ALVIN LEE – Pump Iron (Vinyl)



VÖ: 18.11.16
(Repertoire Records)

Genre:
Blues

Homepage:
ALVIN LEE

Anno dieser Tage erscheinen gleich vier weitere auf 180 Gramm Vinyl neu aufgelegte Alben aus dem umfangreichen Backkatalog des ehemaligen TEN YEARS AFTER-Gitarristen ALVIN LEE.
   
'Pump Iron!' geht bis heute wohl als das wohl experimentellste mitunter zugleich schwierigste aus der Reihe von insgesamt 16 Solo-Alben (dessen Bandalben mit TEN YEARS AFTER, MYLON LE FEVRE, TEN YEARS LATER und THE ALVIN LEE BAND nicht hinzugerechnet), von TEN YEARS-Gitarrero ALVIN LEE durch. Weist bereits der beschwingt chilige Einstieg der A-Seite „One More Chance“ darauf hin, das es der TEN YEARS AFTER-Gitarrist über weite Strecken entspannt relaxt angehen lässt, wobei er auch vor gewagten Experimenten in Sachen Reggae (!) („Try To Be Rightous“) oder Gospelanleihen kaum halt macht, flirtet „You Told Me“ fußend auf  Gospelblueslastigem Fundament mit einer kräftigen Brise in Richtung New Orleans tendierendem Jazz. „Have Mercy“ klingt wie ein durchschnittliches JOE COCKER-Riff off, das schnarchtassige Julien Rice“ versumpft bedauerlicherweise irgendwo im belanglosen Nichts. Dafür hält die B-Seite mit dem kauzverbluesten „Time and Space“ gleich einen echten Höhepunkt bereit, „Burnt Fungus“ erinnert in seiner Machart erneut sehr deutlich an JOE COCKER, „The Darkest Night“ entpuppt sich als feinfühlig sanft arrangierte Singer/Songwriterballade, „It's all right now“ schwenkt in Richtung biedere Hausmannskost, „Truckin Down The Other Way“ fährt abermals zurück in den chilligen Akustikmodus. Der zunächst schleppend beginnende fast 7 Minuten beanspruchende Longtrack „Let The Sea Burn Down“ wirkt trotz seines urigen Bluesflairs in Sachen Songaufbau etwas ungausgegoren, womit ein aller handwerklichen Fähigkeiten von Mr. LEE zum Trotz inhaltlich extrem grenzwertiges Album, das sich überwiegend häufig auf  dem schmalen Grad zwischen  Aufmerksamkeit weckend und ausufernder Langeweile bewegt seinen Ausklang findet.   
 
Auf „Pump Iron!“ dominiert beinahe ausnahmslos die gediegenere Form des klassischen Blues, statt Rockanteile mit einfließen zu lassen, orientierte sich Mr. LEE auf 'Pump Iron' direkt an den Wurzeln des klassischen unverrockten Blues zurück. Obwohl das Album bereits eine Haltbarkeit von gefühlten 41 Jahren auf dem Buckel hat, ist es trotz oder eben vielleicht gerade wegen seiner überwiegend seichten Kost kein allzu leicht verdauliches für Anhänger des in der Regel doch eher zwischen Singer/Songwriter-Flair und geradlinig rockendem Blues wandelnden Gitarrenvirtuosen, der zu den größten Filigrankünstlern seiner Zeit gerechnet werden muss. 'Pump Iron' ist der Beweis dafür, es gleicht einer Grenzwanderung auf neuem weniger bekanntem Terrain, das ALVIN LEE experimentierfreudiger denn je zeigt, der ungeachtet dessen, ob es nun wirklich gefiel oder nicht, seine Grenzen testete, auch wenn dieser Fusionswechsel nicht unbedingt einem jeden schmeckte.

Fazit: „Pump Iron“ entpuppt sich als durchwachsene Angelegenheit. Das kaum ausgereift klingende Fusionsmaterial zwischen Gospel-, Jazz-, Bluesversatz usw., gehört selbst nach immerhin über vier Jahrzehnten Haltbarkeit keineswegs zu den Sternstunden des begnadeten Gitarrenvirtuosen. Die seit Kurzem auf dickem 180 g Vinyl gepresst erhältliche Neuauflage ist dem zufolge nur für ALVIN LEE-Allessammler  (wenn sie das Ding nicht schon im Schrank haben), von Interesse.

Punkte: 6/10.