MC5 - Heavy Lifting

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VÖ: 18.10.2024
(earMusic/Edel)

Genre: Garagenrock

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MC5

Eine der größten Legenden im Rock´n´Roll war auch immer Schauplatz großer Tragödien, bis zum Schluss. 1968 hoben die Jungs aus Detroit die Welt aus den Angeln, nicht die NEW YORK DOLLS, nicht die RAMONES und schon gar nicht die SEX PISTOLS haben den Punk erfunden, sondern MC5. Nur vier Jahre existent standen sie immer für die harte Seite der Gegenkultur, laut, revolutionär, subversiv, mit sozialistischem Geist und unangepasst. Nach ihrem Ende war es vor allem Gitarrist Wayne Kramer, der ihr Erbe hoch hielt, das Erbe einer Formation, deren Einfluss sich nie kommerziell bezahlt machte.

Nachdem er mit ALICE COOPER an dessen „Detroit Stories“ gearbeitet hatte, nahm er mit Bob Ezrin die Arbeiten an einem weiteren Album nach mehr als fünfzig Jahren auf. Leider starben mit Kramer als auch Drummer Dennis Thompson beide noch lebenden Originalmitglieder während der Aufnahmen. So war es an dem Star-Produzenten „Heavy Lifting“ mit vielen Gastmusikern fertig zu stellen. Unterstützung kam kompositorisch von dem Songwriter Brad Brooks, der mit dem Spiritus Rector eigentlich an einem Filmsoundtrack arbeitete.
Die kamen alle, wenn der Ruf der Truppe durch die Lande schallte, ein solch historisches Ereignis wollte sich keiner nehmen lassen. SLASH ist ja aktuell auf gefühlt jeder zweiten neuen Produktion unterwegs, sei es BETH HART oder MICHAEL SCHENKER. „The Edge Of The Switchblade“ ist ein treibender Rocksong, der ursprünglich aus dem 85er Soloalbum von Kramer stammt. Hier leiht zudem William DuVall von ALICE IN CHAINS seine Stimme, während der Mann mit dem Zylinder seine unverkennbar schreiende Sologitarre einsetzt.

Noch ruppiger geht es in „Barbarians At The Gate“ zu, das den alten Geist am besten wiederspiegelt. Rocken tut es auch in „Can´t Be Found“ und „Blind Eye“, an denen Thompson mitgewirkt hat, aber eher in gediegener Gangart. Lässig abgehangen aber immer noch mit genug Mittelfinger und bei Ersterem mit Vernon Reid an der Gitarre spüren wir hier eine melodischere Seite der Band. Jene dürfte vor allem bei den vier New Yorker Brüdern im Geiste prägend gewesen sein, die nun da oben mit den MC5 um die Wette spielen können.
Man war jedoch nicht versucht das ungezügelte Debüt „Kick Out The Jams“ zu wiederholen, vielmehr orientiert sich diese Scheibe am letzten Werk „High Time“, wo mit dem Funk experimentiert wurde. Zu der Konventionen sprengenden Herangehensweise gehörte auch mutig die Stile zu kreuzen, etwas was Bob Ezrin gefallen haben dürfte, hegt er schon immer ein Faible für Eklektizismus. Und gerade die passiv-aggressive Art des Motown-Sounds aus ihrer Stadt kam dem aufrührerischen Element sehr nahe.

Von einem der Protagonisten, Edwin Starr hat man „Twenty-Five Miles“ mit viel Bläsereinsatz neu aufgenommen. Erstaunlich gut funktioniert dieses Genre für eine Band, die man damit kaum verbinden würde, viel Bläsereinsatz bringt auch „Hit It Hard“ mit sich, bei Joe Berry aus dem Lager der französischen Elektroniker M83 mitwirkt. Für die ultimative Verknüpfung harten Funks und deftigen Rocktönen gibt es keinen besseren als Tom Morello, dessen politisches Wirken ebenfalls von dieser Combo beeinflusst ist.
Was der Mann im eröffnenden Titeltrack abspult ist absolut Weltklasse, der Groove springt einem direkt ins Gesicht und lässt die Faust gegen das System ballen. Kaum weniger aggressiv drückt „Black Boots“ aus den Boxen, zu dem Tim McIlrath von RISE AGAINST mit seinen rauen Vocals beigetragen hat. Geradezu brillant arrangiert biegt „Change, No Change“ um die Ecke, fast soulig umschmeicheln einem Chöre, der Bass drückt tief, bevor das Gewitter aus Drums und Gitarre aufzieht.

Kramer, Ezrin, Brooks und ihre Mitstreiter schaffen es mit dem Schwanengesang tatsächlich dem legendären Namen ein weiteres Kapitel hinzu zu fügen, welches diesem gerecht wird, die archaische Wut brandet teilweise immer noch auf. Dem Album liegt in der Special Edition noch eine zweite CD bei, auf der Mitschnitte der Tour zum fünfzigjährigen Jubiläum befinden. Diese wurden in Seattle, Salt Lake City und Hamburg aufgenommen, wo die Band unter anderem von Mitgliedern von SOUNDGARDEN und FAITH NO MORE unterstützt wurde. Dabei ist das Material von Wayne Kramer und Matt Dyson sehr roh belassen worden, was diese Songs authentisch rüber bringt.

8,5 / 10