VIRGIN STEELE - The Passion Of Dionysus
VÖ: 30.06.2023
(Steamhammer/SPV)
Genre: US Metal
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VIRGIN STEELE
Lange ließen uns die US-Metaller auf neues Material warten. Man konnte zumindest hoffen, Mastermind David DeFeis wäre mal in Klausur gegangen und hätte die schwachen letzten Alben eine Kurskorrektur vorgenommen. Untätig war er in der Zwischenzeit jedoch nicht ganz, 2018 erschien mit „Seven Devils Moonshine“ ein umfangreiches Boxset. Wobei das eben genau das bot, was man ihm in späteren Jahren vorwerfen konnte, viel Masse statt wirklicher Klasse. „The Passion Of Dionysus“ ist wieder vollgepackt bis zum CD-Rand, inhaltlich geht es um griechische Mythologie und die Dualität von Personen und Dingen, ambitioniert sind VIRGIN STEELE weiterhin.
Nur bleibt am Ende des Tages wenig davon übrig, und ähnliche Themen gab es schon auf früheren Werken, nur deutlich stärker umgesetzt. Innovativ ist das gemessen an der Geschichte ebenso nicht mehr, wenn man bedenkt, dass die Truppe Metalopern auf die Bühne stellte. Ein paar Riffs zu Beginn der Songs lassen viel erwarten, wie schon beim Opener „The Gethsemane Effect“. Die Synthschwaden und Chöre haben zwar was erhabenes, nur leider kein rhythmisches Gerüst, an dem sich ihre Größe weiter aufbauen könnte.
Teils fordernden Passagen fehlt einfach der Druck des Schlagzeugs, das im Mix völlig untergeht. DoubleBass-Einsätze sind so dünn und blechern, dass sie nicht mal wirken, wenn in „Black Earth & Blood“ richtig knackig knapp zu Werke gegangen wird. Dazu sind die Drumspuren, welche der Chefdenker selbst eingespielt hat sehr eintönig gehalten und können so kaum etwas akzentuieren. Im Zusammenspiel mit dem Piano wünscht man sich ein paar tiefe Tomschläge, welche auch mal die Orchestrationen unterstützen.
Die Synthesizer bleiben sein Lieblingsinstrument, die Strophen werden fast gänzlich vom Klavier begleitet und nehmen meist das Tempo raus. Dabei wird immer wieder versucht eine cineastische Atmosphäre aufzubauen wie im mehrteiligen „You´ll Never See The Sun Again“. Was nur funktionieren kann, wenn das Ganze harmonisch ineinander gleitet, hier herrscht jedoch viel Stückwerk vor, einige Übergänge kommen unvorbereitet, können aber in ihrem Momentum nicht mitreißen.
Ein wenig besser macht er es im anderen Epos „The Ritual Of Descent“, bei dem die Riffs zumindest in Lauerstellung sind und somit die Spannungsschraube anzuziehen vermögen. Edward Pursino bringt mit seinen Leads zusätzliche Atmosphäre rein, die klassischen Anklänge kommen gut ins Flirren. Manches bleibt ein wenig im Ohr hängen, zumal DeFeis ausgefeilte Melodie singt und nicht nur beweisen will, wie hoch er mit seiner Stimme kommen kann.
Dies war schon auf „The Blacklight Bacchanalia“ und „Nocturns Of Hellfire & Damnation“ ein Schwachpunkt, hier steht seine Stimme ebenso oft, was mit den kaum hilfreichen Arrangements die Songs fast zum Erliegen bringt. Wie man eine vernünftige Melodie mit Wucht darbietet beweist der Meister in „To Bind & Kill A God“, wo neben einem sehr prägnanten Gitarrenthema auch mal die rockige Attitüde der späten Achtziger hervor kommt. Angriffslustig gibt er sich ebenso mit dem abschließenden „I Will Fear No Man For I Am God“, wo er nach Herzenslust faucht und das Synthesizerorchester gut einzubauen weiß.
Auf der anderen Seite sind Refrains wie der von „A Song Of Possession“ doch arg kitschig gehalten. Tiefpunkt ist sicher die Ballade „Unio Mystica (The Girl With The Grave Deep Eyes“)“, zumal für manche Geschmäcker hier alles Balladen sind. Hier ziehen sich neun Minuten wie eine Ewigkeit und man fragt sich, was in der Zeit passiert sei. Andere fahren in dem Zeitraum die komplette emotionale Klaviatur auf.
Eigentlich ist es traurig, die einzelnen Parts sind für sich gut, immer wieder blitzen tolle Momente auf, welche die Songwriterfähigkeiten von DeFeis unter Beweis stellen. Nur verzettelt er sich total und kommt nicht auf den Punkt. Aber mehr als zu einem externen Produzenten raten, der alles entschlackt und ordnet kann man nicht tun. So werden VIRGIN STEELE nie mehr in die Spur kommen, höchstens mit einem anderen Gitarristen, der mal ein Ego hat wie der Shredder der Achtziger.
3,5 / 10