CANNOCK - Waiting For The Night


VÖ: 24.11.2023
(GoldenCore Records/ZYX)

Style: Kraut Rock/Hard Rock

Homepage:
GoldenCore Records

CANNOCK sind eine Krautrockband aus der Gegend um Stuttgart, die im Zeitfenster um 1974 bis etwa 1982 aktiv gewesen ist. 1980 ergatterten sie mit ihrem Debtüalbum „Waiting For The Night“ einen Plattenvertrag beim damals noch recht unbekannten Label PEAK, womit ein echter Achtungserfolg verbucht wurde. Mit dem Zeitgemäß angepassten tief in den aktuell grassierenden N.D.W. Sektor eintauchenden Folgealbum „Frohe Botschaft“ konnten sie diesen Achtungserfolg nicht wiederholen und gingen trotz auch für N.D.W.-Verhältnisse teilweise recht anspruchsvollem den Charts anbiederndem Songmaterial, neben fast ebenso viele Lückenfüller platziert waren, in der alles wegspülend gewaltigen Ozean-Flutwelle des breiten Massenkommerzes unter, während sich andere Namen in den Charts tummelten, die eingängiger, massentauglicher, weitaus weniger anspruchsvoll als CANNOCK, teils gar wesntlich minimalistischer unterwegs waren: EXTRABREIT, HUBERT KAH, NENA, SPIDER MURPHY GANG, DÖF, TRIO um nur einige davon zu erwähnen...

Bei dem via GoldenCore/ZYX neu aufgelegten 'Waiting For The Night' Album, handelt es sich um ein besonderes, das an Originalität und Wiederkennungswert überhaupt nicht mehr zu toppen ist. Sängerin Raphaela Ciblis die so ziemlich alles vereinte, Soul, Rock und Blues, auch Psychedelic und Reggae-Vibes, konnte mit ihrem unorthodox eigenständigen Gesang Akzente setzen, das ist heute noch zu merken. So vielseitig wie ihr flexibles Organ allen neun Songs den Stempel aufsetzt, das war auch schon für die damalige Zeit sehr beindruckend und ist es nach wie vor. Bei dem von Balladesk Sanftheit auf tempogedrosselten Reggeae (!), sPsyhedelicelemte bis hin zur Rockarie umschaltenden „Blank Thougts“ erzeugt ihr bezaubernder Gesang tiefe Gänsehaut. Neben dem Psychedelic Faktor waren auch sphärische Progrockstrukturen („One Day In June“) CANNOCK nicht unbekannt. „Cycle Stealing“ schleicht sich als sanft rockender Ohrwum wie süßes Gift ins Ohr, und erneut schafft Raphaela Ciplis es mit ihrer einzigartig epischen Stimmbandbreite wie eine Begleiterin aus einem stockdusteren Korridor ins Licht zu führen.Die Ballade „Melancholy Evening“ beinhaltet wie der Titel verspricht viel Trauerfloor. „Melancholy Evening“ weckt gar Erinnerungen zu PAVLOV'S DOG (man achte hier auf die zwischendurchfeinfühlig eingestreuten Pianoparts, gefühlvolles Leadgitarenspiel, sahnige Melodieführung zeitlosen Musters sowie dazu passend außergewöhnlichen Gesang). Das erneut den Härtefaktor anziehende Schlußdoppel „Subway Smell“/„Waiting for the Night“ rockt seinen Titeln gerecht werdend, knackig hard, melancholisch und melodisch zugleich, kantige Riffs voranschiebend durch superb geschmeidige Melodieführung und verführerischen Gesang von Rapheala ergänzt, um in zackiges Rockfaible über zu gehen, dem es weder an Theatralik noch sinngemäß einem Hauch Verruchtheit fehlt.

EULENSPYGEL-Drummer Peter Garattoni der letztes Jahr verstarb (R.I.P.) wirkte als zuständiger Produzent, Achim Bosch übernahm den Soundmix der „Waiting For The Night“-LP, die somit einen amtlichen Sound bekam, der sich den Inhalten hervorragend anpasst.

Die Zusätzlichen Aufnahmen von in deutscher Sprache klingen dem Umstand Rechnung tragend, das englisch die besser zum Songmaterial passende Sprache war kaum noch so fließend, wie das auf englisch gesungene Material der gesamten „Waiting For The Night“-LP, bei der es sich um ein Schmuckstück handelt, da fließt wirklich alles aus einem Guss! Nicht immer, doch zumindest über weite Strecken vollständigen Zweitwerk 'Frohe Botschaft' können mit ihrem nicht immer so rund wie es soll klingend staksiken deutsch qualitativ aufnehmen. Der seltene Singletrack „Japan“ gibt allem darin innewohnend kritischen Unterton zum Trotz klar in Richtung N.D.W. tendierend – (CANNOCK passten sich dem Früh80er-Trend geschickt an) - Einblick in die japanische Kultur im damaligen Zeitgeist. Interessant ist das Zusatz-Material dennoch, bei allen Songs quillt zentnerfett zu Früh80er-Zeiten aufkommender N.D.W.-Zeitgeist aus allen Poren, was auch an Raffaela's Gesang liegt, der trotz flexiblen Stimmvolumes viel Originalität besitzt, weiterhin feurig in erster Linie auch Gesellschaftskritisch gewürzt blieb.

Als Gesamtwertung beider Alben 'Waiting for the Night' (1980) das mit seinen knackig englischsprachigen Songs kilometerhoch aus der Masse damaliger Krautrockbands hervorstach, erhält 9 von 10 Punkten, 'Frohe Botschaft (1982) geht immerhin mit 6,5 von 10 nach Hause - resultiert die am Schluß stehende Endnote.

Für die Überspielung auf Vinyl war Patrick Engel zuständig, für das Remastering Neudi. Soundtechnisch gibt es nichts zu bekritteln. Aufgewertet durch Liner Notes und Rare Fotos dürfte die Kraut- wie Hard Rock-Abteilung Freude am kreativ den damaligen Zeitgeist widerspiegelnden Edeljuwel haben. Eine Veröffentlichung mit Stil und Profil. Das 19 Songs enthaltende Gesamtpaket ist erstmals auf CD und wieder als Vinyl-LP erhältlich.

Fazit: Anhängerschaft von Kraut- bis Hard Rock die auch N.D.W-Klängen der Schiene SPLIFF, IDEAL oder frühe NINA HAGEN etwas abgewinnt, darf sich auf ein außergewöhnliches Juwel deutscher Musikgeschichte freuen, dessen Inhalt selbst nach 43 Jahren wie am Erscheinungstag fasziniert, begeistert, zum Denken anregt und teilweise gar heftig polarisiert. 7,5/10