NEW MODEL ARMY - Saarbrücken

03 newmodelarmy saarbruecken 05Konzert vom 23.03.2024

Support: YAGOW

Homepages:
NEW MODEL ARMY
YAGOW

Zwar hat es etwas länger gedauert bis wieder etwas Neues veröffentlicht wurde, dafür war die Indie-Legende live stetig unterwegs. Auf Konserve kam nun der Doppelschlag mit dem Livealbum unter Hinzunahme eines Orchesters und dem neuen Studiowerk „Unbroken“. Das passt perfekt auf die Karriere von NEW MODEL ARMY, die schon einige Schicksalsschläge hinnehmen mussten und trotz Hits nie den ganz großen Erfolg hatten. Was aber durch eine große und treue Fangemeinde aufgewogen wird, welche die Saarbrücker Garage an dem Abend schon lange im Vorfeld ausverkauft hatte. Auf der Tour kommt in jeder Stadt ein lokaler Support zum Zug, an dem Abend fiel die Wahl auf die Saarländer YAGOW.

YAGOW
Schon vor dem offiziellen Beginn tauchte das Trio in monotones Licht gehüllt auf und legte los. Wobei loslegen angesichts der eher behäbigen Klänge etwas übertrieben klingt, der Opener „The Mess“, dem Titeltrack des aktuellen Albums, suhlte sich tief im Stoner-Sumpf. Schwere, zähe Wüstenriffs erfüllten den Raum, zu denen Sänger Jan Werner spärlich Vocals einstreute. Vielmehr war er mit den vielen Effekten beschäftigt, welche er unter seine Klänge legte. Dazu hatte er sich ein ganzes Arsenal an Effekten und Geräten vor sich aufgebaut, zudem stimmte er öfter seine Gitarre.

Was man vermisste war die Interaktion, selbst ein Dankeschön kam sehr zurückhaltend rüber, ein wenig mehr Exaltiertheit hätte gut getan, doch Werner war nur mit seiner musikalischen Darbietung beschäftigt. Da wirkte schon der ebenfalls sehr Hipster-mäßig rüber kommende Drummer Marc Schönwald agiler, der auch recht weit vorne auf der Bühne platziert war. Immer wieder rollten seine Sticks über das Kit oder folgten flotten, groovefreien Texturen. Mit denen brachte er einen interessanten Kontrast zum Songmaterial, da er eine deutlich höhere Schlagzahl an den Tag legte.

Auf der anderen Bühnenseite hätte Bassist Kai Pfeifer zwar die langen dunklen Locken zum mächtig optisch auftrumpfen gehabt, doch er ließ diese Chance ungenutzt. So schwelgte auch er in den Stimmungen, denen er mit seinem Viersaiter die nötige Tiefe gab. Interessant zu sehen, wie er je nachdem was das Stück verlangte mit den Fingern oder dem Plektrum spielte. Nutzte er dies nicht hielt er es mit seinen Lippen fest anstatt es in Publikum zu werfen. Nein, Rockstarposen war wirklich nicht das Ding von YAGOW, lieber ging man introspektiv zu Werke.

Dabei wäre ein paar Emotionen zu zeigen sicher vorteilhaft gewesen, weil ihre Kompositionen auch viele transportierten, die zumeist vom letzten Album stammten. Irgendwie schien ihr Set einer Dramaturgie zu folgen, später tendierten Lieder wie „General“ eher zum New Art Rock, behielten selbstredend ihre Sphärik bei. Etwas schade, dass bei „Doomed To Fail“ die Orgeltöne eingespielt wurden, ein Tastenmann könnte da noch einiges rausholen.
Am Ende brachten sie mit „Mood“ noch eine bunte Psychedelic-Nummer, auch wenn sich das Licht nicht daran anpasste. Dafür stellten sie ihre Wandlungsfähigkeit unter Beweis, wobei ein Bezug zum Headliner nicht zu erkennen war. Vielleicht war deswegen der Jubel auch eher verhalten trotz des Heimspiels, angesichts der starken musikalischen Leistung wäre mehr verdient gewesen.

03 yagow saarbruecken 02

NEW MODEL ARMY
Etwas lange ließen sich die Herren Zeit, der Linecheck war schon lange vorbei, bis sie endlich die Bühne enterten. Da muss man die Vorband nicht schon vor der veranschlagten Zeit raus schicken, zumal wegen der anschließende Disco ohnehin sehr früher Beginn war. So gegen Acht erklommen die Helden die Bühne und machten erstmal bei ihrer neuen Scheibe Station. „Coming Or Going“ erwies sich als Opener vor dem Herrn, die punkige Rotzigkeit trieb schön nach vorne, und vorne in der Menge startete sogleich der erste Pit.

Da war sofort richtig Alarm in der Halle, wenngleich die ganz große Euphorie ausblieb, gerade bei den Singalong-affinen Passagen verhielt sich das Publikum zu passiv. Den Leuten war wohl eher nach einer gepflegten Runde Pogo, zum Glück hielten sie sich bei den ruhigeren Titel wie „Idumena“ oder „Wonderful Way To Go“ etwas zurück, irgendwie will das nicht so passen, und wirklich Kinder, die nur spielen wollen waren nun wahrlich nicht im Publikum. Die gute Stimmung hielt sich auch über das Ende der Show hinaus, als die Leute weiter Zugabe riefen, auch wenn schon abgebaut wurde und Musik aus der Konserve lief.

Überraschend auch wie gut der eröffnende neue Titel angenommen wurde, der beileibe nicht der einzige war an dem Abend, von elf Stücken wurden ganze Acht in den ersten zwei Dritteln des Programms gebracht. „Unbroken“ ist noch nicht lange auf dem Markt, wird aber an dem Abend viele Käufer gefunden haben. Dafür unterschied sich die Setlist doch deutlich von anderen Tourneen, mit „51st State“, „Vagabounds“ und „I Love The World“ fehlten die größten Hits.
Allerdings muss man der Formation anerkennen, dass sie eben keine Hitmaschine sein will, sondern vor allem ihre Fans bedient und nicht Gelegenheitshörer. So sank das Stimmungsbarometer die ganze Zeit nicht, und es waren speziell Fanfavoriten wie „das hymnische „Green And Grey“, welche die lautesten Reaktionen hervor riefen. Witzig auch wie am Ende improvisiert, eine neue Liste gereicht wurde, während der reguläre Part auf der Tour komplett gleich war.

Im Mittelpunkt stand natürlich Justin Sullivan, mit 67 mittlerweile komplett ergraut, ein grauer Panther ist er deswegen noch lange nicht. Immer noch blitzt die Schärfe in seinen Augen, immer noch sind seine Ansagen klar und oft ein Finger in die Wunde, wenn vielleicht mit einem Hauch Resignation, was aber gut zur Melancholie der Kompositionen passte. So hatte er keine Mühe das Publikum mitzunehmen, wobei ihm die Freude über die Reaktionen anzusehen waren. Zu gerne wüsste ich was hinter der Geste steckte, immer den kleinen Finger abzuspreizen, vor allem wenn er das Mikro umklammerte.

03 newmodelarmy saarbruecken 0203 newmodelarmy saarbruecken 03

Doch auch um den ganz großen Gestus war er nie verlegen, oft breitete der Schamane des Alternative Punk die Arme aus und ließ sie beschwörend rudern. Sein Gesang war rau wie eh und ja, eher ein skandieren als wirklich melodiös zu singen. Als agilster Akteur fiel er ebenso auf, suchte oft den Kontakt zu seinem Drummer Mike Dean hinter ihm. Musikalisch bestimmte er die Titel, wechselte von den schrammeligen bis flirrenden Riffs auf seiner SG zur Klampfe für folkige Nummern wie „Cold Wind“ oder „Purity“.

Jener Schlagwerker war die ganze Zeit von zwei Strahlen neben dem Kit angestrahlt, was ihn in ein gedämpftes Licht setzte, das seine Mimik gut erkennen ließ. Wenn man nach Verbindungen zum Supportact suchte, dann war der am ehesten in seinem Spiel zu finden. Ähnlich perkussiv mit vielen rollenden Fills hielt der gute Mike nicht einfach nur den Takt, sondern malte regelrechte Figuren dazu.
Das neue Album lud dazu regelrecht ein, bei „Language“ wurde er von Bassist Ceri Monger an weiteren Drums am rechten Bühnenrand unterstützt. Jener bullige Viersaiter trieb unermüdlich voran, warf sich in etliche lässige Posen, am liebsten mit nach oben gereckten Langholz, während er leicht in die Hocke ging. Breitbeinig stand er oft da oder bangte seinen rotgefärbten Schopf.
Auf der anderen Seite war Dean White eher der ruhige Gegenpol, der etwas entrückt dreinblickte. Meist lieferte er die passenden weichen Leads zu Sullivans Beitrag, was bei atmosphärischen Liedern der „Stormclouds“-Kategorie“ am besten kam. Am meisten Freude bereitete ihm jedoch das kraftvolle Riffing heftigerer Tunes in der Art von „Angry Planet“ oder dem punkigen Rausschmeißer „Betcha“.

In der Folgezeit wuchsen Auditorium und Band immer mehr zu einer Einheit zusammen, der gute Justin stachelte die Leute immer wieder an. Es ist diese Integrität, die den Fans viel bedeutet, immer aufrichtig, ungekünstelt und direkt. Auch wenn einige Violinenparts aus dem Synthesizer kommen hat man sich immerhin einen jungen Keyboarder mit auf die Bretter geholt, der im Hintergrund agierte. Bei der Party war es am Ende ohnehin egal, was gespielt wurde, wahre Anhänger wissen die seltenen Stücke zu schätzen. So sah man danach etliche verschwitzte Leiber, obwohl es draußen doch ähnlich frostig zuging wie auf der Insel.

03 newmodelarmy saarbruecken 0103 newmodelarmy saarbruecken 04

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.