SPHINX - Here We Are


VÖ: 05.03.2021
(Golden Core/ZYX)

Style: Progressive Hard Rock

Homepage:
GoldenCore Records

In den Früh80ern, genauer 1981 mit dem Etikett „Rock Made In Italy“ versehen, erschien die Erstauflage von Here We Are in Deutschland. Die dahinter stehende Band hieß SPHINX, allerdings war die Sache mit der Beschreibung „Rock Made in Italy“ ein Promogag, der nicht als Etikettenschwindel missverstanden werden sollte. Die dritte wiederum aus dem Stuttgarter Raum kommende Band bestand zur Hälfte aus italienischen Gastarbeitersöhnen, weshalb man sich diesen Promogag ausdachte.

Teil drei aus der 1980/81er 'German Classic'-Releases Serie des GoldenCore-Labels beschert Progrockfans mit Wiederauflage der SPHINX-Langrille „Here We Are“ weiteres Gourmetfutter, das keiner verpasst haben sollte, sofern er auf zeitlosen Progressive Hard Rock schwört. Hier von Progressive Metal zu reden, halte ich ganz ehrlich für übertrieben, weshalb sich solche Beschreibungen verbieten. Auch wenn es in den 70ern viel experimentiellen Progressive Rock/Hard Rock gab: auch wenn es experimentiell hardrockige teils zwischen Krautrock und Prog unterwegs gewesene Bands wie KRAAN, GROBSCHNITT, NOVALIS, JANE, BIRTH CONTROL, ELOY, CAN oder GURU GURU gab, die dahingehend Pionierarbeit leisteten. Okay, JANE hatten vielleicht als einzigste der erwähnten Combos einen Hang zu schweren düsteren Gitarren-Riffs, die als (Proto)-Metal-Riffs in den 70ern noch nicht als solche verstanden wurden, zumindest nicht von Krautrockfans – bei BLACK SABBATH hingegen wusste man es. Der IRON MAIDEN-Vergleich zu „Phantom Of The Opera“ geht völlig am Thema vorbei.

Über Gitarrist Thomas Metzger alias Tommy Newton, der mit VICTORY und als Produzent von STEELER, HELLOWEEN, KREATOR und vielen anderen Metalbands karrieretechnisch durchstartete gibt es nicht mehr viele Worte zu verlieren. Wer näheres wissen will, sollte am besten mein PILEDRIVER-Review durchlesen. Newtons hartkantiges Gitarrenspiel bildet das passende Gegenstück zu verspielten Keyboardsequenzen und einer flexiblen gern vom Viervierteltakt abweichenden Rhythmussektion, während Sänger Rolando Scarponi dem Songmatieral mit klarer vor Sphärentheatralik triefenden, selbst liebevolle Singalongs einbauenden Stimme für gesunden Wiedererkennungswert sorgte, welcher den ausgeklügelten Songs in Punkto Aufbau, Verspieltheit und Verschachtelung anhaftet. Ein schönes fantasievoll gestaltetes Space-Coverartwork passt nahezu perfekt zur Musik.

1981 erschien die LP zunächst bei Peak, einem zu dieser Zeit neu im Geschäft aufschlagenden GAMA-Unterlabel, dem es noch nicht gelang, ein solch hochkarätigen Produkt durchsetzungsfähig zu vermarkten. Vier Jahre später, nämlich 1985 wurde die LP erneut von Mausoleum und CAMEL (einem weiteren GAMA-Unterlabel) mit umgestellter Tracklist und verändertem weniger anspruchsvollen Coverartworkdesign aufgelegt, um ihr noch eine Chance zu geben mit dem Ergebnis: Progfans rieben sich verwundert die Augen, die Metalwelt war für einen solchen seiner Zeit weit voraus eilenden Geniestreich noch nicht reif. Bis auf Tommy Newton erlangte keiner seiner Bandkollegen größere Bekanntheit. 'Here We Are' bekam einige Jahre später - zumindest in Metal-Kreisen, die in Verbindung mit Progressivem Heavy Metal den wichtigen kulturellen Wert solcher Progrock/Hardrock-Perlen erkannten und zunehmend schätzten - Kultstatus.  Soviel zum Historischen Teil, folgen wir nun der Musik:

„Burning Lights“ bearbeitet ein Songthema von der Hannoveraner Krautrockband JANE, die sogar in den 80ern auf dem Burgbergfestival in meinem Heimatort spielte! Das weckt Erinnerungen an jenen für mich erinnerungswürdigen Auftritt, vielleicht erscheint irgendwann auch JANE-Material im GoldenCore Records-Katalog? Das wäre ein Wahnsinns-Ding (!) und ein wenig Träumen darf erlaubt sein...  „Jane“ besitzt demzufolge als nicht ohne Grund gewähltes Nachfolgestück zu „Burning Lights“ einen Hang zu okkulter Atmosphäre, wofür an späterer Stelle feinstimmige Hintergrund-Chöre sorgen, die mittels Glockenläuten aufgebaut wird, ehe das Stück in einen leichtfüssig zwischen KANSAS, STYX, FOREIGNER und YES balancierenden Rocker mündet. „Superstar“ hat mit kantig rockigem Groove-Riffing im Wechselrhythmus zu stellenweise verpoppten Keyboardarrangements und vereinzelten Proganstrich etwas von BLUE ÖYSTER CULT, auch der Gesang ist dem gar nicht so unähnlich. „I Quell Angelo“ startet balladesk, ehe das Stück Sehnsucht und Abenteuerflair weckende Volkslied-Passagen mit stimmungsvoller Atmosphäre und einem Hauch Dramaturgie kombiniert.Sandsturmatmosphäre breitet sich bei Track 5 „Spirit of Life“ aus. Wer beispielsweise HÄLLAS 'Conundrum' oder Artrock Urväter wie ALAN PARSONS PROJECT oder BARCLAY JAMES HARVEST zu seinen Favoriten zählt, sollte bei „Spirit Of Live' speziell auf darin enthaltene Feinheiten achten. Der Geschwindigkeitsmässig schnellste Song auf 'Here We Are'„666“ wirft Licht auf das Schaffen von KANSAS, ALAN PARSONS PROJEKT und STYX, die sich mit DEEP PURPLE-Spirit verbinden. „Galley“ fällt gegenüber den anderen Stücken qualitativ etwas deutlicher ab, womit der Spacetrip unspektakulär im Midtempotakt einschließlich raumgreifender Sphäre ausklingt.

Basierend auf Audioquelle für Neudi's Remastering-Prozess diente eine gesucht rare CD der Firma Audiophon von 1990. Ein umfangreicher LP-Booklet-Einleger mit von Sänger Rolando Scarponi zur Verfügung gestellten Fotos und Interview von Tommy Newton (Thomas Metzger) mit einem Fan und Zeitzeugen der Band geführten Fan (Sven, The Axe von SOLEMNITY) sind auf der Neupressung enthalten. Aufbauend auf der 1981er „Here We Are“ Originalversion wurde lediglich der Zusatz „Made In Italy“ entfernt und alles andere belassen, wie es ist. Liebevoll wieder aufgearbeitet ist es einmal mehr Andreas 'Neudi' Neuderth-Verdienst, dass dieses Juwel aus der Frühen80er-Progschmiede der Anhängerschaft außergewöhnlich gestalteter Musik spätestens ab 5.3. 2021 in die Finger kommt. Danke für all die Mühen und investierte Arbeit Neudi. Solche Musik ist es stets wert, entdeckt zu werden.

Progfans an denen dieser Edelbrillant vorbeiging, haben definitiv etwas verpasst! Hochkarätiger Progressive Hardrock, der vielen Bandgenerationen den Weg wies, die vielleicht bis heute noch nichteinmal wissen, woher die Pionierarbeit stammt...?

Fazit: Phänomenales Prog-Hardrock-Elixier einer ihrer Zeit weit voraus geeilten Band. 9/10

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