JOANNE SHAW TAYLOR - Nobody´s Fool

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VÖ: 18.11.2022
(KTBA Records)

Genre: Blues

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JOANNE SHAW TAYLOR

Sie ist sicherlich eine der großen Hoffnungen im an daran nicht armen Bluesgenre. Wie so viele hat die Britin bei Ruf Records angefangen und sich immer weiter einen Namen gemacht. Dann kamen die Meilensteine wie der Deal mit Sony Music, einer Produktion mit Kevin Shirley und der Zusammenarbeit mit JOE BONAMASSA auf dessen Label KTBA Records. Nach einem Blues-Coveralbum und einer Live-DVD von einem Konzert der dazugehörigen Tour steht nun das erste Originalwerk von JOANNE SHAW TAYLOR in ihrem neuen geschäftlichen Umfeld an. Wie kann sie sich in dem Team mit „Nobody´s Fool“ weiter entwickeln?

Das Produzentenduo Bonamassa und Smith war zuletzt nicht unumstritten, geben sie doch mehreren Künstlern zu sehr ihren Sound vor und drohen zur Massenware zu verkommen. In der Tat arbeitet bei verschiedenen Künstlern immer der gleiche Musikerstab mit, das kann schon zu Einheitsbrei führen. Auf der anderen Seite vermittelt die eingespielte Mannschaft Sicherheit, wenn man schon gemeinsam auf Tour war, was wiederum Mut zu neuen Ideen freisetzen kann.
Mutig ist die Atmosphäre zu Beginn schon, auch wenn ihr Slides liegen, aber die Hinwendung zum Country ist neu. Unterstützt wird diese Ausrichtung von dem HonkyTonk-Piano und einer Cowbell im Hintergrund, die den Titeltrack cool swingen lassen. Auf ihren sechs Saiten wählt Taylor die Stimmung recht offen, nicht so rifflastig wie gewohnt. Das macht sich auch im folgenden Americana-Ausflug „Bad Blood“ bemerkbar, das wie eine flüssigere Version von „Drive“ ihres neuen Mentors daher kommt.

Im Gegensatz zu dem Stück ist der Refrain sehr soulig gehalten, etwas was auf „Reckless Love“ schon angedeutet wurde, hier aber mehr Gewicht hat. „Won´t Get Fooled Again“ kommt noch mehr in dem Genre an, kann aber die poppigen Anflüge die damit einher gehen nicht vermeiden. Das liegt an den sehr clean gepickten Tönen und den dezenten Synthflächen darunter. In Verbindung mit dem E-Piano scheint man in die Achtziger zu schielen und auch das Solo hat diesen glatten Klang.
Vermag das lässige Riff von „Just No Getting Over You“ noch an eine Kurskorrektur zu denke, werden diese Gedanken mit Einsatz der Bläser verworfenen. Irgendwie scheint das nicht zu passen, wie man Riff Rock gekonnt mit Blasinstrumenten verquickt haben ihre Landsleute THUNDER zuletzt bewiesen. So wartet man nach vier Liedern immer noch drauf, dass die Lady rockt, doch die Arrangements sind zu laid back, das Saxofon dann noch ein weiter Fingerzeig zu der Richtung, die der Song zuvor andeutete.

Wem das nicht Achtziger genug ist der kann sich in „Missionary Man“ an einem Gastbeitrag von Dave Stewart erfreuen. Ihr Entdecker war als Mitglied der EURYTHMICS einer der prägenden Figuren der Dekade, was man dem gemeinsamen Song anhört. Der Bass ist so typisch für die New Wave, die Gitarren ebenso bis hin zum seltsam verzerrten Solo. Auf die darin enthaltenen souligen Chöre verzichtet das folgende „Figure It Out“, dafür wirken die Orgeltöne noch seltsamer verwässert. Zusammen mit Carmen Vandenberg rockt das Stück zwar ordentlich, aber die Harmonien lassen einen sofort an BLONDIE denken, richtig gelesen: BLONDIE!

Nein, sie hat ihren alten Stil nicht vollständig über Bord geworfen, aber das ist schon harter Tobak, was sie den Fans vorsetzt. „Then There´s You“ geht mit STONES-Riff gut nach vorne, der Soul wird in den Hintergrund gedrängt dafür raucht die Fender beim Solo so richtig. Beim Finale mit „New Love“ hat sie sich vom Coveralbum inspirieren lassen, die Bläser und Orgel erden „Nobody´s Fool“ endlich mal. Interessanterweise sind es die ruhigen Stücke, die am meisten Tiefe evozieren, speziell das zärtliche, akustische „The Leaving Kind“ weiß mit NORAH JONES-Sphärik zu überzeugen. Die sechs Saiten erlauben sich einen Ausflug nach Spanien, bevor sie am Ende elektrisch wunderbar den Himmel bemalen.

Bliebe abschließend die Frage wieso JOANNE SHAW TAYLOR so etwas veranstaltet. Sie hatte quasi zwei Vorgängerwerke, um daran anzuknüpfen und liefert eine derartige Mainstream-Anbiederung ab. Keine Ahnung ob es ihr Einfall war oder die ihrer beiden Produzenten, welche ja eher für die sehr ursprüngliche Richtung stehen. Von Shirley hat Big Joe sicher auch die Liebe zum Eigenklang gelernt, die hier oft zurück stecken muss.
Nicht falsch verstehen, die Scheibe ist erstklassig eingespielt, jeder Ton wohl dosiert zelebriert. Im Prinzip kann das Experiment nicht gutgehen, denn damit verprellt man die angestammte Hörerschaft aus klassischen Blueshörern, die es gesetzter bevorzugt. Und auf jüngeres Publikum muss man gar nicht erst hoffen, so polemisch es klingt, die sind bei einer Gitarre auf dem Cover schon raus.

7 / 10