BAD MOON - No Me Mires

08 badmoon

VÖ: 23.08.24
(Langstrumpf Records)

Style: Indie Rock / Alternative

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BAD MOON   

„No Me Mires“, also „Sieh mich nicht an“, lautet der spanische Titel des ersten Full-Lenght Outputs der Briloner Indie Rock Band BAD MOON. Dabei ist der Albumtitel erst einmal alles andere als Programm, denn dieses auf den ersten Blick vielleicht etwas unscheinbare Debut einfach links liegen zu lassen, wäre ein großer Fehler für jeden Indie/Alternative Rock Fan. Der Sauerländer Fünfer, bestehend aus Sänger Jörg Willerscheidt, den beiden Komponisten Bernhard Schrader (Bass) und Andreas Brychcy (Gitarre), Drummer Jens Munzert und dem Neuzugang an der zweiten Gitarre, Mathias Hein, (Keyboarder Frank ist auf diesem Album leider zum letztmalig zu hören) ist bereits seit 2018 aktiv und hat bisher sage und schreibe fünf EP’s released. Faulheit kann man den Jungs also schon mal nicht vorwerfen. Warum wir dennoch sechs Jahre auf das Debut warten mussten, erfahrt ihr im in den kommenden Tagen auf ffm-rock.de erscheinenden Interview.

Auf „No Me Mires“ nimmt die Band den Hörer mit auf eine düstere Reise in die hinterste Seelenecke des Protagonisten, welcher sich in einem fiktiven Sanatorium auf die Suche nach innerer Zufriedenheit und Stabilität begibt und letztlich, trotz aller Versprechen und kurzfristigen Erfolge, scheitert. Diese düstere Storyline wird eingebettet in größtenteils eingängige Songs, welche (zumindest auf den ersten Blick) gut ins Ohr gehen und die man auch an einem sonnigen Sonntagabend mit einem Bierchen auf dem Balkon „so nebenher“ hören kann („Tics“, „Go Ahead“). Beschäftigt man sich jedoch ein wenig mehr mit der Story, im Zusammenhang mit der Musik, wird der aufmerksame Hörer eines Besseren belehrt. Die vermeintlichen Sing-A-Longs bekommen eine komplett neue Bedeutung, spiegeln die düsteren textlichen Inhalte, welche in einer regelrecht manisch-depressiven Erzählweise mit einigen Highs und vielen Lows verfasst sind, perfekt wieder und drehen das Hörerlebnis gekonnt um 180°. Hierzu tragen neben den mehr als gelungenen, im positiven Sinn meist relativ schnörkellosen Indie Rock Kompositionen irgendwo zwischen NEW MODEL ARMY, FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE und PIXIES, auch und vor allem, der extrem intensive und herrlich unperfekte Gesang von Jörg Willerscheidt bei. Während sich der geneigte Hörer anfangs noch bereitwillig von den beiden Openern „Cut It Out“ und „Go Ahead“ einweisen lässt und kurz darauf mit „Dreamshow“ und dem tollen „Happy Sad Brigade“ schon einmal die Prä-Medikation für den vorläufigen Höhepunkt, dem verzweifelten und mit voller Hingabe intonierten „All Those Edges“ verabreicht bekommt, wird die Symbiose von verstörendem Text und skurril anmutender süßer Melodie im hier beginnenden Schlussakt, wenn man so will dem erzählerischen Point Of No Return, perfektioniert. Das großartige und hochemotionale „Miles Away“ entlarvt den Protagonisten als unumkehrbar psychisch zerstörte Person, während dieser eben dieselbe Erkenntnis im folgenden „Tics“ erlangt. Musikalisch ein absoluter Mindfuck wie er heftiger kaum ausfallen könnte, stellt dieser klassische Single Hit mit seinen Punk und New Wave Vibes ein absolutes Highlight des Albums dar. Das abschließende, hochdramatische „Here Comes The Dark“ zeigt dem Hörer auf eine wunderbar morbide, in seiner Stimmung und Variabilität sogar entfernt an Pink Floyd erinnernden Art, die absolute Ausweglosigkeit des „Gefangenseins in sich selbst“ auf, mit einem Finale, welches der individuellen Interpretation jedes einzelnen Hörers bedarf.

BAD MOON haben hier wahrscheinlich eines dieser Alben erschaffen, an denen sich eine Band zeitlebens immer wieder selbst messen lassen muss. Ob dies Fluch oder Segen ist wird die Zeit zeigen. Fakt ist allerdings, dass an diesem Album kein Fan anspruchsvoller Rock Musik mit lyrischem Tiefgang vorbeikommt. „No Me Mires“ mag vielleicht nicht jeden Hörer von Anfang an direkt in Beschlag nehmen. Wer sich allerdings die Zeit nimmt, sich mit den zehn Tracks und ihrem lyrischen Konzept auseinanderzusetzen wird sich dieser mehr als bemerkenswerten Scheibe nicht entziehen können.

Welcome to the Bad Moon Sanatorium: „Where signances are set for healing potions or poisonous properties“. Für mich auf jeden Fall eines der spannendsten und berührendsten Alben des Jahres!

„No Me Mires“ erscheint vorerst digital, sowie Mitte November auf limitiertem See-Through-Vinyl im Inside-Out Sleeve mit Gold geprägter Grußkarte aus dem Sanatorium, über das sauerländer Kult Label Langstrumpf Records.

Punkte: 9/10