INY LORENTZ - Das wilde Land
VÖ: bereits veröffentlicht
(Lübbe Audio)
Homepage:
LÜBBE
Klapptext:
Nach dem texanischen Unabhängigkeitskrieg von 1836 ist Walther Fichtner ein einflussreicher Mann in Texas geworden. Als seine zweite Frau, die Indianerin Nizhoni, ihre Tochter zur Welt bringt, scheint das Glück vollkommen. Bald aber ziehen Schatten über Texas auf, denn der Nachfolger von Präsident Sam Houston will die Komantschen aus ihren Jagdgründen vertreiben und betreibt im großen Stil Spekulation auf das Land der Indianer. Walthers Todfeind beteiligt sich daran und beginnt die Fehde …
gelesen von Anne Moll
Kritik:
Mit „Das wilde Land“ präsentiert das Autorenpaar Iny Lorentz Teil 3 der Auswanderer-Romanreihe um Walther Fichtner. Walther hat es zu Ansehen und Vermögen im jungen Staat Texas gebracht. Drei Kinder runden sein Glück mit seiner neuen Ehefrau Nizhoni ab. Aber es kehrt kein Frieden ein. Immer wieder kommt es zu Überfällen der Komantschen, ein neuer Krieg mit Mexiko zieht auf, in den auch Walther wieder mit hineingezogen wird und überdies plant sein Konkurrent und Gegenspieler Spencer, Walther zu schaden, wo es nur geht, und macht davor auch vor dessen Familie nicht halt. Band 3 setzt nun Walthers Geschichte fort. Der Handlungsverlauf weist unterhaltsame Aspekte und Wendungen auf. Ungewöhnlich sind größerer Zeitsprünge, die beginnen, die Handlung zu raffen und es so ermöglichen, die geschichtlichen Ereignisse einzuflechten, die sonst zu weit auseinander gelegen hätten. Vielleicht eine gute Idee, alle historischen Aspekte, die man abdecken wollte, hineinzubringen. Für den flüssigen Handlungsverlauf allerdings nicht unbedingt dienlich, denn so wird der Hörer durch Lebensabschnitte gejagt und es entsteht der Eindruck, immer wieder nur Einblendungen in Walthers Leben zu erhalten. Im krassen Gegensatz dazu verlagert man streckenweise den Schwerpunkt erneut auf das Kriegsgeschehen, als Sam Houston Walther als Veteran des texanischen Unabhängikeitskrieges nun als Gegenleistung für die Vermittlung eines lukrativen Rinder-Handels mit der amerikanischen Armee für den Krieg gegen Mexico verpflichtet. Hier wiederum werden die Ereignisse unnötig gedehnt, was das Hörbuch streckenweise etwas zäh und langatmig werden läßt. Ab Mitte von CD 5 zerfasert die Erzählung in parallele, unterschiedliche Handlungsstränge. Plötzlich findet sich der Hörer erneut in Deutschland wieder und verfolgt die Geschichte um Walters ehemaligen Kommilitonen und Namensvetter Walter, dem als Unabhängigkeitskämpfer die standrechtliche Erschießung droht und der mit seiner Familie aus Deutschlang Richtung Neue Welt flieht. Ebenso schwenkt die Handlung über zur Tochter von Walthers damaligen Förderer aus Mexico, de Gamoussana, die mit ihrem Mann und ihrer Tochter in einen Überfall der Komantschen gerät und deren Tochter dabei spurlos verschwindet. Ferner wird nun der Blickwinkel auch auf Walthers ältesten Sohn Joseph gelenkt, der ungewollt der indirekte Auslöser für den Bruch mit einem von Walthers ältesten Freunden und Nachbarn im French Settlement wird. Die Geschichte endet sehr abrupt und läßt den Hörer etwas resigniert mit all den losen Enden der angefangenen Handlungsstränge zurück und läßt ahnen, daß eine weitere Fortsetzung der Auswanderer-Saga im Anmarsch ist. Als positiv habe ich die immer wieder recht plastische Erzählweise empfunden, die es dem Hörer recht gut ermöglicht, sich in Zeit und Ort der Handlung hineinzuversetzen. Immer wieder gibt es interessante und kurzweilige Begebenheiten, die aber aufgrund der bereits erwähnten Zeitsprünge etwas Episodenhaftes haben und so die Geschichte nicht mehr wie aus einem Guß erscheinen lassen. Leider gibt es auch einige extrem unglaubwürdige Begebenheiten. So nimmt Walther beispielsweise seine Frau und Kinder mit der noch sehr kleinen Tochter Gretel mit auf einen gigatischen Viehtrieb von 7000 Rindern und schickt sie am Ende mit einigen wenigen Viehtreibern und dem Gesamterlös des Viehhandels von 10.000 Dollar allein auf die Rückreise, was natürlich ins Auge geht. Dadurch wirkt die Story unnötig konstruiert, um bestimmte Ereignisse eintreten zu lassen. Leider bleiben auch in diesem Iny Lorentz Roman alle Charakter vorhersehbar und eindimensional und entwickeln keinerlei Facetten. Es gibt nur strikt „sehr gut“ und „sehr böse“. Die handelnden Personen werden zu stilisierten Statuen, die nur in ihrem charakterlich eingegrenzten Rahmen handeln, ohne zu überraschen. Schade, denn gerade hier wäre eine Möglichkeit, allem etwas mehr Tiefe und Würze zu verleihen. Stattdessen umkreisen alle Nebencharakter wie Monde in festen, unverrückbaren Bahnen den Protagonisten. Beim sprachlichen Ausdruck gibt es leider hin und wieder einige merkwürdig anmutende Entgleisungen, die einen beim Hören zum Kopfschütteln bringen. So zum Beispiel, als Walthers Sohn Joseph seine Verlobte beim Fremdgehen erwischt und „Rot vor Zorn das kopulierende Paar“ beobachtet. Oder sein Verlobte etwa, die einverstanden war, sich von einem benachbarten Farmersohn „besteigen zu lassen“… Anne Moll liest als angestammte Interpretin der Iny Lorentz Vertonungen mit der ihr eigenen abwechslungsreichen Art, mit der sie jeder Figur eine eigene Stimme in der dialogreichen Lesung und dem Hörbuch sehr viel an Plastizität verleiht. Den üblichen Iny Lorentz-Kritikpunkten zum Trotz macht es Spaß, das Hörbuch zu hören, auch wenn man sich an einigen Ecken und Kanten reibt. Bleibt zum Schluß nur die erneute, augenzwinkernde Erwähnung des Audiobook-Covers ( welches auch dem Cover des gedruckten Romans entspricht), das zwar wieder sehr hübsch ist, aber nach wie vor die Frage unbeantwortet läßt, wer die blonde Dame ist, die nunmehr den Umschlag des dritten Bandes ziert, obwohl die Geschichte ausschließlich schwarzhaarige Protagonistinnen zu bieten hat…. ;-)
Fazit: Leichte Unterhaltung um deutsche Siedlerpioniere in Texas mit kleinen Schwächen. Zwar der schwächste Band der bislang erschienenen Romanreihe, aber dennoch unterhaltsam, meist kurzweilig und hörenswert für alle, denen Walther und seine Familie ans Herz gewachsen sind. Als Quereinsteiger allerdings nicht zu empfehlen, da auf zu vielen Ereignissen der Vergangenheit aufgebaut und angespielt wird.
6 von 10