MICHAEL KIWANUKA - Small Changes

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VÖ: 15.11.2024
(Polydor/Universal)

Genre: Soul

Homepage:
MICHAEL KIWANUKA

Ein wenig ruhig ist es geworden um die britische Soulhoffnung, Corona hat weitere Touren zu seinem selbstbetitelten Album verhindert, doch danach zog er sich arg zurück. Eine Single erschien auf seiner Homepage, sonst war da nicht viel los Klar wirkte MICHAEL KIWANUKA stets in sich gekehrt, doch so gänzlich ohne Lebenszeichen. Nun ging alles recht schnell, fünf Jahre später wurden sowohl Album als größere Konzerte angekündigt, mit „Small Changes“ ist nun das vierte Studiowerk erschienen. Kann er damit an die zuletzt gezeigte Klasse anknüpfen und dem Genre neue Impulse geben?

Im Gegensatz zu seinem düsteren Meisterwerk „Love & Hate“ zuvor wirkte der letzte Dreher deutlich optimistischer, teilweise fast fröhlich. Dieses sonnige Feeling findet sich auch direkt im Opener „Floating Parade“, das wie im Titel angedeutet dahin fließt, das Akustikthema wirkt fast hippiesk. Jene Stimmung herrscht im weiteren Verlauf nur noch im beschwingten ersten Part von „Low Down“ vor, der von einem leisen, aber markanten Orgelthema getragen wird. Doch bereits im instrumentalen zweiten Teil ist dann Schluss mit lustig, Kiwanuka zeigt was er an der Gitarre vermag und lässt viele bluesige Töne vom Stapel, die irgendwo ins Unendliche tropfen.

Unter all das werden viele Streicher gelegt, wie sie auch „Kiwanuka“ vor allem in der zweiten Hälfte öfter zum Zuge kamen. Das Problem hierbei ist jedoch nicht einmal ihre Überpräsenz in der gesamten Spielzeit, sondern dass sie lediglich zur Untermalung eingesetzt werden und keine Akzente setzen. Alles geht im gleichen Tempo vor sich, was auch für die Chöre gilt, die zu oft und nicht effektiv eingesetzt werden.
Kein Aufbegehren wie in einem Gospel der „I´ve Been Dazed“-Kategorie, keine dominanten Passage wie bei „You Ain´t The Problem“. Alles liegt in einem Schleier über den Kompositionen, und würde in anderen Klangfarben sicher die subtile psychedelische Seite mehr betonen. Man könnte jetzt sagen, er arrangiert behutsamer, aber MICHAEL KIWANUKA legt zu wenige Fährten aus, um die Dinge zu finden, die „Small Changes“ interessant machen.

Das hat viel von „Home Again“, da segelte er jedoch reduzierter klar auf Singer/Songwriter-Kurs. Hier ist die Opulenz, mit der ihm manche eine kommerzielle Richtung vorwerfen, sie gibt den Songs nur nichts. Analog zum Debüt finden sich kaum Drums, also auch keine rockigen Drives wie in „Rolling“, wenn werden sie eher jazzig eingesetzt. Da tauchen dann die Momente mit der Zeit auf, auf welche man wartete, die Beckenarbeit von „Rebel Soul“ zu dem repetierenden Pianolauf ist stark. Minimal Music, die in den frühen Siebzigern populär war, wo der Mann seine Einflüsse her zieht, kommt einem in den Sinn.

Die vermischt er interessant mit dem Groove, den der stets tief im Hintergrund wühlende Bass über weite Strecken liefert. Congas unterstützen dabei „One And Only“, und „The Rest Of Me“ gestaltet sich unter Hinzunahme des E-Piano angenehm funky. Tastenklänge werten auch „Follow Your Dreams“ auf, wo analoge Synthesizer Farbe ins Spiel bringen und einen Kontrast zur führenden Klampfe bilden.
Neben dem Bass bleibt noch die wunderbar samtige Stimme des Mannes als Trademark, der hier wieder mehr Raum gegeben wird. Die umschmeichelt den Hörer und besitzt noch mehr Charakter als bisher, was man von den Liedern nicht immer behaupten kann. Nach so langer Zeit hätte man mehr, vor allem mehr Mut erwarten können, viele Stilmittel tauchen inflationär auf, die Zeit tiefer zu graben nimmt sich nicht jeder.

7 / 10