SKID ROW - The Gang´s All Here

10 skidrow

VÖ: 14.10.2022
(earMusic/Edel)

Genre: Hard Rock

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SKID ROW

Was hat diese Formation schon alles an Irrungen und Wirrungen mitmachen müssen? Nach dem Hit-Dauerfeuer des Debüts hielten sie als einige der wenigen Bands Wort, die danach ein härteres Album versprachen. „Slave To The Grind“ und der Support-Slot für GUNS´N´ROSES machten SKID ROW endgültig zum nächsten heißen Ding. Doch es sollte vier Jahre bis zur Trendanbiederung „Subhuman Race“ dauern, Überfronter Sebastian Bach verließ die Truppe, mit seinem mittlerweile verstorbenen Nachfolger Johnny Solinger nahm man zwei Alben auf, die völlig untergingen. Auf den dritten Teil der „United World Rebellion“ wartet die Welt noch heute, mit ZP Theart als Sänger wurden lediglich Liveauftritte absolviert. Doch mit dem früheren H.E.A.T-Vokalisten Erik Grönwall wollen sie es noch einmal wissen, mit Edel haben sie ein renommiertes Label im Rücken und mit Nick Raskulinecz einen fähigen Mann an den Reglern.

Jener Produzent, der schon für ALICE IN CHAINS oder RUSH gearbeitet hat ist auch einer der Faktoren des Albums. Ist der Klang der neuen SAMMY HAGAR schon wunderbar direkt und am Liveklang angelehnt, so wird bei „The Gang´s All Here“ noch eine Schippe drauf gelegt. Speziell das Schlagzeug knallt nur so, zwar trocken, aber mit ungeheurer Wucht und Dominanz. Alles ist sehr sauber und plastisch aufgenommen, der Sound in all seiner Authentizität eingefangen, nichts wirkt unnötig aufgebläht. Vielleicht ein wenig zu viel Loudness, der meist passende krachende Charakter bietet weicheren Details wenig Platz.

Das bekommt die Powerballade „October´s Song“ zu spüren, der in allerbester Tradition steht. Doch die Verletzlichkeit, die Grönwall mit einer herausragenden Gesangsleistung zu transportieren vermag, hätte mehr heraus gearbeitet werden können. Wiederum beim rockigen Material erweist sich der Sound geradezu als perfekt, weil er einfach mitten ins Gesicht bläst und die Kessel zum Überkochen bringt.
Groovende Riffs waren schon immer eine Spezialität der Formation, gerne auch in metallischer Legierung, die klangliche Nähe zum zweiten Album ist sofort da. Bereits der Opener „Hell Or High Water“ bietet solche an, die Strophe gebärdet sich dann ruppig mit aggressiven Gitarrensalven. Im Gegensatz zu vielen Bands ihrer Zeit sind die Arrangements nicht so knallig, eher schieben sie immer wild rein, peitschen dadurch die Nummern nach vorne.

Bis auf erwähnten ruhigen Moment treibt auch alles nach vorne, da wird öfter punkiges Tempo aufgenommen. „When The Lights Come On“ lehnt zudem einen feinen Classic Rock-Swing nicht ab, „Tear It Down“ schon mal gar nicht. Hier findet man die VAN HALEN-Wurzeln, von denen ihr erster Frontmann stets redete, obendrauf einen hymnischen Chorus. Gemäß dem Titel der Scheibe spart man nicht gerade mit Gangshouts, in dem Song eher inflationär rausgehauen.
Groove wird auch bei „Time Bomb“ groß geschrieben, eine der typischen Kompositionen aus der Feder von Rachel Bolan. Selbstredend gibt sein Bass den Ton an, doch auch das zeitgemäße Riff geht schön in die Hüfte. Grönwall fällt vom großen Melodiebogen in aggressiven Sprechgesang und wieder zurück, was die Bandbreite welche SKID ROW abdecken offen legt. Allerdings haben sie mit der Blaupause einst auch eine Vorlage geschaffen, mit deren Abzug viele an ihnen vorbei rauschten.

All die Einflüsse führen in einem dichten eigenen Stilpfad zusammen, den sie endlich wiedergefunden haben. Sicher ein Verdienst des Mannes am Pult, der aus allen das Optimum rauskitzelte. Grönwall nutzte sein Organ noch nie so großartig wie hier, die Soli werden knackig rausgefeuert, trotz des Härtegrades wirkt alles ausgefeilt, die Fünf spielen inspiriert wie aus einem Guss.
Wer heutzutage Rockmusik rau und mit dem nötigen Druck benötigt, wird mit „The Gang´s All Here“ glücklich. Keine Ahnung wie das Album ankommen wird, wie es sich verkauft. Ich kann nur versprechen wie es angekommen wäre, hätte man es im Herbst 1993 veröffentlicht, als es eigentlich hätte kommen müssen. Warum erst jetzt? Den Titel „Comeback Des Jahres“ sollten sie damit aber locker einfahren.

8 / 10