim Brodén sehr tief singt und dadurch für keinen nennenswerten Unterschied sorgen kann.
Auch bei rauen Rockstimmen fällt der Kontrast eher minimal aus, „Turn Me On“ mit Danko Jones und „Losers And Winners“ mit Dee Snider sind zwei so Kandidaten. Wobei zumindest der TWISTED SISTER-Vorturner mit einer kraftvollen Stimme punkten kann und die Version mächtig nach vorne schiebt. Nach vorne geht gewohntermaßen auch „Fight It Back“, in welchem Mille Petrozza noch schöner knurren und bellen kann als der Meister selbst. Am Ende ist es DORO überlassen mit ihrer Interpretation von „Winter Dreams“ das Sahnehäubchen abzuliefern. Wobei die beiden ja schon bei „Dancing With An Angel“ zusammengearbeitet haben.
Das klingt auch am meisten nach dem was U.D.O. heute machen, das aktuelle Line-Up kann sich hier am besten einbringen, ein wenig scheinen auch die Balladen der frühen Solokarriere durch. Von den Gesangsbeiträgen her überwiegt das Licht, auch der Gitarrensound ist gut eingefangen, speziell im Akustikbereich wie bei besagter ruhiger Nummer. Einzig bei den Drums muss man wie bei so vielen zeitgenössischen Metalproduktionen Abstriche machen.
Manchmal tönen die Toms etwas klinisch und die Hi-Hat zischt oft nicht sehr differenziert, ein Problem moderner Kompression. Dafür weiß der gute Sven mit seiner Beckenarbeit zu überzeugen und die Songs richtig voran zu treiben und zu akzentuieren. Unterm Strich eine interessante Neuauflage, wer das Kunststück fertigbringt, diesen Klassiker nicht im Schrank zu haben, sollte das jetzt schleunigst nachholen.
8 / 10