ALICE COOPER - Road

08 alicecooper

VÖ: 25.08.2023
(earMusic)

Genre: Classic Rock

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ALICE COOPER

Immer unterwegs, selbst in Coronazeiten stand die Maschine des Schock-Rockers nicht still. Auch wenn „Breadcrumps“ nur eine EP war, so gab es zuletzt alle zwei Jahre eine neue Veröffentlichung, dabei ist er auch tourtechnisch sehr aktiv. Nach kurzer Pause ist Nita Strauss wieder als dritte Gitarristin an Bord, wobei die Hintermannschaft von ALICE COOPER hier die Studioband gibt. Bei „Detroit Stories“ lud der Altmeister ein Ensemble aus Musikern der selbsternannten „Rock City“ ein, nun verlässt er sich auf die eingespielte Truppe. Besser hätte der Albumtitel nicht gewählt sein können, denn „Road“ bezeichnet dass wo der Musiker zuhause ist.

Wie schon die letzten Alben befährt auch jenes die typische Classic Rockschiene. Der gebürtige Vincent Damon Furnier hat in seiner Karriere so ziemlich alles ausprobiert, nun scheint er seine Formel gefunden zu haben. Dabei ging das schillernde eklektische „Welcome 2 My Nightmare“ als großes Alterswerk durch, seitdem überrascht er eher mit illustren Gästen, sogar der Reunion der originalen ALICE COOPER-Band. Auf der anderen Seite muss er auch seine Begleitformation würdigen, die ihm nach vielen Irrungen schon lange die Treue hält. So schafft man ein dichtes Werk, dem es aber der großen Euphorie und ein paar Schlenkern mangelt.

Das fängt schon mit dem wenig griffigen Sound an, der zwar schön differenziert und direkt gleichzeitig ausfällt wie in den Siebzigern, aber den richtigen Biss vermissen lässt. Gerade eine im Metal beheimatete Saitenhexerin wie Nita Strauss würde gerne etwas kantiger zu Werke gehen. Im Prinzip gelingt das nur „Road Rats Forever“ wo das Riff richtig kracht und dem schwer groovenden „Dead Don´t Dance“. Letzteres stammt aus der Feder des früheren Axtmannes Kane Roberts, einer der wenigen Outside Artists der Scheibe, welcher seine moderne Ausrichtung in der Komposition offenbar werden lässt.

Zeitgemäßer fällt auch noch das ruppige „White Line Frankenstein“ aus, bei dem Tom Morello seine Finger im Spiel hat, was sich ebenso stilistisch bemerkbar macht. Hier wissen Strauss und der Neunzigerinnovator die Twinleads in ein starkes Soloduell zu steigern. Insgesamt mangelt es aber an Akzenten, welche die Titel interessant machen. Vieles wird eine Spur zu lässig gezockt wie schon der programmatische Opener „I´m Alice“, wenngleich mal ein paar Leadfills versucht. Möglicherweise ist das Ensemble mittlerweile zu routiniert, an der Qualität der Einspielung gibt es indes wenig zu kritisieren, da läuft alles rund auf den Punkt.

Wer hingegen keine großen stilistischen Ausreißer mag wird hier fündig werden, denn vieles wird nur angereizt. Die punkige Attitüde des Minialbums kommt in „Welcome To The Show“ zum Tragen, während sonst schwerer Swing vorherrscht. Allerdings hätte man bei der Besetzung auf echte Bläser setzen sollen, die von Tommy Henriksen aus der Tastenbibliothek beigesteuerten kommen nicht so überzeugend rüber.
Mit der Textzeile „like it, love it“ bedient sich „The Coop“ bei seiner eigenen Geschichte, unter der seine Mitstreiter „UhUh“-Chöre legen. Die in den Seventies kultivierten Vokalarrangements sind noch in „Go Away“ zu hören, bei dem coole Slides zum Einsatz kommen. Ein bisschen wird mit dem Blues geflirtet, welcher bei „Rules Of The Road“ gen Texas schielt. Hier blitzen auch interessante Kontraste mit dem eher Westcoast-artigen Refrain auf.
Gegen Ende wird „Road“ ruhiger, „Baby Please Don´t Go“ präsentiert sich mit akustischen Gitarren als die Quotenballade, die kaum über Hitpotential verfügt. Da gefällt im Anschluss „100 More Miles“ besser, wo sich ALICE COOPER seiner psychedelischen Frühphase erinnert besser. Ob er sich jedoch mit dem abschließenden THE WHO-Cover „Magic Bus“ einen Gefallen tat, weiß ich nicht, weil das kompositorisch schon eine andere Liga ist.

Da braucht es schon ein kleines Extra, um die Scheibe für die Fans attraktiver zu machen, die sicherlich einige Dreher des Mannes im Regal stehen haben. So liegt der Ausgabe die DVD „Live At Hellfest 2022“ bei, die zwar ohne Bonus daher kommt, aber eigentlich genau das sein soll. Ob geplant war, diesen Mitschnitt offiziell zu veröffentlichen lässt sich nicht in Erfahrung bringen. An der Qualität des Gigs liegt es nicht, dass es lediglich eine Beigabe wurde, denn die Truppe ist glänzend aufgelegt vor der riesigen Menge im französischen Clisson. Drei Gitarristen sind zwar mehr Zierwerk als notwendig, aber schon alleine die optische Präsenz der Saitenartisten ist bestechend.

Da darf Chuck Garric nicht unerwähnt bleiben, dessen Coolness einfach unübertroffen ist. Wobei Ryan Roxie mit gleichfalls sehr tief hängendem Spielgerät und ausgefallenen Kopfbedeckungen aufzufallen weiß. HOLLYWOOD VAMPIRES-Kollege Henriksen hat die ganze Zeit das rote Stirnband um und liefert bei seinen Soli viel Action. In den Schatten stellt sie aber die Dame, der die meisten Solospots zufallen. Zu gerne zeigt Nita Strauss in allen Posen, was für eine herausragende Saitenhexerin sie ist. Nur sollte sie aufhören irgendwelchen aufgesetzten Schönheitsidealen nachzuhängen, etwas mehr Natürlichkeit steht ihr besser.

Gerade der etwas größere Fokus auf den Achtzigern liegt ihr besser, mit dem Hair Metal kann sie sich am besten identifizieren. Im Zuge des kürzeren Festivalcharakters sind es vor allem die Klassiker aus den Siebzigern, auf die die Zuschauer verzichten müssen. „Elected“, Under My Wheels“, „Be My Lover“ sind normalerweise Standard und trotz drei Stücken aus „Welcome To My Nightmare“ fehlt „Only Women Bleed“. Cooper selbst hat auch nicht den besten Tag erwischt und kommt manchmal nicht in sein charakteristisches Timbre, sondern klingt aus der Brust heraus gewöhnlicher. Klanglich geht das absolut in Ordnung was Bob Ezrin aus dem Material heraus geholt hat.

In Sachen Bildregie bleiben Wünsche offen. So sieht man als Totale oft die Bühnenfront entlang, wenn sich die Musiker bei den mehrstimmigen Gesängen aufreihen. Zu oft bleibt die Kamera beim Hauptprotagonisten, auch wenn es gerade keine Showelemente mit ihm gibt wie die Guillotine. Klar wäre dem ein oder anderen lieber, er könnte die gesamte Laufzeit die Perspektive auf die gute Nita richten.
Ein paar schöne Close-Ups gibt es zu bewundern, doch öfter wird an den vielen Positionswechseln auf der Bühne vorbei geschwenkt. Dass Regentropfen auf den Linsen stören, sollte bei so einer professionellen Aufmachung nicht passieren. Im Gesamtpaket zeigt sich immer noch, dass man mit dem König des Horrortheaters weiter zu rechnen ist, er für seine 75 Lenze immer noch lebendig wirkt, womöglich aber im Herbst seiner Karriere zu viel raushauen will.

6,5 / 10

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