JOE BONAMASSA - Blues Deluxe Vol. 2

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VÖ: 06.10.2023
(Provogue/Mascot)

Genre: Blues/Blues Rock

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JOE BONAMASSA

Das dritte Album ist gemeinhin das „make it or break it“-Album, so auch beim Blues-Branchenführer. Vor zwanzig Jahren stand er mit der Veröffentlichung am Scheideweg, sein Talent war nicht immer so unumstritten, „Blues Deluxe“ quasi seine letzte Chance. Wie wir heute wissen hat er sie genutzt und seitdem eine beeindruckende Karriere hingelegt und viel zum aktuell hohen Stellenwert seiner Spielart beigetragen. Nach fünf Werken mit ausschließlich Eigenmaterial nimmt er sich auf „Blues Deluxe Vol.2“ wie beim ersten Teil wieder größtenteils Fremdkompositionen an. Doch das ist nicht die einzige Neuerung bei dieser Produktion.

Nicht sein langjähriger Produzent Kevin Shirley, sondern Kumpel Josh Smith übernahm die Regler. Mit ihm hat Bonamassa schon einige Platten anderer Künstler veredelt, dazu gehört Smith zu seiner Liveband, nun geht die Kooperation bei seinen eigenen Scheiben weiter. Das Ansinnen war zurück zu seinen Wurzeln zu gehen, welche der gute Joe auf jenem dritten Album sieht. Nur hörte ich darauf kernigen Blues Rock, „Vol. 2“ unterscheidet sich davon deutlich. Vielmehr geht es ganz weit zurück zu den Wurzeln des Genres, die von ihm seit „Muddy Wolf At Red Rocks“ nicht mehr so offen gelegt wurden.

Zu Beginn mit „Twenty-Four Hour Blues“ von Bobby „Blue“ Bland geht er noch einigermaßen gewohnt zur Sache. Die Bläser sind sehr präsent, legen sich aber eher unter die Atmosphäre des Songs, die Leads heulen auf, der Bass drückt stoisch vor sich hin und JOE BONAMASSA singt kraftvoll und beseelt. Solistisch kann sich der Meister austoben und drückt der Nummer seinen Stempel auf. Lediglich das von Albert King popularisierte „You Sure Drive A Hard Bargain“ zeigt sich seinen angestammten Stil. Nicht so emotional aufbrausend, dafür eher vom stoischen Piano geführt jazzt sich das Ensemble nach vorne.

Klar wurden immer wieder Bläser auf den bisherigen Alben benutzt, einige Jahre ebenso auf der Bühne, doch hier ist ihr Anteil deutlich höher. „It´s Hard But It´s Fair“ aus der Feder von Bobby Parker groovt recht verspielt, die Gitarre erscheint nicht so geradlinig, wenn sie denn mal zu hören ist. Trompeten und Saxophon gehen teilweise in ein Staccato, die souligen Chören sind mächtig und auf den Punkt. „Well, I Done Got Over It“ von Guitar Slim ist fast schon Swing, speist aus ähnlichen Zutaten, bringt noch die Orgel dazu in Stellung. Was auch für Kenny Neal´s „The Truth Hurts“ gilt, bei dem der frühere Rhythmusgitarrist Kirk Fletcher mit von der Partie ist.

Ebenfalls beschwingt geht es bei „I Want To Shout About It“, das Ronnie Earl-Stück stand schon im Frühjahr in der Setlist. Hier machen sich deutliche Rockabilly-Einflüsse bemerkbar, die Bonamassa mit seinen Fills fein rauskehrt. Hier darf nicht nur er solieren, sondern auch Reese Wynans an der Orgel. Noch rockiger geht es bei „Lazy Poker Blues“ der großen Fleetwood Mac zu, das konsequent im Up-Tempo bleibt und von Piano getrieben wird.
Doch genau hier macht sich bemerkbar, wie sehr sich an den Originalversionen gehalten wird. JOE BONAMASSA übersetzte ja stets die Titel in seinen eigenen Kosmos, überzog ihnen ein strafferes, melodisches Gewand. Das klingt weniger nach Interpretieren, fast ein bisschen nach schnödem Covern, zu wenig entdeckt man von ihm selbst. Aber vielleicht ist das der Weg, den er und Smith gehen wollten, den sie ja auch bei anderen Produktionen gingen.

Dazu kommt, dass eben die Bläser sehr dominant heraus gemischt wurden, der Gesang deutlich souliger tönt. Schon bei den Gigs im Frühjahr war eine klare Hinwendung zu einem schwärzeren Blues zu hören, Bonamassa wurde ja stets eine allzu weiße Weste vorgeworfen. Wenig verwunderlich, dass seine einzige Komposition „Hope You Realize It (Goodbye Again)“ am ehesten auf das groovige „Different Shades Of Blue“ gepasst hätte. Die vier Saiten von Calvin Turner pumpen fiebrig, das Ding strotzt vor Soul und Funk und geht ins Bein, während die Hammond leise wabert.

Was aber auch in den Direktive nicht zu überhören ist, ist die Spielfreude, die aus jeder Note scheint, gerade in jenem Song. Wynans dürfte es eine diebische Freude bereiten beim schleppenden „Win-O“ sowohl auf dem Piano zu klimpern als auch die Orgel weit strömen zu lassen. Gesanglich wird noch mehr variiert und gewagt als bisher, hier hatte man im Studio eine gute Zeit. Ob das Ende den Weg zu nächsten Album zeigt, welches etwas mehr zum gewohnten Sound zurück geht lässt sich nicht sagen. Das von Smith verfasste „Is It Safe To Go Home“ ist eine typische Ballade, in der JOE BONAMASSA ein herzzerreißendes Solo abliefert.

8 / 10