THE TANGENT - Pyramids, Stars And More

02 thetangent

VÖ: 27.01.2023
(Inside Out)

Genre: Canterbury/Progressive

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THE TANGENT

Leider sind Konzerte des Künstlerkollektivs Seltenheit geworden, Touren ist teuer und es braucht einige und sehr gute Musiker, um die Kompositionen von Andy Tillison auf die Bühne zu bringen. Meist ist man in Doppelfunktion mit KARMAKANIC unterwegs, wo ein paar schwedische Freunde der als internationale Supergroup gestarteten Briten dabei sind. Umso schöner ein Riesenpaket mit zwei CDs oder drei LPs vorgesetzt zu bekommen, das zudem die komplette Karriere abdeckt. THE TANGENT liefern mit „Pyramids, Stars And More: The Tangent´s Live Recordings 2004-2017“ das volle Programm, das auch die wechselvolle Besetzung berücksichtigt.

Aufgenommen wurde die Scheibe bei drei Konzerten, das erste 2004 aufgrund der teilweise in gebrochenem aber gut artikuliertem Deutsch vorgetragenen Ansagen muss wohl hierzulande entstanden sein, der genaue Ort geht nicht aus den Unterlagen hervor. 2011 nahm man bei einem Konzert im UK ein paar Stücke auf und auch vom US-Konzert 2017 gibt es ein paar Auszüge, wobei sich die beiden letzten in der Songreihenfolge überschneiden.

Den Löwenanteil macht denn auch der Part „Live in Germany 2004“ auf der Tour zum zweiten Album „The World That We Drive Through“, ihrer ersten überhaupt. Damals war noch Ronnie Stolt von THE FLOWER KINGS mit an Bord, der mit TRANSATLANTIC reichlich SuperGroup-Erfahrungen gesammelt hat. Sein feinfühliges Spiel prägt die Songs, atmet trotz der filigranen Strukturen viel Leichtigkeit, beim Titeltrack von besagtem Longplayer hat er wunderschöne zwischen Jazz und Blues pendelnde Parts am Start.

Den Unterschied zu Luke Machin hört man deutlich, der fordernder und rockiger intoniert, was sich schon im akustischen „A Sale Of Two Souls“ zeigt. Hier wird kurz das Publikum mit dem STEELY DAN-Klassiker „Do It Again“ mitgenommen, nicht das einzige Zitat, dass in die Songs eingebaut wird. Die zweite akustische Nummer ist ein komplettes Cover, „Lucky Man“ von ELP bietet sich immer an. Elektrisch nutzt er die Saiten noch straffer, kann in „Titanic Calls Carpathia“ brillieren, auch „A Spark In The Aether“ geht frisch nach vorne.

Das bei den späteren Aufnahmen das zweite Keyboard von Samantha Bain fehlt, fällt hingegen kaum ins Gewicht. Der gute Andy spielt sich die Finger wund, um immer präsent zu sein, ob Orgelsätze oder Synthesizersoli, alles mit beeindruckender Musikalität dargeboten. Die feinen Jazzpiano-Parts finden sich auch in „Doctor Livingstone (I Presume)“ wieder, ein weiteres Stilelement, dass THE TANGENT von anderen Bands abhebt neben den Canterbury-Anleihen.

Sicher waren die ersten Scheiben sanfter, atmosphärischer und melodischer, aber sein Meisterstück in der Disziplin schuf der Mastermind mit „Perdu Dans Paris“, welches es hier ebenso zu bewundern gibt. Die ambivalente Hommage an die französische Hauptstadt sollte nach Tillisons Meinung mal von Robbie Williams gecovert werden, damit er auch mal zu Hitschreiberehren kommt. Die grandiose Version hier bezeugt aber, dass die Nummer rein künstlerisch bei den Proggies besser aufgehoben ist.

Auch wenn vielleicht ein ganzes Konzert die bessere Alternative gewesen wäre, so beweist doch „Pyramids, Stars And More“, dass die Formation in allen Inkarnationen zu Höchstleistungen fähig ist, Trotz des hochkonzentrierten, super getimten Spiels scheint die Spielfreude in jedem Ton durch. Dazu wurde das Ganze sehr differenziert mit authentischem Liveklang eingefangen, der die Details gut zur Geltung bringt. Ein feiner randvoller Doppeldecker, auf dem es viel zu entdecken gibt, leider nur keine kommenden Tourdaten.

8,5 / 10

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