JOANNE SHAW TAYLOR - Blues From The Heart-Live

06 joannashawtaylor

VÖ: 24.06.2022
(KTBA Records)

Genre: Blues/Blues Rock

Homepage:
JOANNE SHAW TAYLOR

Sie gehört sicher zu den vielversprechendsten Bluesacts unserer Zeit, hatte in jungen Jahren schon ihren ersten Plattenvertrag bei Ruf, heute ist sie beim Bonamassa-Label KTBA. Während der Pandemie hat sich die Britin einen Traum erfüllt und ein Bluescoveralbum aufgenommen. Darauf klang sie ursprünglicher und nicht mehr so rockig wie in ihren Anfangstagen. Kaum dass wieder Konzerte möglich waren begab sich JOANNE SHAW TAYLOR auf Tour, mit eben jenem „The Blues Album im Gepäck. Davon zeugt ihre erste DVD „Blues From The Heart-Live“, erst ihr zweites Livedokument überhaupt.

Schon der Einstieg mit „Stop Messin´ Around“ macht deutlich, dass sie heute weit mehr zu bieten hat als Blues Rock. Dabei wäre der Eröffnungstrack ideal geeignet gewesen, um in frühen Jahren von ihr gecovert zu werden. Nun arrangiert sie deutlich vielfältiger, mit Honky Tonk-Piano und Saxophon, zwei Backgroundsängerinnen bringen eine soulige Note ins Spiel. Sie selbst hält sich etwas zurück auch wenn sie mit Rob McNelley einen zweiten Gitarristen dabei hat.
Dem räumt sie viel Platz ein, überlässt ihm meist die prägnanten Themen wie von „Keep On Lovin´ Me“ und einige Soli. Selbst konzentriert sie sich mehr auf den Gesang, der geschmeidiger und erwachsener wurde, lässt oft ihren Telecaster vor sich baumeln. Bestechend ist ihre Spielfreude, die ihr anzusehen ist, immer ein Lächeln auf den Lippen und kommunikativ mit den Bandmitgliedern. Da bringen sie ihre langen Haare nicht aus der Ruhe, die sie des Öfteren bändigen muss.

Viel Raum erhält jeder auf der Bühne, Devonne Fowlkes und Kim Fleming sind weit mehr als nur Hintergrundbegleitung, sondern sorgen für zusätzliche Atmosphäre. Selbiges gilt auch für David McMurray am Saxophon, der bei vielen Songs zum Einsatz kommt, auch ebenfalls Solo-Spots erhält. Jimmy Wallace weiß an der Orgel und dem Piano zu glänzen, wobei Letzteres lediglich ein Korpus um einen Nord-Synthesizer ist. Nick Buda ist immer leicht über sein Schlagzeug gebeugt, bringt hochkonzentriert den Rhythmus mit jazziger Note. Sein Partner Steve Mackey steht wie schon bei den jüngsten Bonamassa-Konzerten lässig daneben und drückt mit einem latenten Grinsen die präzise die dicken Saiten.

Neben dem kompletten aktuellen Album sind noch ein paar Tunes aus der Vergangenheit der Gitarristin und Sängerin auf der Scheibe vorhanden. Mit „Dyin´ To Know“ kommt sie am meisten ins Rollen, während „Just Another Word“ vom Debüt eine sehr Soul-lastig performt wird. „Im´In Chains“ wurden ebenso die Zähne etwas gestutzt doch die Version hat ihren Reiz. Beim Slow Blues von „I´ve Been Loving You Too Long“ brilliert die Dame dann mit einem gefühlvollen Solo. Der Gershwin-Schlager „Summertime“ wurde schon auf „Wild“ aufgenommen und hier sehr sanft intoniert.

Neben den ohnehin schon zahlreichen Musikern auf der Bühne gesellen sich im Lauf des Konzerts noch einige Gäste dazu. Kenny Wayne Sheperd lässt seine sechs Saiten in „Can´t You See What You´re Doing To Me” rauchen, obwohl die Nummer hier leicht funkig gespielt wird. Mike Farris singt mit ihr „I Don´t Know What You´ve Got” und “Big Joe” durfte auch nicht fehlen. Sein singender Ton verleiht den letzte drei Titeln noch einmal eine ganz eigene Klasse und auch im Duett mit Taylor wusste sie mit „Don´t Go Away Mad“ schon auf Platte zu gefallen.

JOANNE SHAW TAYLOR muss nur aufpassen, dass sie nicht zu sehr in das Fahrwasser von JOE BONAMASSA gerät. Durch die gleichen Musiker und Produzenten könnte sich bei dessen Label bald eine gewisse Standardisierung einstellen wie im Melodic Rock bei Frontiers. Die Britin läuft Gefahr etwas von ihrer Identität einzubüßen und die gleiche stilistisch offene Mischung zu präsentieren wie derzeit viele Acts. Die erwachsene Entwicklung steht ihr zwar gut, was sich schon outfittechnisch bemerkbar macht, doch am besten gefällt sie, wen sie bei den Soli voll mitgeht.

Auch bei den Aufnahmen hatte das Team mit Bonamassa und dessen Kumpel Josh Smith die Finger im Spiel, nicht die ersten Scheiben, die sie für ihr Label produzieren. Ihr Soundbild ist fast schon zu perfekt, von ihrem Lehrmeister Kevin Shirley, der den Mix übernahm, scheinen sie eine Menge gelernt zu haben. Optisch wurde das Geschehen vom 20. Januar 2022 im Theater in Franklin, Tennessee ebenfalls sehr gut eingefangen, für einen eher kleinen Rahmen ist alles sehr scharf gefilmt.
Das alte Venue macht mit seinem Ambiente schon was her, die Glühbirnen am Bühnenrand wirken heimelig. Bei der Kameraführung steht Taylor vielleicht zu sehr im Mittelpunkt, oft folgt sie um die Dame sehr genau, während die Einstellungen auf ihre Mitmusiker teilweise sehr kurz sind. Sehen lassen kann sich ebenso das Bonusmaterial, bei dem Joe und Joanne hinter der Bühne zu Wort kommen, dazu gibt es mit „I´m No Angel“ einen nicht auf CD befindlichen Song.

8 / 10