AIRBAG - The Century Of The Self

06 airbag

VÖ: 14.06.2024
(Karisma Records/Soulfood)

Genre: New Art Rock

Homepage:
AIRBAG

Schon wieder zogen vier Jahre ins Land, bis die Norweger neues Material vorlegen. Dieses Mal waren es weniger die Soloausflüge ihres Masterminds Björn Riis, sondern das Problem, das wir alle hatten. Folgerichtig spielten AIRBAG zuhause im Wohnzimmer eine akustische Version ihres letzten Werkes „A Day On The Beach“ ein, um die Zeit zu überbrücken. Geblieben ist auch die Herangehensweise mit Asle Tostrup als Sänger, Henrik Fossum am Schlagzeug und Riis fast an allen anderen Instrumenten, das Line-Up wurde nicht fest erweitert. „The Century Of The Self“ ist erneut ein bedeutungsschwerer Titel, welcher die introspektiven Texte unterstreicht.

Dabei handeln die vom Zeitgeist, davon wie sich einige Leute in ihre Angst flüchten, andere wiederum jeden Fetzen ihres Lebens teilen. Von all den Gefahren der neuen Technologien, von gesellschaftlichen Verwerfungen oder Cancel Culture. Neue Ideen bringt man auch ein, so schön man bisher musizierte, es war auch etwas vorhersehbar. Schade für eine Band, die bislang weiter sein müsste, nun aber aus ihrer Komfortzone raus will. Stand bisher das Schweben, das ineinander gleiten der einzelnen Elemente im Vordergrund so setzen die Art Rocker nun auf die Magie der einzelnen Töne.

Einen Ansatz, den man schon auf „Disconnected“ verfolgte, aber nicht weiter ausbaute. Die kommen beim Opener aus der Gitarre vom Gast Ole Michael Björndal und werden repetiv von den Drums gekontert. Die Synthesizer halten sich erstaunlich im Hintergrund, prägten sie bisher den Sound der Formation, nun machen sie eher den Hintergrund unsicher. Da hat der Bass von Kristian Hultgren mehr zu melden, welcher die Atmosphäre trägt und es sich geschickt unter der Gitarre bequem macht.
Klar bleibt alles recht flächig, zumal in den sehnsuchtsvollen Refrains die Gitarren weiter tönen dürfen. Auch die Harmonie von „Tyrants And Kings“ wirkt getragen, während der Rest leicht psychedelisch ums Eck kommt, die Synths schön wabern. Immer wieder werden kleine Gimmicks eingebaut, um die Spannung hochzuhalten, klasse wie das Drumming hier über die Riffs federt. In dem Stück macht sich die Leadgitarre gerade zum Ende hin deutlicher bemerkbar.
Dennoch geht man ein wenig weg vom floydschen Erbe, verglichen mit PORCUPINE TREE etwa ist man näher bei „Lightbulb Sun“ denn bei „The Sky Moves Sideways“. Die melancholische Stimmfärbung von Tostrup hingegen nähert sich immer mehr Vincent Cavanagh an. Die akustische Perle „Awakening“ verhält sich dann sehr ruhig, wie man es bislang gewohnt war, spendiert quasi „Wish You Were Here“ das wunderbar warme Solo, was ihm Gilmour vorenthielt.

Der Bass liegt passend ruhig darunter, wird hier von Riis selbst übernommen, im abschließenden Epos „Tear It Down“ darf Hultgren sogar mit einem kurzen Solo ran. Der beginnt fast gespenstisch mit dem E-Piano, lässt ein weiteres Mal die Drums mehr Führung übernehmen, bis die Gitarrenflächen schubweise reingrätschen. Zwischendurch setzt man auf Stereoeffekte, nicht nur wegen der Patchworktechnik lässt „The Century Of The Self“ an MIKE OLDFIELD denken. Gegen Ende schwillt die Dynamik immer weiter an, bis das heraus begleitende Solo ebenfalls durch verschiedene Höhen geht.

Richtig schwillt „Erase“ an, das mit modernen Soundcollagen einsteigt, und dann einen Björn Riis am Bass sieht, der druckvoller zockt als sein Gastmusiker. Die Linie bestimmt dominant die instrumentalen Parts und die Strophe. Trotz der fordernderen Gangart singt der gute Asle sehr zurückhaltend und schafft so einen starken Kontrast. Der löst sich im Refrain völlig auf, plötzlich kann die Musik der Norweger aufbrausen, die große Hymne liefern. Unter der breiten Gitarre machen sich geschickte elektronische Spielereien breit. AIRBAG verstehen es mit ihrem sechsten Album ihre Kreise weiter zu ziehen, ohne an Trademarks einzubüßen, und das kompositorische Händchen schon gar nicht.

7,5 / 10

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.